„Wir haben die letzte Elbvertiefung 1998/99 gehabt. Da haben wir Fischer prognostiziert, dass die Strömungsgeschwindigkeit zunimmt. Uns wurde laut Gutachten gesagt: 0,2 Knoten, nicht mehr! Es sind aber 2,0 Knoten geworden. Kleine Verschiebung der Kommastelle...“ Eigentlich ist Hans-Robert Hinners bei dem Thema gar nicht nach Späßen zumute. Der Diplom-Nautiker ist jahrelang einen Krabbenkutter gefahren.

Hans Robert Hinners © Hans Robert Hinners
Hans Robert Hinners © Hans Robert Hinners

Inzwischen hat sein Sohn das Geschäft übernommen, und Hans-Robert Hinners macht sich Sorgen. Nicht nur um seinen Sohn, sondern um alle Fischer auf der Elbe. Denn eine Vertiefung des Flusses bedeutet immer auch eine höhere Strömungsgeschwindigkeit. Dadurch erhöht sich das Risiko, auf der Elbe zu fischen, um ein Vielfaches. Hinners warnt eindringlich davor, die Elbe noch einmal zu vertiefen.

„Wir sind mit roundabout dreißig Kuttern fast täglich auf der Elbe in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Das kann ja nicht sein, dass man erst wieder Tote haben muss, bevor man irgendwas bremst.“

Nicht nur das Leben der Fischer ist in Gefahr, sondern auch das Geschäft. Denn mit einer erneuten Elbvertiefung fürchten die Kutterfahrer um einen weiteren, großen Verlust von Fanggründen. Das letzte Mal haben sie weiß Gott schlechte Erfahrungen gemacht, erzählt Hans-Robert Hinners. „Die Fangplätze haben sich verkleinert, das kann man sich gar nicht vorstellen. Die einzelnen Prielsysteme sind gen Norden gewandert. Wir haben ein großes Fanggebiet, das Medemgrund, das ist so eine Ecke, wo gerade im Herbst bei schlechtem Wetter die Fischerei noch möglich ist, wenn die Kutter nicht weit raus können. Dann gehen sie hier vor Cuxhafen über die Elbe. Aber da ist ja kaum noch etwas, wo man fischen kann.“

Priele sind natürliche Wasserläufe im Watt und an Flussmündungen. Hier ist die Strömung nicht so stark, und die Priele bieten Krabben und vielen anderen Tieren einen wichtigen Lebensraum. Durch eine Vertiefung der Elbe konzentriert sich die Strömung auf die Fahrrinne, und die Flachwasserzonen in den Nebenarmen verschlicken und versanden nach und nach. Das bedeutet nicht nur für die Krabbe einen Verlust ihres Lebensraumes, sondern auch für viele weitere Tierarten im gesamtem Elbästuar, der naturnahesten Flussmündung Deutschlands.

„Das darf nicht nochmal passieren, wir haben Angst um den Fangplatz. Das sind alles Familienbetriebe. Irgendwann geht das nicht mehr. Den Leuten in Hamburg will ich sagen: Finger weg von der Elbe!“ Hier sind wirklich ganze Existenzen gefährdet, erklärt Hinners. Die Arbeitsplatzargumente der Hamburger Hafenarbeiter dagegen hält er für gelogen und an den Haaren herbeigezogen. Für den Diplom-Nautiker geht unterm Strich die Rechnung nicht auf. Denn die geplante Vertiefung würde enorme Folgekosten nach sich ziehen. Es wird ständig nachgebaggert werden müssen:  „Je mehr Strömung, je mehr Sediment wird aufgerührt, je mehr muss gebaggert werden. Das ist doch nicht wirtschaftlich. Es kostet Millionen pro Jahr, die Unterhaltungsbaggerei. Das zahlt alles der Steuerzahler!“

Hans-Robert Hinners wünscht sich von den Arbeitern im Hamburger Hafen, dass sie sich einmal wirklich damit auseinandersetzen, was dem Fluss mit einer Vertiefung angetan wird. „Das ist eine völlige Vergewaltigung der Elbe: Man kann einen Fluss doch nicht immer unendlich vertiefen, verbreitern, das ist doch nicht machbar!“

  • Rastende Alpenstrandläufer im August im Wattenmeer © Hans-Ulrich Rösner / WWF WWF-Info: Ästuare

    Ästuar nennt man den Mündungsbereich von großen Flüssen. Hier mischt sich das Süßwasser des Flusses mit dem Salzwasser des Meeres. Das bietet vielen Tieren einen einzigartigen Lebensraum. Weiterlesen ...