Ob beim Frühstück in der Margarine, beim Tanken im Diesel oder beim Grillen im Schnitzel, überall versteckt sich die Wunderbohne Soja. Für die Konsument:innen ist sie oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich und steckt doch in vielen unserer Alltagsprodukte. Am häufigsten landet Soja allerdings nicht direkt auf unseren Tellern, sondern in den Futtertrögen der großen Mastbetriebe.

Etwa 75% der globalen Sojaproduktion gehen als Futtermittel in die Fleischproduktion, lediglich 15% werden direkt verzehrt, der Rest landet im Tank oder wird industriell verwertet. Doch die vielseitige Bohne hat auch eine dunkle Seite: Ihr Anbau ist einer der Haupttreiber für die Naturzerstörung in Südamerika. Dass Soja auch angebaut werden kann, ohne dass dafür Wälder abgeholzt oder Ökosysteme wie Wiesen und Graslandschaften in Acker umgewandelt werden müssen, soll nun ein durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördertes Projekt zeigen, das der WWF Deutschland in Zusammenarbeit mit dem WWF Brasilien durchführt.

Wunderbohne mit Nebenwirkungen

Gemähtes Sojabohnen Feld in Brasilien © Juan Pratginestos WWF
Gemähtes Sojabohnen Feld in Brasilien © Juan Pratginestos WWF

Soja kann mit vielen guten Eigenschaften überzeugen, beispielsweise mit einem hohen Protein- und Nährstoffgehalt. Leider führt die kommerzielle Produktion aber zu negativen Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Das meiste Soja, das wir in Deutschland konsumieren, stammt aus den USA. Direkt gefolgt von Brasilien, wo weiterhin unberührte Natur für die Produktion der Bohne in Ackerland umgewandelt wird. Dank dem Soja-Moratorium aus dem Jahr 2006 darf der Amazons Regenwald nicht mehr für den Anbau gerodet werden, ein toller Erfolg! Dennoch ist die Situation nach wie vor problematisch, da sich die Anbauflächen mehr und mehr in die benachbarte Savannenlandschaft, den Cerrado, ausbreiten. Aber auch der Cerrado ist ein einzigartiges Ökosystem, dass für den Erhalt unseres Klimas und der Artenvielfalt eine bedeutende Rolle spielt.

Etwa fünf Prozent der uns bekannten Arten haben hier ihren Lebensraum und acht der 12 großen Flüsse Brasiliens haben im Cerrado ihren Ursprung. Eine weiter fortschreitende Ausbreitung der Sojaproduktion in bisher unerschlossene Gebiete hat also nicht nur negative Auswirkungen auf die umliegende Natur, sondern betrifft auch direkt die Menschen vor Ort, beispielsweise durch eine Einschränkung der Wasserversorgung. Dabei ist eine nachhaltigere Sojaproduktion nicht nur möglich, sondern wird bereits praktiziert, auch in Brasilien, zum Beispiel auf zertifizierten Sojafarmen von RTRS (Round Table on Responsible Soy) oder Proterra. Auch eine Ausweitung der Flächen auf die etwa 23,7 Millionen Hektar degradierter Flächen wäre denkbar, um weitgehend unberührte Naturlandschaften vor einer Umwandlung in Ackerflächen zu schützen.

Dass die Sojaproduktion in Brasilien und eine Beschaffung des Rohstoffs in Deutschland auch ohne Entwaldung und Umwandlung von neuen Flächen auskommen kann, soll nun das gemeinsame Vorhaben zeigen.

Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette

Soja-Anbau in Brasilien © Peter Caton / WWF UK
Soja-Anbau in Brasilien © Peter Caton / WWF UK

In Zusammenarbeit mit Produzent:innen in Brasilien, als auch mit Konsument:innen und dem Handel in Deutschland werden Maßnahmen ergriffen, um die die Zerstörung des Ökosystems Cerrado durch die Ausweitung von Agrarflächen aufzuhalten.

In Brasilien werden beispielsweise lokale Umweltbehörden dabei unterstützt, legale und illegale Umwandlung von Flächen zu überwachen sowie Schritte einzuleiten, diese einzugrenzen. Bestehendes Wissen über die Auswirkungen der Sojaproduktion werden gebündelt und allen relevanten Akteuren zugänglich gemacht. Um eine breite Masse an Produzent:innen zu erreichen, werden verschiedene Finanzmechanismen auf ihre Eignung zur Eingrenzung der legalen Umwandlung hin geprüft und mit interessierten Produzent:innen in Pilotprojekten umgesetzt.

Aber nur wenn eine Nachfrage für das entwaldungs- und umwandlungsfreie Soja besteht, kann eine langfristige Umstellung des Sektors erreicht werden. Daher wollen wir in Deutschland, gemeinsam mit interessierten und ambitionierten Unternehmen, das Thema mehr in den Fokus rücken und bestehende Herausforderungen gemeinsam adressieren. Neben der Gründung einer zweimal jährlich stattfindenden Arbeitsgruppe zu entwaldungs- und umwandlungsfreien Soja-Lieferketten ist auch die intensive Zusammenarbeit in einer Gruppe aus Vorreiterunternehmen geplant. In monatlichen Projektgruppentreffen werden gemeinsam Herausforderungen identifiziert und Wege erarbeitet, um die eigenen Lieferketten und den Sektor nach und nach umzugestalten und die Naturzerstörung entlang von Lieferketten zu stoppen. Dabei unterstützt der WWF nicht nur bei der Erstellung von ambitionierten Selbstverpflichtungen, sondern begleitet auch die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen fachlich.

Nur gemeinsam ist eine Veränderung möglich

Unser Aufruf an deutsche Unternehmen: Wir begleiten Sie auf dem Weg zu nachhaltigeren und entwaldungsfreien Lieferketten und bieten eine Austauschplattform für Best-Practices sowie Hilfestellung bei aufkommenden Hürden. Angelehnt an die Accountability Framework Initiative unterstützen wir Sie im Rahmen der Projektgruppe dabei, Ihre Lieferkette zu analysieren, starke Ziele zu setzen und diese in die Praxis umzusetzen. Wir freuen uns über Vorreiter:innen, die gemeinsam mit uns diesen Weg gehen möchten und laden Sie dazu ein, Teil des Projektes zu werden!

Ihr Kontakt zu uns

Bei Fragen oder Anmerkungen schreiben Sie uns gern: entwaldungsfreie-lieferketten(at)wwf.de

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