Der 74.555 Hektar große Nationalpark ist nicht nur für die Tier- und Pflanzenwelt ein Ort von unschätzbarem Reichtum, auch für die indigene Bevölkerung der Ingano ist der Wald heilig, denn hier wachsen für ihre Kultur wichtige Heilpflanzen wie Yage und Yoco. Die Gründung des Nationalparks im Jahr 2002 war der erste Versuch in Kolumbien, auf dem angestammten Land der indigenen Bevölkerung ein Schutzgebiet einzurichten, das berücksichtigt, wie eng biologische und kulturelle Vielfalt miteinander verbunden sind.
Der Alto-Fragua-Indiwasi-Nationalpark im Westen Kolumbiens gehört zu den weltweit wichtigsten Hotspots der Artenvielfalt. Hier treffen drei Zentren der Biodiversität aufeinander: die Küstenregion Chocó, die Anden und der Amazonas. Doch so besonders der Nationalpark ist, so bedroht ist er auch: Nicht nachhaltiger Holzeinschlag, der Anbau illegaler Pflanzen und die Umwandlung in Acker- und Weideland setzen dem Nationalpark zu.
Die Vergangenheit wirkt bis heute nach

Während des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in Kolumbien war das Departemento Caquetà, in dem der Alto-Fragua-Indiwasi-Nationalpark liegt, einer der Hauptschauplätze der gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der bewaffnete Konflikt in dieser Region ist eng mit dem Kokaanbau und dem Drogenhandel verknüpft, der bis in die frühen 1980er Jahre zurückreicht und viele verarmte Bäuer:innen aus anderen Teilen Kolumbiens in die abgelegene Region lockte.
Die harten Antidrogenmaßnahmen der kolumbianischen Regierung und der USA konnten gegen die illegale Kokaindustrie in Caquetá wenig ausrichten. Und so stellt der illegale Kokaanbau nach wie vor eine große Bedrohung für den Nationalpark dar, ebenso wie die Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen: Schätzungsweise 325 Hektar wurden zwischen 2012 und 2019 dafür abgeholzt, davon 60 Hektar innerhalb des Nationalparks.
Landwirt:innen setzen auf nachhaltige Produktion

Die mehr als 200 Landwirt:innen, mit denen der WWF im Rahmen des Projekts „Protected Areas and Peace“ an nachhaltiger Landwirtschaft arbeitet, möchten dieser Entwicklung etwas entgegensetzen. Eine von ihnen ist Norma Cárdenas, die seit 2022 an Schulungen zu nachhaltiger Landwirtschaft teilnimmt: „Wir kommen hierher, um zu lernen. Früher haben wir abgeholzt und gerodet, dank der Ausbildung verstehen wir jetzt, dass wir aufpassen müssen, damit wir unseren Kindern eine bessere Zukunft bieten können.
Norma hat, wie viele Bewohner:innen der Gegend, in der Vergangenheit mit illegalen Kulturen gearbeitet. Heute hält sie ein wenig Vieh und besitzt eine Zuckermühle. Sie hat ihren gesamten Betrieb auf eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Produktion umgestellt. Und das ist erst der Anfang ihrer Vision: Norma weiß, wie wichtig der Schutz der Umwelt für künftige Generationen ist, und träumt davon, ihren Hof in ein Zentrum für Ökotourismus zu verwandeln. Mit diesem ehrgeizigen Projekt könnte sie nicht nur zum Lebensunterhalt ihrer Familie beitragen, sondern auch der Welt die Schönheit und den natürlichen Reichtum ihrer Heimat zeigen.
Die Geschichte von Norma und den anderen Landwirt:innen, die an den Schulungen des WWF teilgenommen haben, ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie Engagement und Wissen das Leben der Menschen verändern und zum Naturschutz beitragen können. Ihre ständige Bereitschaft zu lernen, den Wert ihrer Umwelt zu erkennen und sie zu schützen, erinnert uns daran, dass jede kleine Tat für den Erhalt unseres Planeten zählt.
„Die Baumschule gibt uns die Möglichkeit, ein Einkommen zu erwirtschaften, aber sie erlaubt uns auch, mit den Menschen zu sprechen und sie zu inspirieren, ihnen zu zeigen, wie wir auf schöne, friedliche Weise im Einklang mit der Natur leben können“
Rafael Calderón
Vom Samen zum mächtigen Urwaldriesen

Jede kleine Tat zählt für den Erhalt unseres Planeten – und jeder kleine Samen zählt für den Erhalt des Waldes. Deshalb arbeiten Menschen wie Rafael Calderón im Rahmen des WWF-Projekts „Protected Areas and Peace“ in Baumschulen daran, Bäume heranzuziehen, die für die Wiederherstellung des Amazonas-Regenwaldes so wichtig sind.
In seiner Baumschule setzt Rafael Calderón auf heimische Pflanzen, auf Obst- und Fruchtbäume, aber auch auf andere Bäume, die im Amazonas-Regenwald natürlich vorkommen. Die Baumschule, in die Rafael viel Liebe und Zeit investiert hat, wird zehntausend Bäume liefern, um 18 Hektar Land im Einflussbereich des Nationalparks Alto Fragua Indi Wasi unter anderem mit Cacaí, Moriche und Seje zu bepflanzen.
Seine Baumschule ist nicht nur zu einem wichtigen Baustein für die Wiederherstellung des Waldes geworden, sondern auch zu einem Ort der Begegnung, an dem Rafael mit den Menschen über die Vielfalt und den Reichtum seiner Heimat sprechen und sein Wissen über Saatgut und dessen Vermehrung weitergeben kann.
„Die Baumschule gibt uns die Möglichkeit, ein Einkommen zu erwirtschaften, aber sie erlaubt uns auch, mit den Menschen zu sprechen und sie zu inspirieren, ihnen zu zeigen, wie wir auf schöne, friedliche Weise im Einklang mit der Natur leben können“, sagt Rafael Calderón.
Das Projekt wird von der Internationalen Klimainitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bauwesen und nukleare Sicherheit (BMUB) gefördert und in Zusammenarbeit mit den Nationalparks in Kolumbien umgesetzt.
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Protected Areas & Peace
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