Abgeschieden von der Außenwelt leben sie in den weitgehend unberührten Tiefen des Amazonas-Regenwaldes von Peru. Der Wald ist ihre Heimat, ihr Lebensraum und ihre Nahrungsgrundlage. Noch etwa 5.000 isoliert lebende Indigene ziehen teils nomadisch durch große Gebiete des Regenwaldes – und treffen dabei auf oft tödliche Gefahren.

Denn der Amazonas-Regenwald in Peru ist bedroht und damit auch die Existenzgrundlage der isoliert lebenden indigenen Völker. Immer wieder dringen illegale Holzfäller, Goldschürfer oder Wilderer in die Gebiete ein, schlagen Schneisen in den Wald oder vergiften beim Auswaschen des Goldes die Flüsse mit Quecksilber. Berichte von Konflikten, die in Gewalt gegen diese Indigenen oder sogar Mord münden, gibt es leider fast jede Woche.

Doch auch bei einem friedlichen Kontakt mit der Welt außerhalb des Regenwaldes ist äußerste Vorsicht geboten: Die Übertragung von Krankheiten kann für Indigene, die aufgrund ihrer isolierten Lebensweise nicht über die nötigen Antikörper verfügen, schlimme Folgen haben. Oft wünschen diese Menschen deshalb keinen Kontakt zur Außenwelt. Durch selbstgewählte Isolation wollen sie sich vor Krankheit und Gewalt schützen.

Was sind isoliert lebende Indigene oder PIACI?

Indigene Community Santa Teresita. © Alejandro Polling / WWF-Colombiaa
Indigene Community Santa Teresita. © Alejandro Polling / WWF-Colombiaa

Als "isoliert lebende Indigene" werden Indigene bezeichnet, die an abgeschiedenen Orten weitgehend ohne Kontakt zur Außenwelt leben. Oft leben sie nomadisch und ziehen in Familienverbänden zum Beispiel durch den Amazonas-Regenwald. Die spanische Bezeichnung, welche auch Indigene im Stadium des Erstkontaktes einschließt, lautet "Pueblos Indigenas en Aislamiento y Contacto Inicial" und wird mit PIACI abgekürzt.

In Peru genießen PIACI einen Sonderstatus, der ihnen eigene Territorien zuspricht und bestimmte Rechte einräumt. So darf man nicht aktiv Kontakt mit ihnen aufnehmen, keine Fotos machen und auch eine ärztliche Versorgung ist nur begrenzt erlaubt. Denn auch Ärzte können vermeintlich harmlose Keime in sich tragen, gegen die die Indigenen keine Antikörper haben. Der Schutz der PIACI ist untrennbar mit dem Schutz ihrer Lebensgrundlage, dem Amazonas-Regenwald, verbunden.

Jaguar und Flussdelfin in Gefahr

Ein Flussdelphin im Amazonas © Sebastian Castañeda / WWF-Peru
Ein Flussdelphin im Amazonas © Sebastian Castañeda / WWF-Peru

Im Amazonas-Regenwald von Peru leben noch extrem seltene Tierarten wie der Jaguar oder der Flussdelfin. Das Gebiet gehört zu den artenreichsten Gegenden der Erde. Forscher gehen auch von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten aus, die bisher noch gar nicht entdeckt worden sind. Die Zerstörung des Waldes ist der Hauptverursacher von Treibhausgasen in den Amazonas-Ländern. Wird der Amazonas-Regenwald nicht geschützt, rückt das Erreichen der Klimaziele des Pariser Abkommens von 2015 in weite Ferne.

 

Notbremse für den Raubbau: Peru will seinen Regenwald schützen

Jetzt gibt es die einmalige Chance, die isoliert lebende indigene Bevölkerung in den Regenwäldern Perus vor dem Einfluss von außen zu schützen. Denn die Regierung Perus hat sich bereit erklärt, den Schutz von insgesamt sieben Millionen Hektar Regenwald sicherzustellen – eine Fläche von der Größe Bayerns! 3,5 Millionen Hektar stehen bereits unter Schutz, jedoch mangelt es an Maßnahmen, die diesen Schutz auch gewährleisten sowie an Aufklärungsarbeit in den benachbarten Gemeinden. Weitere 3,5 Millionen Hektar Land sind bereits bestimmt, doch dem unter Armut leidenden Land Peru fehlen die Mittel, um diese Gebiete auch auszuweisen.

Jetzt hat Perus Regierung einen Vertrag zur Zusammenarbeit mit dem WWF zu diesem Thema unterschrieben. Der WWF hat deshalb ein Programm entwickelt, um die peruanische Regierung bei der Umsetzung der notwendigen Schutzmaßnahmen und Neuausweisungen zu unterstützen.

Wichtige Maßnahmen: Studien, Kontrollposten und Gesundheitspläne

Eine wichtige Maßnahme, um illegale Eindringlinge aufzuhalten, ist an zentralen Zufahrtstraßen Kontrollposten einzurichten. Ein solcher Kontrollposten besteht zwar bereits im indigenen Territorium Madre de Dios, jedoch fehlt es an der nötigen Ausstattung. Bisher steht dort nur ein weitgehend leeres Gebäude, für das dringend Möbel, Bekleidung, Funkgeräte etc. benötigt werden. Der WWF will die professionelle Ausstattung des Kontrollpostens unterstützen und einen Finanzplan für den Betrieb des Postens erstellen.

Zum WWF-Programm gehört auch eine Studie für die Ausweisung neuer Schutzgebiete im indigenen Territorium Napo Tigre. Bevor ein Gebiet unter Schutz gestellt wird, bedarf es einer umfangreichen Analyse: Wo genau sollen die Grenzen verlaufen? Wie steht es um die Eigentumsverhältnisse? Welchen Wert hat das Gebiet aus Sicht von Artenvielfalt und Klimaschutz? Unverzichtbar ist auch die Zustimmung der lokalen Bevölkerung. Erst wenn alle diese Faktoren in einer Studie analysiert und geklärt wurden, kann mit Maßnahmen zum Schutz im indigenen Territoriums Napo Tigre begonnen werden.

Manchmal suchen isoliert lebende Indigene von sich aus Kontakt zu anderen Indigenen oder Außenstehenden. Doch nicht selten kommt es dann zu schwersten gesundheitlichen Problemen, weil auch relativ alltägliche Erkrankungen zu einer gefährlichen Bedrohung führen können. Sogar ganze Gemeinden sind schon an eingeführten Krankheiten zu Grunde gegangen. Der WWF will die Kontrolle dieser Bedrohungen verbessern und einen Gesundheitsplan für die betroffenen Indigenen in Madre Dios erstellen.

Wir können jetzt die Chance ergreifen, acht Millionen Hektar Amazonas-Regenwald in Peru zu schützen und damit die Lebensgrundlage von 5.000 isoliert lebenden indigenen Menschen zu sichern, ein Gebiet von unschätzbarer Artenvielfalt zu erhalten und zugleich den Klimazielen von Paris näher zu kommen.

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