In den vergangenen 30 Jahren hat Kolumbien erhebliche Fortschritte dabei gemacht, die Rahmenbedingungen für die Verteidigung der Rechte der Indigenen zu verbessern. Doch bei der Anerkennung und uneingeschränkten Ausübung dieser Rechte klaffen nach wie vor Lücken. Vor allem auf lokaler Ebene fehlt es an der notwendigen Unterstützung, um die Rechte der Indigenen effektiv zu verteidigen.
Kolumbien beeindruckt durch seinen immensen Artenreichtum. Gleichzeitig zeichnet sich das Land durch eine Vielfalt an Ethnien und Kulturen aus. Hier leben nicht nur verschiedene lokale Gemeinschaften, sondern auch 115 indigene Völker. Das WWF-Projekt „Territories of Life“ hat ein klares Ziel: Das Wohlergehen und die Lebensgrundlage von 25.000 Indigenen aus 18 verschiedenen ethnischen Gruppen zu verbessern. Der Fokus liegt dabei auf der Region zwischen dem nordöstlichen kolumbianischen Amazonas und dem südöstlichen Orinoco.
WWF-Arbeit für und mit indigenen Gemeinschaften im Amazonas-Gebiet
Im Amazonas-Gebiet leben drei Millionen Indigene aus mehr als 340 verschiedenen Ethnien. Seit 2009 arbeitet der WWF mit indigenen Gruppen in Bolivien, Brasilien, Ecuador, Kolumbien und Peru zusammen. Ziel ist es, Menschenrechte zu verteidigen, Armut zu bekämpfen und die biologische Vielfalt zu erhalten. Gemeinsam kämpfen wir für den Schutz ihrer Territorien und Lebensgrundlagen. Dabei ist klar, dass die indigene Bevölkerung selbst am besten weiß, wie sie ihre Wälder und die Natur erhalten kann. Daraus ist im Laufe der Zeit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf nationaler, subnationaler und lokaler Ebene entstanden.
Traditionelles Wissen bewahren
Indigene Völker verfügen über einzigartiges Wissen darüber, wie sie ihre Territorien nachhaltig bewirtschaften und das Gleichgewicht einer gesunden Tier- und Pflanzenwelt erhalten. Doch dieses Wissen droht, verloren zu gehen. Ein zentrales Problem in multiethnischen Regionen wie dem Amazonas und dem Orinoco. Der Wissensverlust hat schwerwiegende Folgen für die kulturelle Identität, den sozialen Zusammenhalt und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung. Gleichzeitig bedroht er die biologische Vielfalt und die Stabilität der Ökosysteme.
Die Ursachen für diesen Verlust sind vielfältig: vom Kontakt mit dem „Westen“, den Druck der Marktwirtschaft auf die Gemeinschaften bis hin zur Abwanderung junger Menschen aus den Indigenen Gebieten. Das WWF-Projekt „Territories of Life“ will die Indigenen unter anderem dabei unterstützen, dieses Wissen für die nachfolgenden Generationen zu bewahren.
Lebensgrundlagen verbessern
Die Region zwischen dem nordöstlichen kolumbianischen Amazonas und dem südöstlichen Orinoco, in der der WWF mit dem Projekt „Territories of Life“ aktiv ist, wird auch als „biokultureller Korridor“ bezeichnet. Das Gebiet zeichnet sich durch weitgehend intakte Wälder aus und umfasst ein Ramsar-Schutzgebiet sowie 71 indigene Territorien.
Auf einer Fläche von fast vier Millionen Hektar unterstützt der WWF lokale indigene Organisationen dabei, den Austausch zwischen den Generationen und den Geschlechtern zu fördern. Dadurch wird nicht nur der Wissenstransfer sichergestellt, sondern auch die nachhaltige Verwaltung der Territorien.
Darüber hinaus werden lokale Organisationen darin gestärkt, sich für die Rechte der Indigenen einzusetzen und wirtschaftliche Initiativen in den Bereichen nachhaltiger Tourismus, Handwerk oder Verkauf von Amazonasfrüchten zu entwickeln und auszubauen.
Projektmaßnahmen im Detail
Interkulturelle Bildung
Um die Indigene Bevölkerung zu stärken, fördert das WWF-Projekt ein Bildungsprogramm zur Schulung von „Indigenen Beobachter:innen“. Die Teilnehmenden erhalten eine interkulturelle Ausbildung, in der traditionelles Wissen ihrer eigenen Kultur mit technischem Know-how aus der westlichen Kultur verknüpft wird. In Gruppen führen die Beobachter:innen Monitoring- und Forschungsarbeiten zu biologischer Vielfalt und ihrer Kultur durch. Dank dieser Ausbildung sind sie in der Lage, die Erwartungen verschiedener Organisationen an Management- und Schutzmaßnahmen zu erfüllen. Gleichzeitig setzen wir uns für den Erhalt der Kultur ein, beispielsweise durch die Restaurierung der aus Stroh und Holz gebauten Zeremonialräume (Malocas) der Gemeinden und die Entwicklung partizipativer Strategien zur Bewältigung der negativen Auswirkungen des Bergbaus.
Rechtssicherheit stärken
Das Projekt „Territories of Life“ stärkt die teilnehmenden Partner:innen dabei, ihre berechtigten Interessen gegenüber anderen Akteur:innen durchzusetzen. Dazu vermitteln wir das nötige Wissen zur Ausübung dieser Rechte. Zusätzlich dazu fördern wir das Wissen und die Fähigkeiten der indigenen Verwaltungsräte in Bezug auf Selbstverwaltung in rechtlichen und politischen Angelegenheiten. Durch einen umfassenden Ansatz verbessern wir auch ihre Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation, Politik, Recht und Beziehungsaufbau.
Nachhaltig wirtschaften
Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes „Territories of Life“ liegt darin, die Projektpartner:innen in sozialer, ökologischer und finanzieller Hinsicht nachhaltig zu unterstützen. Dabei spielt das traditionelle Wissen der Indigenen eine zentrale Rolle. Kakao, Kautschuk, Paranüsse, Früchte, Medizinpflanzen, Baumöle, aber auch Zierfische – all dies kann dem Wald schonend entnommen werden, ohne ihm zu schaden. Viele indigene Völker wirtschaften seit Generationen auf diese Weise. Im Rahmen des Projekts werden Schulungen zu nachhaltiger Produktion durchgeführt und gemeinsam mit den Indigenen geeignete Managementpläne und Strategien erarbeitet, um mehr Nachhaltigkeit in Bereichen wie Tourismus, Kakao und Waldfrüchte zu fördern.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.
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