Das Walross Freya hat es im Sommer 2022 zu einiger Berühmtheit gebracht. Im norwegischen Oslofjord hievte sie sich auf kleinere Felsen, Stege und kleine Boote, um dort zu schlafen. Sehr zum Ärger der Bootsbesitzer:innen: Nicht alle Boote hielten den rund 600 Kilogramm stand, viele wurden beschädigt, einige sanken. Schaulustige filmten das Spektakel, Videos von Freyas Ruhepausen wurden tausende Male in den Sozialen Medien geteilt. 

Das traurige Ende von Walross-Weibchen Freya (Update vom 15.08.2022)

Die große Aufmerksamkeit wurde dem Walross-Weibchen nun zum Verhängnis: Am Morgen des 14. August 2022 ließen norwegische Behörden Freya einschläfern – aus Sicherheitsgründen, wie die norwegischen Behörden mitteilten. Obwohl sowohl die norwegische Regierung als auch Tiersachverständige die Menschen aufforderten, Abstand zu halten, näherten sich immer wieder Schaulustige dem Tier. Der WWF Norwegen fordert genauere Informationen darüber, wie es zu dem Entschluss kam und appelliert an die Öffentlichkeit, in Zukunft Empfehlungen zum Schutz von Wildtieren zu beachten.

Woher kam Freyas Lust auf kleine Boote?

Walrosse brauchen viel Ruhe – bis zu 20 Stunden pro Tag schlafen die Tiere. Dafür benötigen sie immer irgendeine Art Plattform, auf der sie sich in Sicherheit fühlen. Normalerweise sind das Eisschollen oder flache Küstenstreifen. Zur Nahrungssuche brauchen Walrosse außerdem relativ flaches Wasser, weshalb sie sich nicht gern weit von der Küste entfernen.

Tourist:innen-Hotspot statt Rückzugsort

Walross Freya in Oslo © IMAGO / Tor Erik Schroder / NTB
Walross Freya in Oslo © IMAGO / Tor Erik Schroder / NTB

Im Oslofjord gibt es mehr Boote als natürliche Plattformen, deshalb hievte sich Freya darauf – um ungestört zu schlafen. Doch ungestört war Freya leider nicht.

Tourist:innen filmten das Tier, lachten und ruften, machten Fotos, Bootsbesitzer:innen versuchten, Freya zu vertreiben, weil das etwa 600 Kilogramm schwere Tier natürlich enormen Sachschaden verursachte – einige Boote hatte sie sogar versenkt.

Doch all der Trubel machte es Freya schwer, sich zu erholen und Kräfte zu sammeln, um weiter reisen zu können.

Walross-Zwischenfälle werden mehr

Freya ist nicht das einzige Walross, das entlang von Menschen besiedelten Küsten einen Rastplatz suchte. Immer wieder schaffen es die Tiere in die Medien.

Walross-Dame „Mursu“ zum Beispiel, die in diesem Jahr in der Ostsee in Schweden, Russland und Finnland zu Gast war. Oder das Walross-Männchen Wally, das 2021 an der Küste Irlands aufgetaucht war. Und auch Freya ist keine Unbekannte: 2019 wurde sie das erste Mal gesichtet, seither war sie zwischen Großbritannien, den Nordfriesischen Inseln, Tromsö und Oslo (Norwegen) unterwegs.

Woher kommen die Walrosse?

Eisbär frisst beim Walross-Haulout in Tschukotka © Anatoly Kochnev
Eisbär frisst beim Walross-Haulout in Tschukotka © Anatoly Kochnev

Walrosse verbringen die meiste Zeit des Jahres auf dem Eis. Dort ruhen sie sich nach der Nahrungssuche aus, weibliche Walrosse nutzen die Abgeschiedenheit der Eisschollen auch zur Aufzucht der Jungen.

Wenn im Sommer und Herbst kein Eis vorhanden ist, versammeln sie sich zu Tausenden an sogenannten „Haulout-Plätzen“ entlang der Küste. Das Packeis zieht sich aber aufgrund der Klimakrise immer früher zurück und so kommt es zu riesigen Ansammlungen an Land.

In Alaska wurden Ansammlungen von bis zu 35.000 Tieren gesichtet. Auf Cape Kozhenikov an der Küste Tschukotkas in der russischen Arktis wurden an einem solchen Haulout-Platz 40.000 pazifische Walrosse gezählt. Müssen Mütter hier ihre Kälber großziehen, kann das für die Kleinen gefährlich werden. Denn die Liegeplätze sind oft überfüllt. Wenn es nun durch Störung zu Stress- und Fluchtsituationen kommt – werden immer wieder Walross-Kälber erdrückt.

26.06.2023 Update: WWF Russland verlässt internationales WWF-Netzwerk

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat am 21. Juni 2023 die Aktivitäten des World Wide Fund for Nature (WWF) in Russland für „unerwünscht“ erklärt. Diese Entscheidung folgt auf eine bereits im März bekannt gegebenen Verlautbarung, in welcher der WWF als «ausländischer Agent» eingestuft wurde.

Der WWF Deutschland und das gesamte, weltweite WWF-Netzwerk sind erschüttert darüber, dass unsere gemeinsame Naturschutzarbeit als „auf dem Territorium der Russischen Föderation unerwünscht“ eingestuft wird. Infolgedessen und mit sofortiger Wirkung hat der WWF Russland die schwierige Entscheidung getroffen, nicht länger Teil des WWF-Netzwerks zu sein.

Das Meereis schwindet

Die Fläche des arktischen Meereises im Sommer nimmt seit etwa 30 Jahren pro Dekade etwa um 13 Prozent ab. Seit 1980 sind mehr als drei Viertel des Meereisvolumen (also die Eismenge insgesamt) verschwunden. Gemessen wird das Eis immer im Sommer, denn im Winter entsteht nach wie vor neu gebildetes Eis. Doch wichtig ist das „alte“ Eis – und das zieht sich immer weiter zurück. Wenn diese Entwicklung so weiter geht, könnte die Arktis bis zum Ende des Jahrhunderts bis zu elf Monate im Jahr eisfrei sein.

Warum hat man Freya nicht einfach eingefangen?

Das vermutlich drei bis vier Jahre alte Walross Freya war ein Atlantisches Walross – etwa 25.000 Tiere dieser Unterart gibt es noch. Vermutlich kam Freya ursprünglich aus Spitzbergen und hätte sich ohne Einfluss des Menschen eigentlich derzeit zusammen mit ihren Artgenossen auf dem Eis oder an der Küste aufgehalten – doch Freya hatte es in den Oslofjord verschlagen.

Freya zu betäuben und umzusiedeln sollte vermieden werden, denn eine Betäubung wäre sehr riskant für die schweren Tiere gewesen. Das Walross-Weibchen Mursu ist bei einem solchen Versuch verstorben. 

Mehr Wissen und Schutz für Walrosse

Der WWF Norwegen unterstützt lokale Bemühungen, die Rastplätze von Walrossen vor Störungen zu schützen, sowie die Forschung zu den Auswirkungen von Schiffsverkehr auf Walrosse. Zudem werden die Folgen der Klimakrise auf Walrosse untersucht und Atlantische Walrosse mit Hilfe von Satellitenbildern erfasst.

Tragen Sie zum Schutz der Arktis und der dort lebenden Arten bei

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