Weil zahlreiche Menschen in der Nähe zweier wichtiger Nationalparks in Sambia aufgrund von Dürren und COVID-19 unter verminderten Einkommen leiden, hat der WWF sie unterstützt, neue Einkommensquellen zu erschließen. Die ökologische Hühnerzucht, die Erdnussverarbeitung und lokale Wirtschaftszentren tragen nun dazu bei, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Menschen sind weniger abhängig von natürlichen Ressourcen und müssen nicht auf umweltbelastenden Wanderfeldbau oder gar Wilderei zurückgreifen.
Einzigartige, bedeutende Natur in der Kavango-Sambesi-Region
Die Kavango-Sambesi-Region in Sambia beheimatet einzigartige Ökosysteme mit enormer Bedeutung für den Schutz der weltweiten Artenvielfalt. Dort gibt es noch große, zusammenhängende Naturgebiete mit gesunden Populationen vieler wichtiger Arten: Elefanten, Löwen, Büffel, Antilopen oder Gnus. Im Kafue-Nationalpark, mit etwa 22.480 Quadratkilometern der größte Nationalpark Sambias sowie im Sioma-Ngwezi-Nationalpark (5.300 Quadratkilometer) werden diese Ökosysteme geschützt. Um die Schutzgebiete herum sind Pufferzonen und Korridore für Wildtiere eingerichtet, die die Gemeinden nachhaltig bewirtschaften. Allein im Sioma-Ngwezi-Gebiet leben rund 70.000 Menschen, davon 3.000 innerhalb des Nationalparks.
Bevölkerung benötigt klimaunabhängige Einkommensquellen
Die Menschen in der Kavango-Sambesi-Region leben vor allem vom Ökotourismus, Weide- und Waldbewirtschaftung sowie Regen- und Bewässerungslandwirtschaft. Sie hängen demnach weitgehend von der intakten Natur ab, die jedoch immer mehr durch die Folgen des Klimawandels beeinträchtigt ist: durch Dürre- und Trockenperioden, Überschwemmungen und Starkregen oder extreme Temperaturen. Die nicht nachhaltige Landnutzung – Überweidung oder Wanderfeldbau mit neuen Feldern alle drei bis vier Jahre aufgrund mangelnder Bodenfruchtbarkeit – und das schnelle Bevölkerungswachstum verstärken den Druck auf die Natur. Mensch-Wildtier-Konflikte häufen sich.
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben zudem einen extremen Rückgang der Einnahmen aus dem Tourismus nach sich gezogen. Eine Gefahr für die kommunalen Schutzgebiete, denn ohne sichere Einnahmen besteht die Gefahr, dass Wilderei, Brandrodung und die Nutzung von Land innerhalb der Schutzgebiete für Weidehaltung oder Feldbau wieder ansteigt.
Um dem entgegenzuwirken, unterstützt der WWF besonders betroffene Gemeinden in den Pufferzonen des Sioma-Ngwezi- und des Kafue-Nationalparks, ihre Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu verbessern. Dabei sollen vielfältigere Einkommensquellen die Existenzgrundlagen der Menschen sichern und so zum Schutz der biologischen Vielfalt und Ökosysteme beitragen. Vor allem Frauen- und Jugendgruppen sowie Kleinbauernfamilien standen dabei als Zielgruppen im Zentrum.
Hühner für mehr Unabhängigkeit
Gemeinsam mit dem WWF haben die Menschen vor Ort die ökologische Hühnerproduktion als geeignete landwirtschaftliche Einkommensalternative ausgemacht und dafür einen Geschäftsplan entwickelt. Die Tiere geben nicht nur Eier und Fleisch, auch ihr Verkauf generiert Einnahmen. So haben 90 Frauen und Jugendliche in Silowana, die in sechs Gemeindegruppen organisiert sind, robuste Zuchthühner und entsprechende Schulungen erhalten. Mit materieller und fachlicher Unterstützung bauten sie zunächst Hühnergehege und Ställe sowie Futtertröge und Tränken, um ihre Hühnerzucht nun als Gemeinschaftsunternehmen zu betreiben.
Hühnerzucht als Exzellenzprojekt in Sambia
Ähnliche Initiativen hat der WWF in Sambia bereits erfolgreich etabliert. Die erste Hühnerzucht-Kooperative in Lusu (Silowanakomplex) verkauft ihre Eier nicht nur ins nächste lokale Zentrum, sondern stellt ihren Brutschrank gegen eine geringe Gebühr auch anderen Hühnerhaltenden zur Verfügung. Conrad Muyaule, WWF Projektleiter fasst zusammen: „Mit diesem Projekt haben wir 66 Familien geholfen, eine Kooperative zu gründen und das Betriebsgebäude zu bauen. Wir haben einen Brutschrank für 620 Eier sowie Hühner zur Verfügung gestellt. Die Familien züchten die Hühner nun und der Bestand steigt. Die Initiative ist nicht nur in der Gemeinde gut angekommen, sondern auch bei der Regierung. Sie möchte die Einrichtung zu einem Center of Excellence machen, als Beispiel, wie solch ein Unternehmen die Lebensgrundlagen der Menschen sichert, aber auch dem Wald und den Wildtieren zugutekommt, weil die Menschen keine Bäume mehr abholzen müssen, um Feldbau zu betreiben.“
Neue Wertschöpfung durch Erdnussverarbeitung
Auch zwei neue Erdnussbutterverarbeitungsstätten in Kaanja und Nangweshi (Silowana) kommen der Gemeinschaft zugute, denn die Gemeinden betreiben sie selbst. Die Erdnüsse erwerben sie von lokalen Bäuer:innen, um sie zu schälen und dann beispielsweise zu Erdnussbutter zu verarbeiten. Mit der Verarbeitung der Erdnüsse erschließen sich die Gemeinden vollkommen neue landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten.
Nachdem der Import zahlreicher Güter durch die COVID19-Pandemie eingeschränkt wurde, haben sich die Chancen für lokale Produkte auf dem Markt verbessert. Gemeinsam mit dem WWF bauen die Gemeinden nachhaltige lokale Kooperationen und Lieferketten auf, mit Hotels, Supermärkten oder Märkten der Region. Die Teilnehmenden haben entsprechende Schulungen erhalten und können neben Erdnüssen beispielsweise auch Mais oder Sorghumhirse in ihren Anlagen verarbeiten.
Business-Hubs: Lokale Wirtschaftszentren
Erstmals hat der WWF die Einrichtung sogenannter Business Hubs an lokalen Zentren unterstützt: Kleine mit Solarenergie betriebene Wirtschaftszentren, in denen Computer, Ladestationen für Handys und Internetzugang bereitgestellt werden. Die Hubs stehen lokalen Unternehmen und der Bevölkerung beispielsweise zum Aufladen von Geräten zur Verfügung und ermöglichen den Geldtransfer über Mobiltelefone. Die Nutzenden zahlen eine geringe Mietgebühr.
Während derartige Dienstleistungen häufig von Geldtransfer-Unternehmen angeboten werden, können nun fünf Frauen- und Jugendgruppen in Kafue und Silowana damit ihre Einkommensmöglichkeiten vervielfältigen. Insgesamt 80 Personen haben dazu entsprechende Schulungen und die jeweiligen Gruppen Ausrüstung erhalten.
Existenzsicherung und Naturschutz greifen ineinander
Durch die erweiterten Einkommensmöglichkeiten sind die Projektgemeinden nun widerstandsfähiger gegenüber Klimaveränderungen und anderen äußeren Einflüssen. Weil sie nicht (mehr) um ihre nächste Mahlzeit bangen müssen, können die Menschen den Tier- und Umweltschutz besser mittragen. Gleichzeitig ist ihre geringere Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen ein nachhaltiger Gewinn für den Naturschutz – und damit für uns alle.
Das Projekt wird finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem WWF.
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