Die heiligen Kaya-Wälder in Kenia sind ein Hort der Artenvielfalt und ein einzigartiges kulturelles Zeugnis des Volkes der Mijikenda. Gemeinsam mit den Mijikenda und lokalen Gemeinschaften arbeitet der WWF daran, die Kaya-Wälder zu erhalten und degradierte Flächen wiederherzustellen.

Kaya bedeutet „Platz” oder „Dorf” in der Sprache der Mijikenda. Für sie sind die Kayas die Wohnstätten ihrer Vorfahren und Orte der Ahnenverehrung. Es sind deshalb heilige Orte, die von den Ältestenräten der einzelnen Stämme bis heute gepflegt werden. Gegenwärtig gibt es noch etwa fünfzig  Kaya-Wälder, davon 38 unter staatlichen Schutz. Sie finden sich verstreut über eine Strecke von etwa 200 Kilometern entlang der Küste Kenias. Zehn dieser Wälder wurden im Jahr 2008 unter der Bezeichnung „Heilige Kaya-Wälder der Mijikenda“ als UNESCO-Kulturerbe anerkannt.

Geschichte der Kaya-Wälder

Mitglieder der lokalen Gemeinden bei einem Treffen, um die Ahnen zu ehren.
Mitglieder der lokalen Gemeinden bei einem Treffen, um die Ahnen zu ehren @ WWF Kenia

Die Geschichte der Mijikenda und ihre Verbindung zu den Küstenwäldern Kenias reicht weit zurück: Ab dem 16. Jahrhundert ließen sie sich auf der Flucht vor den Massai in den dichten Wäldern nieder und gründeten dort einzelne Dörfer, die tief im Dschungel versteckt lagen. Bis in die 1940er Jahre lebten die Mijikenda in diesen kleinen Dörfern. Diese waren meist rund und über Tore zugänglich. In der Mitte des Dorfes lag der Treffpunkt, um den herum die Hütten angeordnet waren. Auch ein Stück Wald innerhalb des Dorfes wurde als Heiligtum erhalten.

Noch heute sind die Strukturen der Dörfer auf Lichtungen im dichten Wald zu erkennen. Alte Pfosten und Pfähle lassen erahnen, wo einst die Tore zu den Dörfern lagen. Seit die Mijikenda die Wälder als Siedlungsorte aufgegeben haben, werden die Kayas hauptsächlich spirituell genutzt: Die Wälder dienen heute der Ahnenverehrung und sind Treffpunkt der Ältestenräte.

Ökologische Bedeutung der Kaya-Wälder

Ein alter Baum in den kenianischen Kaya-Wäldern mit dicker Rinde.
Ein alter und prächtiger Baum in den Kaya-Wäldern © WWF Kenia

Ursprünglich erstreckte sich an der gesamten gesamten Küste Ostafrikas ein ausgedehnter Küstenwald, vom südlichen Somalia über Kenia und Tansania bis nach Mosambik. Heute sind nur noch isolierte, doch nach wie vor artenreiche Waldinseln übrig geblieben. So wie die Kayas, die zu den wenigen Wäldern der Region gehören, die dem Druck von Landwirtschaft, Bergbau und Siedlungen noch nicht zum Opfer gefallen sind.

Die zwischen 30 und 300 Hektar großen Kaya-Wälder bewachsen niedrige Hügel und bergen aufgrund des Schutzes durch die Mijikenda eine hohe Artenvielfalt. Denn als spiritueller Ort ist Zugang und Nutzung des Waldes beschränkt. Das Wissen und die Kultur  der Mijikenda haben somit dazu beigetragen, die Artenvielfalt der Kayas und der sie umgebenden Wälder zu erhalten.

Hotspots der Artenvielfalt

Tansania-Stummelaffe
Tansania-Stummelaffe © Colobus Conservation

Kaya Dzombo beispielsweise wurde schon 1941 als Naturschutzgebiet ausgewiesen und wird vom National Museum of Kenya sowie vom Kenya Forest Service verwaltet. Sie besteht aus immergrünem, wechselfeuchten Tieflandwald des Sansibar-Inhambane-Küstenwaldmosaiks, das international als globaler Biodiversitäts-Hotspot anerkannt ist. Obwohl Kaya Dzombo nur fünf Quadratkilometer groß ist, leben hier, neben vielen anderen oft endemischen Arten. Hier lebst beispielsweise eine der für Kenia wichtigsten noch verbliebenen Populationen des Tansania-Stummelaffen.

Im Rahmen eines inzwischen abgeschlossenen Programms zum Schutz und zur Wiederherstellung von Waldflächen und ihrer nachhaltigen Nutzung hat der WWF bereits in der Vergangenheit wichtige Fortschritte zum Schutz der Küstenwälder im Bezirk Kwale erzielt. In der Kaya Dzombo und weiteren Waldgebieten sowie deren Pufferzonen hat der WWF unter anderem dazu beigetragen, dass auf vielen ehemals zerstörten Flächen wieder Bäume wachsen, neuer Wald entsteht und die Lücken zwischen noch intakten Waldgebieten geschlossen werden. Diese Arbeit soll mit dem neuen Projekt fortgeführt werden.

„Wir haben vor, mindestens eine Million Bäume zu pflanzen. Dazu arbeiten wir auch mit Schulen, anderen Institutionen und staatlichen Behörden zusammen.“

Johannes Kirchgatter, Projektleiter

Das bedroht die Kaya-Wälder

Die Bewohner:innen der Kaya-Wälder ehren ihre Ahnen.
Die Bewohner:innen der Kaya-Wälder ehren ihre Ahnen © WWF Kenia

Der Druck auf die Landressourcen, die Urbanisierung und der soziale Wandel machen auch vor den Kayas nicht Halt. Die Traditionen und kulturellen Praktiken der Mijikenda schwinden und mit ihnen das soziale Gefüge und der Zusammenhalt der Mijikenda-Gemeinschaften.  Immer weniger Mitglieder der Mijikenda-Gemeinden nutzen die Kayas als spirituellen Ort oder zum Sammeln von Heilkräutern, wodurch traditionelles Wissen und traditionelle Praktiken verloren gehen. Zudem dringen Landwirtschafts-, Siedlungs- und Bergbauprojekte immer weiter in die Wälder vor. Viele Kayas sind inzwischen isolierte Waldinseln, umgeben von intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten.

Was macht der WWF zum Schutz der Kaya-Wälder?

Der WWF Deutschland betreibt ein umfassendes Programm zum Schutz der uralten, auch ökologisch einzigartigen Kaya-Wälder, sowie generell der Küsten- und Mangrovenwälder im Bezirk Kwale in Kenia. So sollen beispielsweise die Kaya-Wälder mit einem Mantel aus neuen Aufforstungen umgeben werden und die Waldreste wieder miteinander verbunden werden. „Wir haben vor, in den nächsten drei Jahren mindestens eine Million Bäume zu pflanzen“, berichtet Johannes Kirchgatter, der das WWF-Projekt leitet. „Dazu arbeiten wir auch mit Schulen, Universitäten, anderen Institutionen und staatlichen Behörden zusammen. „Ziel ist es, die Wälder gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu erhalten und für die Zukunft dauerhaft zu bewahren. Wichtig ist die Kombination verschiedener Ansätze“, erläutert Kirchgatter. „Es geht darum, Bäume zu pflanzen, den bestehenden Wald zu schützen, die Naturverjüngung zu fördern und dafür zu sorgen, dass die richtigen Baumarten wachsen. Außerdem müssen invasive Arten entfernt werden.

Die Voraussetzungen dafür sind gut, denn dank des jahrelangen Engagements vor Ort ist die dafür notwendige Infrastruktur bereits vorhanden. „Wir haben vor Ort mit vielen Partnern große Baumschulen aufgebaut, die wir weiter ausbauen und jetzt beispielsweise mit eigenen Brunnensystemen ausstatten“, berichtet Kirchgatter. Und das stets zusammen mit den Gemeinden vor Ort. Denn ihre Bereitschaft und ihr Wille, die natürlichen Ressourcen zu schützen, sind der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg.

„Wir schaffen viele Arbeitsplätze und damit zusätzliche Einkommen. Alle Bäume werden von den Menschen, die vor Ort leben, gepflanzt und gepflegt. Auch das Potential für den Naturtourismus ist groß“.

Johannes Kirchgatter, Projektleiter

Gepflanzt werden ausschließlich heimische Arten, darunter auch endemische. Die Auswahl erfolgt bewusst und ist mitunter aufwändig: „Wir haben nach mehreren Baumarten gesucht, von denen wir dachten, sie seien schon ausgestorben“, erzählt Johannes Kirchgatter. „Acht solcher Baumarten wurden wiederentdeckt, allerdings jeweils nur in wenigen Exemplaren. Von einer dieser Arten, einer Baumeuphorbie, wurde sogar nur noch ein einziges Exemplar gefunden. Die werden jetzt erstmals nachgezüchtet.“

Dieses Projekt wurde ermöglicht und gefördert durch die Dorit und Alexander Otto Stiftung.

Dorit und Alexander Otto Stiftung
Dorit und Alexander Otto Stiftung

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