Jetzt zu Beginn der warmen Jahreszeit lockt sie wieder ganz besonders – die Ostsee mit ihren weiten Sandstränden und sanften Wellen, ihren vielfältigen Küstenformen, dichten Wäldern, malerischen Inseln, mit ihren Tieren und Pflanzen. Hinter ihrer Schönheit verbirgt sich jedoch eine fragile Natur, die dringend unsere Unterstützung braucht.
Die Ostsee zählt mit ihren zahlreichen Naturparks zu den beliebtesten Reisezielen. Landwirtschaft, Schifffahrt, Tourismus, Industrie und die menschgemachte Klimakrise gefährden das Binnenmeer und seine Ökosysteme jedoch massiv. Das Ostsee-Büro des WWF setzt sich mit einem umfangreichen Programm für den Schutz der Region ein.
Der einzigartige Lebensraum der Ostsee entstand erst vor rund 12.000 Jahren und ist geprägt von den geografischen Besonderheiten des Binnenmeers. Lediglich am Kattegat, einem Gebiet zwischen Dänemark und Schweden ist die Ost- mit der Nordsee verbunden. Ostseewasser besteht aus diesem Grund vor allem aus Brackwasser, das für Salzwasserorganismen zu süß, für Süßwasserorganismen zu salzig ist.
Pflanzen und Tiere, die in der Ostsee leben, müssen an diese Bedingungen angepasst sein. Die Artenvielfalt ist weit weniger groß als in anderen Meeren und umso geringer, je niedriger der Salzgehalt des Gebiets ist.
Gefahr durch Überdüngung

Leider ist dieser wertvolle Lebensraum durch menschliche Einflüsse stark bedroht. Die Überdüngung von Feldern nahe der Küste oder auch die Schifffahrt – die Ostsee ist eines der meistbefahrenen Meere überhaupt – sorgen für massive Verschmutzung.
Als Binnenmeer reinigt sich die Ostsee kaum selbst, und es dauert rund 30 Jahre, bis das Wasser vollständig ausgetauscht ist. Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor setzen sich daher umso stärker im Wasser fest und fördern das Wachstum von Algenteppichen. In der Folge kommt es zu einem Mangel an Sauerstoff und zur Entstehung sogenannter Todeszonen.
Kampf gegen Todeszonen
„Wenn wir von Todeszonen sprechen, meinen wir Flächen, die überhaupt gar keinen Sauerstoff mehr haben“, erklärt Finn Viehberg vom Ostsee-Büro des WWF in Stralsund. „Dort lebt tatsächlich gar nichts mehr, keine Tiere und keine Pflanzen. Die einzigen, die dort noch wachsen, sind Schwefelbakterien.“ Solche Flächen sind in den letzten Jahrzehnten um 10 bis 20 Prozent angewachsen. Der Temperaturanstieg durch die Klimakrise hat diese Entwicklung noch weiter beschleunigt.
Die Ausbreitung der Todeszonen zu verhindern, gleicht einem Wettlauf gegen die Zeit. Noch ist dieser aber nicht verloren. Finn Viehberg und sein Team kämpfen mit einem umfangreichen Programm dafür, die Ökosysteme der Ostsee zu erhalten.

Der WWF setzt dafür an verschiedenen Ebenen an: „Um die Ostsee zu retten, bedarf es einer Anstrengung aller Anrainer-Staaten, deswegen ist es umso wichtiger, dass wir als WWF auch in diesen ganzen Ländern aktiv sind, um beispielsweise an die Landwirtschaft zu appellieren, weniger Pflanzenschutzmittel einzusetzen und weniger zu düngen, sodass der Nährstoffeintrag in die Ostsee geringer wird,“ so Viehberg.
Biodiversitätshotspots Seegraswiesen
Kernprojekt des WWF an der Ostsee ist die Anpflanzung von Seegraswiesen. Seegraswiesen sind Biodiversitätshotspots. Die Wasserpflanze wächst bis in sechs Meter Tiefe, wo sie Wiesen bildet, in denen sich Fische, Muscheln und Krebse vor Feinden verstecken können.
Seegraswiesen bilden die Kinderstube für viele Fischarten, von denen sich beispielsweise Kegelrobben oder Schweinswale ernähren. Seegras produziert außerdem für die vielen Ostseelebewesen lebenswichtigen Sauerstoff, stabilisiert den Boden und speichert Kohlenstoff in den Wurzeln.
Nicht nur das Seegras selbst, auch die Arten, die darin leben, tragen zur Resilienz des Lebensraums bei. Die kleinen Muscheln etwa, die sich zu Abermillionen in den Wiesen aufhalten, helfen mit, die Ostsee durchzufiltern. Viehberg nennt sie die „Heinzelmännchen der Ostsee“, die diese still und heimlich reparieren.
Seegras muss händisch gepflanzt werden

Die Helsinki-Kommission zum Schutz der Ostsee (HELCOM) stuft die Seegraswiesen in der Ostsee als stark gefährdet ein. Das Ostsee-Büro des WWF arbeitet in dem Projekt mit Küstenfischer:innen zusammen. Gemeinsam prüfen sie, wo Seegraswiesen wachsen und welche anderen Flächen sich zur Anpflanzung anbieten. Die Anpflanzung selbst ist aufwändig, denn in vielen Fällen muss sie händisch erfolgen.
Artenschutzprogramme, die mithelfen, die Ökosysteme zu unterstützen sind ein weiterer Pfeiler in der Arbeit des WWF an der Ostsee. Hier konnte in der Vergangenheit bereits einiges erreicht werden.
„Ich glaube daran, dass der WWF die Organisation ist, die beim Schutz der Ostsee einen substantiellen Beitrag leisten kann.“
Finn Viehberg vom Ostsee-Büro des WWF in Stralsund
Wie erfolgreich Artenschutzprojekte sein können, zeigt sich etwa bei den Kranichpopulationen entlang der deutschen Ostseeküste, die in den letzten Jahren deutlich angewachsen sind. „Es ist ein sehr beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass die Natur auch wiederkommt, wenn man sie lässt,“ so Finn Viehberg.
Ort der Natur, der Erholung und des Lebens
Dafür muss jedoch erst etwas geschehen. Die Ostsee und ihre vielfältigen Lebensräume zu bewahren, liegt in unser aller Verantwortung. Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass diese faszinierende Region auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt – als Ort der Natur, der Erholung und des Lebens.
Mit Ihrer Unterstützung kann der WWF Maßnahmen ergreifen, um die Ostsee zu schützen, ihre Wasserqualität zu verbessern und die Artenvielfalt zu bewahren. Helfen Sie uns, die Ostsee zu einem lebendigen, gesunden Meer zu machen – für die Natur, für uns Menschen und für alle, die die Schönheit dieses einzigartigen Meeres erleben möchten!
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