Nach jahrelanger Vorarbeit war es im Juni 2022 endlich so weit: Eine Allianz aus Regierung, WWF und zahlreichen privaten wie öffentlichen Geldgeber:innen unterzeichnete in Bogotá die gemeinsame Erklärung für ein Programm, das 32 Millionen Hektar lebenswichtiger mariner und terrestrischer Ökosysteme in Kolumbien dauerhaft schützt: Herencia Colombia, kurz HeCo.

Teile des küstennahen Regenwaldes stehen unter Naturschutz © WWF Kolumbien
Teile des küstennahen Regenwaldes stehen unter Naturschutz © WWF Kolumbien

Ein innovatives Finanzierungsmodell sichert 245 Millionen US-Dollar, mit denen über einen Zeitraum von zehn Jahren die ambitionierten Ziele der ersten Phase des Programms umgesetzt werden können.

Kolumbien ist ein Land der Superlative: 10 Prozent der weltweit vorhanden Arten sind hier beheimatet und 50 Prozent des kolumbianischen Territoriums bestehen aus Meeresflächen.

Mit seiner außerordentlich hohen Artenvielfalt und den zahlreichen verschiedenen Ökosystemen gehört Kolumbien zu den 17 sogenannten Megadiversitätsländern unserer Erde. Schon jetzt befindet sich ein großer Teil dieses Naturerbes in den nationalen Schutzgebieten Kolumbiens, die rund 31 Millionen Hektar des Landes umfassen.

Wichtige Ökosysteme sind bedroht

Die Unterwasserwelt Kolumbiens gehört zu den gefährdeten Biotopen © WWF Kolumbien
Die Unterwasserwelt Kolumbiens gehört zu den gefährdeten Biotopen © WWF Kolumbien

Bis zum Jahr 2030 möchte das südamerikanische Land 30 Prozent seines Landes und 30 Prozent seiner Meeresflächen langfristig zu Schutzgebieten machen. Denn die so wichtigen Ökosysteme Kolumbiens sind bedroht.

Der bewaffnete Konflikt, den das Land seit mehr als 50 Jahren erlebt, dauert trotz des Friedensprozesses noch immer an: Strukturelle soziale Ungleichheit, sozio-ökonomische Konflikte, Drogenhandel und Korruption treiben die Entwaldung in Kolumbien voran.

Die unterfinanzierte und mangelhafte Verwaltung, die oft die Rechte und Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften missachtet, kann die Nationalparks nicht ausreichend schützen.

Soziale Teilhabe und Friedenssicherung

Mehr Rechte und Sicherheit für die Indigenen Kolumbiens © WWF Kolumbien
Mehr Rechte und Sicherheit für die Indigenen Kolumbiens © WWF Kolumbien

Genau hier setzt HeCo an und stellt die lokalen Gemeinschaften und indigenen Völker in den Mittelpunkt der Schutzbemühungen: Soziale Inklusion, Teilhabe und Friedenssicherung sind zentraler Teil des Vorhabens

Drei große Ziele hat das Projekt: Erstens soll in den bereits bestehenden Nationalparks das Management deutlich verbessert werden.

Zweitens sollen auf mehr als 17 Millionen Hektar neue oder erweiterte Schutzgebiete im Herzen der Amazonasregion, in den zentralen Anden, am Orinoco und an der Karibikküste gesichert werden.

Und drittens sollen Biodiversitätskorridore zwischen Schutzgebieten und indigenen Territorien entstehen und nachhaltige Landnutzungsmosaike geschaffen werden. 280.000 Menschen sollen in diesen Landschaften ein besseres Einkommen erwirtschaften und in Würde leben können.

 

„Die Partner von HeCo verpflichten sich, das Schutzgebietssystem in Kolumbien zu stärken, um zum Wohlergehen der lokalen Gemeinschaften beizutragen und die reiche Biodiversität unseres Landes für zukünftige Generationen zu erhalten“.

Sandra Valenzuela, Chefin des WWF Kolumbien

Schutz der Ökosysteme ist von globaler Bedeutung

Dafür bringen die kolumbianische Regierung, der WWF und zahlreiche nationale und internationale Geldgeber:innen 245 Millionen US-Dollar auf – auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) beteiligt sich über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an dem Programm.

Denn die Ökosysteme des Anden-Amazonas-Raums sind nicht nur für Kolumbien, sondern auch für die globalen Biodiversitäts- und Klimaziele von entscheidender Bedeutung.

Innovatives Finanzierungsmodell sorgt für langfristigen Schutz

Auch Papageien gehören zu der reichen Biodiversität in Kolumbien © WWF Kolumbien
Auch Papageien gehören zu der reichen Biodiversität in Kolumbien © WWF Kolumbien

Dass die ambitionierten Ziele von HeCo erreicht werden, dafür sorgt das innovative Finanzierungsmodell „Project Finance for Permanence“ (PFP). Dieser Ansatz sieht vor, dass nicht nur die politischen, rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für ein erfolgreiche Umsetzung des Projekts von Beginn an erfüllt sein müssen. Auch die gesamte Finanzierung von 245 Millionen US-Dollar ist von Anfang an gewährleistet und wird gemäß dem vereinbarten Finanzplan Schritt für Schritt freigegeben.

Über die Jahre übernimmt der kolumbianische Staat einen immer größeren Anteil der Kosten, um schließlich 100 Prozent des Programms zu finanzieren. Insgesamt bringt der kolumbianische Staat 128 Millionen US-Dollar auf, die Partner tragen 116 Millionen US-Dollar bei.

Vorbildcharakter für andere Länder

„Herencia Colombia nutzt Project Finance for Permanence als innovativen Finanzierungsmechanismus, der den Privatsektor, internationale Organisationen, die Zivilgesellschaft und die kolumbianische Regierung zusammenbringt, um das Naturkapital auf Dauer zu erhalten“, fasst Sandra Valenzuela zusammen.

Damit stellt HeCo nicht nur den langfristigen Schutz wichtiger Ökosysteme in Kolumbien sicher, es trägt auch zu den 17 globalen nachhaltigen Entwicklungszielen bei, die die Vereinten Nationen in der Agenda 2030 formuliert haben. Und nicht zuletzt dient das Projekt als Vorbild für viele andere Länder.

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