Ein Unternehmen gründen, eine Konzession erwerben und einen Regenwald nachhaltig bewirtschaften – auf Sumatra geht der WWF mit Partnern ganz neue Wege, um die biologische Vielfalt zu retten.

Wer auf Sumatra Regenwald sehen will, braucht Zeit und Geduld. Von der Provinzhauptstadt Jambi aus dauert es rund acht Stunden Autofahrt durch schier endlose Plantagen aus Kautschukbäumen, Akazien und Ölpalmen, bis man ein großes bewachtes Tor passieren kann: Den Eingang nach Bukit Tigapuluh – einer der letzten Regenwaldinseln auf Sumatra. Bukit Tigapuluh bedeutet 30 Berge und ist mit rund 400.000 Hektar – das ist größer als Mallorca – der größte zusammenhängende Tieflandregenwald auf Sumatra. Und eine der wenigen Regionen, in denen Elefanten, Tiger und Orang-Utans gemeinsam vorkommen. Etwa 130 Elefanten, 150 Orang-Utans und 30 Sumatra-Tiger leben dort.

Mit Palmöl begann die Waldvernichtung

Die Vernichtung des Regenwaldes auf Sumatra begann 1985. Damals wurden die ersten Ölpalmenplantagen angelegt. Rasch breiteten sie sich über fast die ganze Insel aus. Denn immer mehr Palmöl wird als Naturfett in immer mehr Produkten eingesetzt – vom Eis bis zum Lippenstift.

Bald darauf wurde Regenwald auch für die Gewinnung von Papier und Zellstoff gerodet. Der Kohlebergbau folgte. Entsprechend drastisch schrumpfte Sumatras Waldbedeckung: Zwischen 1985 und 2014 von 58 auf 26 Prozent.

Lizenz zum Schützen

Orang-Utan in Bukit Tigapuluh © Neil Ever Osborne / WWF-US
Orang-Utan in Bukit Tigapuluh © Neil Ever Osborne / WWF-US

Mitte der neunziger Jahre konnten der WWF und andere Nichtregierungsorganisationen Indonesiens Regierung davon überzeugen, den Nationalpark Bukit Tigapuluh einzurichten. Wichtige Lebensräume für Wildtiere und Pflanzen liegen jedoch auch in den wertvollen Naturwäldern außerhalb des Parks. Elefanten oder Orang-Utans nutzen vor allem den an den Randgebieten des Parks angrenzenden Tieflandregenwald.

Genau dort wollte der Papierriese Asia Pulp Paper (APP) das Lizenzrecht zum Kahlschlag erwerben. Um dieses Vorhaben zu stoppen, gab es nur einen Weg, erinnert sich Nachhaltigkeitsexperte Aditya Bayunanda von WWF Indonesien: „Für dieses Land um den Nationalpark herum ebenfalls eine Konzession zu beantragen – allerdings eine zur Restaurierung des Ökosystems.

So eine „Ecosystem Restoration Concession” (ERC) hatte Indonesiens Regierung 2007 erstmalig vergeben – als Werkzeug gegen Entwaldung. Allerdings dürfen nur Wirtschaftsunternehmen die 60 Jahre andauernde Lizenz erwerben – und müssen sie bei Erhalt bezahlen.

Gemeinsam stark

Für Naturschutzorganisationen eine unüberwindliche Hürde – eigentlich. Doch gemeinsam gelang ihnen das Unmögliche: Der WWF und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) schlossen sich zusammen und gründeten die Firma PT Alam Bukit Tigapuluh (PT ABT), die sich neben APP ebenfalls um die Konzession für den Tieflandregenwald um Bukit Tigapuluh bewarb. Den Aufbau und das Management des Konzessionsunternehmens unterstützte das Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative über die KfW-Entwicklungsbank.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit APP begann. „Schließlich starteten wir eine Kampagne über das, was APP tat“, erzählt Aditya Bayunanda. „APP zog daraufhin seinen Antrag zurück und 2015 hatten wir die Managementrechte.“ PT ABT wiederum, das von den Umweltstiftungen gegründete Unternehmen, sicherte auf diese Weise fast 39.000 Hektar Tieflandregenwald um den Nationalpark herum vor der Vernichtung.

Wildtierschutzkorridor

Allerdings hatte der Deal einen Haken: Das ABT-Konzessionsgebiet besteht aus zwei Waldblöcken, die durch ein weiteres Konzessionsgebiet getrennt sind. Dieses wird von dem französischen Kautschukkonzern Michelin und dem indonesischen Petrochemieunternehmen Barito Pacific gemanagt. Es besteht aus einer Kautschukplantage und noch wenigen Waldresten. Für große Tiere wie Elefanten, die dieses Gebiet auf der Suche nach Nahrung durchstreifen, bedeutet das ein großes Risiko, bei Zusammenstößen mit Menschen getötet zu werden. Doch es gibt Hoffnung. Michelin und Barito Pacific haben mit dem WWF einen Wildtierschutzkorridor vereinbart, der beide PT ABT-Waldblöcke verbindet.

Neue Wirtschaftswege gehen

ABT Schutz-Team © Neil Ever Osborne / WWF-US
ABT Schutz-Team © Neil Ever Osborne / WWF-US

Darüber hinaus wollen der WWF und seine Partner das Konzessionsunternehmen und lokale Gemeinden dabei unterstützen, Waren aus nachhaltiger Bewirtschaftung zu produzieren – von Honig, Drachenblut (Naturharz) und Vanille über traditionelle Handarbeiten bis zu Rattanmöbeln. Auf diese Weise können mittelfristig sowohl die Managementkosten für die Konzession finanziert werden als auch in lokalen Gemeinden alternative Einkommensmöglichkeiten und neue Jobs entstehen, die den Menschen dort ein Auskommen sichern.

Bis es soweit ist, muss PT ABT den Wald vor illegaler Abholzung schützen. Trotz der Konzession kein leichtes Unterfangen. „Doch um Bukit Tigapuluh  mit seinen letzten Sumatratigern, Elefanten und Orang-Utans zu retten und zugleich den indigenen Völkern dort eine Zukunft zu geben, ist es den Aufwand allemal wert“, sagt Carola Wehr, Indonesien-Referentin beim WWF Deutschland.

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