Sie beide stehen sinnbildlich für den Kontinent Afrika: die mächtigen Affenbrotbäume und imposante Elefanten. Beide teilen sich denselben Lebensraum. Und sie profitieren voneinander. Eigentlich. Klimatische Veränderungen führen dazu, dass Elefanten die Bäume vermehrt als Wasserquelle nutzen und die Baumriesen damit gefährlich schädigen. Doch der WWF findet gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung Wege aus dem Dilemma.

Elefanten schützen oder Baobab-Bäume? Es ist eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist. Denn beide Arten sind miteinander verbunden – so wie es in einem gesunden Ökosystem üblich ist.

Was aber, wenn das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerät und die eine Art der anderen unbeabsichtigt schadet? Wen schützt man dann? Elefanten oder Bäume? Diese schwierige Frage stellen sich die Menschen im Nyae-Nyae-Naturschutzgebiet in Namibia. Und die Antwort liegt auf der Hand: Wir müssen beide schützen!

Baobab-Bäume sind von ökologischem und kulturellem Wert

Ein mächtiger Baobab-Baum in der Savanne © IMAGO / Zoonar
Ein mächtiger Baobab-Baum in der Savanne 708720646 © IMAGO / Zoonar

Baobabs – auch Affenbrotbäume genannt – gehören zu den bekanntesten Bäumen Afrikas. Es sind typische Bäume der Trockensavanne, die zwischen 10 und 20 Meter hoch werden. Die imposanten Bäume haben für die Menschen in Afrika einen hohen kulturellen Wert. In ihrem Schatten finden Märkte und Versammlungen statt und ihre Blätter, Früchte und Samen liefern Nahrung.

Wie die in Deutschland heimischen Bäume verliert auch der Affenbrotbaum von Zeit zu Zeit seine Blätter. Seine Krone erinnert dann an ein Wurzelwerk. Wegen seines markanten Aussehens ranken sich viele Legenden um den Baum. Eine besagt, dass der Teufel den Baum ausriss und umgekehrt wieder in die Erde steckte. Eine andere besagt, dass der Baum der schönste aller Bäume werden wollte – und als ihm dies nicht gelang, steckte er seinen Kopf in die Erde und seine Wurzeln zeigten in den Himmel.

Rekordverdächtige Bäume

Besonders charakteristisch für die Baobab-Bäume ist ihr mächtiger, oft flaschenförmiger Stamm, der einen Umfang von bis zu 30 Metern erreichen kann. Die Rinde der Bäume wird bis zu zehn Zentimeter dick – so überstehen sie selbst kleinere Buschbrände relativ unbeschadet. Der dicke Stamm hat für die Bäume eine wichtige Funktion: Er dient als Wasserspeicher. Während der Regenzeit nehmen die Bäume in ihren Fasern bis zu 136.000 Liter Wasser auf und speichern es für die Trockenzeit. 

Und noch einen Superlativ erfüllen Affenbrotbäume: Sie werden sehr alt. Da sie keine ausgeprägten Jahresringe haben, wird ihr Alter mit der Radiokarbonmethode bestimmt. Der älteste Baobab („Panke“) wurde auf 2.429 Jahre bestimmt. Der derzeit älteste weitgehend intakte Affenbrotbaum ist der Humani Bedford Old Baobab in Simbabwe mit einem geschätzten Alter von 1.800 Jahren. In der Regel werden jedoch nur wenige Affenbrotbäume älter als 400 Jahre.

Wie werden Elefanten zur Gefahr für die Baobab-Bäume?

Afrikanische Savannenelefanten in KAZA © Will Burrard-Lucas / WWF-US
Afrikanische Savannenelefanten in KAZA © Will Burrard-Lucas / WWF-US

Einer der größten Naturschutzerfolge in KAZA ist der Schutz und das Wachstum der bemerkenswerten Elefantenpopulation in der Region. In einem Teil des 519.912 Quadratkilometer großen Schutzgebietsnetzwerks wurden im Jahr 2022 fast 227.900 Elefanten gezählt.

Die grauen Riesen sind eine Schlüsselart und für die Biodiversität in der Region von entscheidender Bedeutung – auch für die Baobab-Bäume, denn die Elefanten fressen unter anderem deren Früchte und verbreiten so die Samen der Bäume. Doch in Dürrejahren zeigt sich das Dilemma des Naturschutzes: In schwierigen Situationen kann es passieren, dass eine Art unbeabsichtigt der anderen schadet.

So wie im Nyae-Nyae-Naturschutzgebiet: Die anhaltende Trockenheit hat dazu geführt, dass Elefanten immer mehr der uralten Baobab-Bäume beschädigen. Die Tiere wollen an das im Stamm gespeicherte Wasser und nutzen auch die Nährstoffe in der inneren Rinde und im Holz. Dieses Verhalten zeigen Elefanten auch in normalen Jahren, doch die Dürre verschärft das Problem. Die Elefanten finden keine Wasserlöcher mehr und wenden sich vermehrt den Bäumen zu.

Für die Bäume ist das fatal. Gelegentliche Schäden können sie zwar verkraften, aber eine Übernutzung in Zeiten großer Trockenheit und Wassermangels kann dazu führen, dass sie sich nicht mehr erholen und absterben. Und die Prognosen sind düster: Durch die Klimakrise werden Dauer und Häufigkeit von Dürren zunehmen.

Bäume schützen – und Elefanten

Elefantengruppe © Will Burrard-Lucas / WWF-US
Elefantengruppe © Will Burrard-Lucas / WWF-US

Im Nya-Nyae-Naturschutzgebiet hat man sich entschlossen, beiden Arten zu helfen. Mit Unterstützung des WWF wurde in einem ersten Schritt das Ausmaß der Schäden an den Bäumen analysiert. Gleichzeitig arbeitet das namibische Ministerium für Umwelt, Forsten und Tourismus gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung daran, große Steine um die Basis der Baobabs zu legen, um weitere Schäden an den Bäumen zu verhindern.

Konkret könnte auch das Anlegen künstlicher Wasserquellen, den Druck auf die Baobabs zu verringern. Auch das Entfernen von Zäunen ist ein Baustein im Management der Elefantenpopulation, was helfen könnte Bäume und Elefanten bestmöglich zu schützen. Denn wenn die Elefanten ungehindert wandern können, verteilen sie sich, die Elefantendichte sinkt und der Druck auf die Affenbrotbäume nimmt ab.

Das Dilemma im Nyae-Nyae-Naturschutzgebiet zeigt, wie wichtig ein ganzheitlicher Naturschutzansatz ist. Ein Ansatz, der die komplexen Beziehungen zwischen einzelnen Arten und dem restlichen Ökosystem berücksichtigt und den Druck von einzelnen Arten nimmt.

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