Zwei Jahre lang besuchte Youland die nationale Forstwirtschaftsschule in Mbalmayo. Nebenbei arbeitete sie in einem Bekleidungsgeschäft, um ihr Studium zu finanzieren und schloss es mit einer anspruchsvollen Prüfung ab - von 5.000 Kandidatinnen und Kandidaten bestanden nur 20, darunter auch Youland. Seit Anfang 2024 arbeitet sie im Lobéké-Nationalpark (LNP).
Er ist ein Naturwunder, einzigartig und bedroht: der Lobéké-Nationalpark im Südosten Kameruns. Auf einer Fläche von 217.854 Hektar leben unter anderem Menschenaffen und Waldelefanten. Hier arbeitet Youland Mbulla als Rangerin. Eine Arbeit, die dringend gebraucht wird, denn die größte Bedrohung für die Arten im Lobéké-Nationalpark ist weiterhin die Wilderei. Im Interview erzählt die 26-Jährige von ihrer Arbeit und den Herausforderungen, denen sie dabei begegnet.
Youland im Interview:
Wolltest du schon immer im Naturschutz arbeiten?
„Rangerin zu sein war nicht schon immer mein Wunsch. Früher hatte ich ein Geschäft und wusste nicht viel über Naturschutz. Im Jahr 2020 hat mir mein Onkel davon erzählt und mir vorgeschlagen, in diesem Bereich zu arbeiten. Er wusste, dass ich gerne in der Natur bin. Er war es also, der mich motiviert hat, mich zur Rangerin ausbilden zu lassen.“
Wie hast du deinen ersten Einsatz im Lobéké-Nationalpark in Erinnerung?
„Bei meinem ersten Einsatz im Lobéké-Nationalpark habe ich zum ersten Mal wilde Tiere gesehen – Elefanten, Büffel und Gorillas in echt! Das war unglaublich, denn bis dahin kannte ich sie nur aus Dokumentationen. Ich habe sie hautnah erlebt, habe Elefanten gesehen, die ihre Jungen beschützen und Gorillas, die ihren Nachwuchs wie Menschen tragen - das war unglaublich. Ich liebe meine Arbeit, ich liebe die Natur, die Stille des Waldes und dass ich dazu beitragen kann, die Artenvielfalt unseres Landes zu schützen.“

Was sind die wichtigsten Aspekte deiner Arbeit?
„Am wichtigsten ist die Arbeit im Feld - also die Patrouillen, das Biomonitoring und unsere Arbeit gegen die Wilderei. Bevor wir auf Patrouille gehen, besprechen wir unser Vorgehen im Hauptquartier. Unser Vorgesetzter zeigt uns auf einer Karte verschiedene Punkte, die wir kontrollieren sollen und weist uns auf Gebiete hin, in denen wir wegen Wilderern besonders wachsam sein müssen. Eine Patrouille dauert in der Regel 10 bis 15 Tage und findet zweimal im Monat statt. Pro Tag legen wir etwa 12 Kilometer zu Fuß zurück und schlagen dann unser Lager auf. Während der Patrouillen achten wir auch besonders auf ungewöhnliche Tiergeräusche – zum Beispiel von Tieren, die in Fallen geraten sind.“
„Neben der Arbeit im Schutzgebiet haben wir einmal im Monat eine Besprechung in der Zentrale. Da treffen sich alle Ecoguards und auch der WWF ist dabei. Wir besprechen, was gemacht wurde, ob die Ziele der Patrouillen, des Biomonitorings und des Ökotourismus erreicht wurden. Manchmal gibt es auch Workshops, zum Beispiel zum Thema Menschenrechte.“

Diese Patrouillen sind doch mitunter bestimmt gefährlich?
„Gefährlich sind vor allem die Wilderer mit ihren Gewehren und die illegalen Goldschürfer, die oft mit Messern und Macheten bewaffnet sind. Bei einer unserer Patrouillen an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik hörten wir Schüsse. Es war Regenzeit und das Gelände sehr sumpfig. Teilweise standen wir bis zum Hals im Wasser. Wir mussten unser ganzes Gepäck auf dem Kopf tragen. Die einzige Straße, die wir auf dem GPS erkennen konnten, führte in die Richtung der Schüsse. Schließlich entdeckten wir einige Lager von Wilderern, doch sie waren bereits verschwunden. Zum Glück haben sie nicht auf uns geschossen.“
Gab es auch schon gefährliche Situationen mit Wildtieren?
„Ja, auch Wildtiere können uns Menschen gefährlich werden. Einmal haben wir zum Beispiel einen verletzten Schimpansen entdeckt. Er hatte eine Drahtschlinge um sein Bein und saß auf einem Baum. Wir wollten ihm helfen und versuchten, ihn zu beruhigen, aber er schrie und wir wichen zurück, weil wir Angst hatten, gebissen zu werden. Mit einem Stock gelang es uns schließlich, den Draht aus sicherer Entfernung zu entfernen. Der Schimpanse war verletzt, konnte aber entkommen. Die ganze Aktion dauerte fast eine Stunde.“
„Ein anderes Mal hatten wir eine Begegnung mit einer Elefantenkuh, die gerade ein Kalb hatte. Wir hatten nicht bemerkt, dass es ein Elefant war. Er war gerade am Fressen und sah aus der Ferne wie ein Baum aus. Als wir näher kamen, bemerkte er uns, drehte sich um und wollte uns angreifen. Wir rannten um unser Leben und suchten Schutz. Der Leiter der Patrouille schoss schließlich in die Luft, um den Elefanten zu vertreiben.“

Welche Bereiche gehören noch zu deinen Aufgaben als Ecoguard?
„Zu meiner Arbeit gehört auch die Arbeit im Tourismus. Wenn Tourist:innen da sind, um die Natur zu genießen, die verschiedenen Tiere zu sehen und mehr über ihre Lebensweise zu erfahren, gehen wir mit ihnen in den Wald. Das sind nicht nur ausländische Tourist:innen, auch Landsleute, vor allem Student:innen, kommen oft, um mehr über Lobéké zu lernen. Einmal kam eine ältere Dame aus Europa, der ich erklärt habe, wie sich die Tiere verhalten, wie wir als Besucher:innen uns verhalten sollten, wenn wir auf Wildtiere treffen. Zum Beispiel, dass man einen Gorilla riechen kann, bevor man ihn sieht. Es hat ihr sichtlich Spaß gemacht, etwas über die verschiedenen Tier- und Pflanzenarten in Lobéké zu lernen. Zu sehen, wie sehr sie die Zeit hier genießt, hat mich sehr glücklich gemacht.“
Wie ist es als Frau mit überwiegend Männern zusammenzuarbeiten?
„Die Arbeit mit in einer überwiegend männlichen Gruppe ist super. Ich bin sehr gut integriert. Ich lerne von meinen Kollegen, den Ecoguards und von den WWF-Mitarbeitern, die mit uns zusammenarbeiten. Sie haben eine Vision, sie wissen, was sie wollen, sie erklären viel und sie haben mir nie das Gefühl gegeben, dass ich etwas nicht schaffe. Sie ermutigen mich. Ich arbeite gerne mit Männern zusammen, weil einige von ihnen bescheiden sind, wenn sie diese Art Arbeit machen.“

Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen?
„Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung ist oft schwierig. Das liegt vor allem an der Sprachbarriere. Viele sprechen weder Englisch noch Französisch, sondern eine lokale Sprache, die auch ich nicht spreche. Inzwischen habe ich aber ein paar Worte gelernt, denn ohne ein gutes Verhältnis zur lokalen Bevölkerung geht es nicht. Beim Naturschutz geht es nicht nur um den Schutz des Waldes, sondern auch um den Schutz der Gemeinden, die in und von ihm leben.“
„Ganz konkret ist es auch die oft fehlende Ausrüstung für die Feldarbeit: Es fehlen Fahrzeuge, unsere GPS-Geräte sind teilweise veraltet. Auch die Zelte für die Übernachtungen im Wald sind teilweise von schlechter Qualität. Einmal war mein Zelt vom Regen völlig durchnässt. Aber wir bekommen bald neue Ausrüstung – auch dank der Unterstützung des WWF.“
„Und generell ist die Arbeit im Feld einfach anstrengend: Wir tragen ein sieben Kilogramm schweres Gewehr - unsere wichtigste Verteidigung gegen Wilderer - und einen Rucksack mit Zelt, Essen und Kleidung für die Zeit der Patrouille. Trotz der Anstrengung ist es eine gute Erfahrung. Zu Beginn hatte ich Angst, aber ich habe gemerkt, dass es in Ordnung ist, dass es ruhig ist im Wald. Und so habe ich zurück im Hauptquartier gleich nach der nächsten Patrouille gefragt.“
Was wünscht du dir für das Projekt?
„Ich wünsche mir, dass wir im Kampf gegen die Wilderei stark bleiben. Ich wünsche mir mehr Zusammenarbeit mit den lokalen Gemeinden und mehr Ausbildungsmöglichkeiten für die Menschen hier. Ich möchte auch in anderen Nationalparks arbeiten. Vor allem aber wünsche ich mir mehr Partner:innen, die uns finanziell unterstützen.“
Ihre Spende hilft
Ranger:innen wie Youland Mbulla arbeiten an vorderster Front im Naturschutz. Weltweit schützen sie 15 Prozent der Land- und sieben Prozent der Wasserfläche. 47 Millionen Quadratkilometer insgesamt. Kurz: sie sind das Rückgrat zur Bewahrung unserer Artenvielfalt, Ökosysteme und natürlichen Ressourcen und damit ganz grundlegend unverzichtbar für uns und unseren Planeten.
Der WWF hilft Ranger:innen in Projekten auf der ganzen Welt, bildet aus, organisiert Ausrüstung, errichtet Ranger:innen-Stationen. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns dabei.
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