Das WWF-Projekt zur Reduzierung des von Touristen verursachten Mülleintrags auf der Insel Phu Quoc ist ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung der Plastikflut in Vietnam. Im Gespräch mit Nguyen Thi Dieu Thuy, Plastic Program Director beim WWF Vietnam.

Der WWF organisiert Workshops und Schulungen mit Müllsammler:innen und Haushalten, um ein Mülltrennungssystem einzuführen. Zeigen sich bereits Erfolge?

Nguyen Thi Dieu Thuy vom WWF Vietnam © WWF Vietnam
Nguyen Thi Dieu Thuy vom WWF Vietnam © WWF Vietnam

Nguyen Thi Dieu Thuy: „Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche Privatpersonen geschult ihren Haushaltsmüll dort zu trennen, wo er entsteht. Die einzelnen Müllfraktionen werden anschließend auch getrennt gesammelt und abgefahren. Diese getrennte Müllsammlung wird teilweise durch die Abfallgebühr und durch finanzielle Unterstützung des WWF gezahlt. Anfangs beteiligten sich 30 Haushalte an dem Projekt. Alle Anstrengungen haben sich gelohnt, da die teilnehmenden Haushalte ihre Entsorgung geändert haben.

Wir konnten bislang bereits 3,1 Tonnen Plastikeintrag in die Natur verhindern. Die Haushalte wurden darin geschult ihren organischen Abfall separat zu trennen. Dies führte dazu, dass von den ursprünglich 60 Prozent organischem Müll, der sich im Restmüll befand, nach sechs Monaten Projektphase nur noch circa 20 Prozent organischer Müll enthalten sind. Der übrige organische Müll enthält nun nur noch harte Muschelschalen oder Kokosnüsse, die nicht von Nutztieren gefressen oder zu Kompost verarbeitet werden können.“

Was ist das größte Problem bei der Lösung der Plastikflut?

Nguyen Thi Dieu Thuy: „Die getrennte Müllsammlung ist ein relativ neuer Ansatz in Vietnam. Der institutionelle Rahmen für die getrennte Entsorgung fester Abfälle ist erst ab Januar 2022 legal geregelt. Obwohl die lokale Umweltschutzbehörde als zentrale Anlaufstelle für die Zusammenarbeit innerhalb des Projekts und die Kooperation mit dem Volkskomitee zur Umsetzung des Müll-Aktionsplans beauftragt wurde, scheint die Behörde nur begrenzt in der Lage, diese Aufgaben umzusetzen.

Das Projekt hat erste Aktivitäten in der gemeindebasierten Müllsammlung, zum Engagement von Privathaushalten und zum Umgang mit organischen Abfällen vor Ort angeregt. Da es von Seiten der politischen Entscheidungsträger noch kein klares Mandat für die getrennte Müllsammlung gibt, hält sich das Interesse der Behörden an der Weiterführung der Maßnahmen in Grenzen. Das Projektteam benötigt mehr Zeit und Aufwand, um Entscheidungsträger zu erreichen, um das Pilotprojekt auf eine größere Anzahl Haushalte bzw. die ganze Stadt auszuweiten.“

„Es braucht maßgeschneiderte Lösungen, um der Menge der anfallenden Kunststoffabfälle Herr zu werden.“

Nguyen Thi Dieu Thuy, Plastic Program Director WWF-Vietnam

Was muss sonst noch getan werden, um das Müllproblem in den Griff zu bekommen?

Nguyen Thi Dieu Thuy: „Zur Lösung des Problems braucht es neben dem politischen Willen zur Umsetzung eines modernen Abfallwirtschaftskonzept auch hohe Investitionen in die Infrastruktur der Abfallwirtschaft.

Phu Quoc hat mit seinen 170.000 Einwohner die Größe einer mittelgroßen Stadt. Die Menge an Hausmüll beträgt etwa 200 Tonnen pro Tag, von denen mehr als 30 Tonnen aus Kunststoff bestehen. Das ist so viel, dass das Abfallproblem nicht kurzfristig gelöst werden kann. Neben der Umsetzung von klaren Vermeidungsstrategien von Einwegverpackungen und -produkten, sollten maßgeschneiderte Lösungen (Recyclinganlagen, etc.) propagiert werden, um der Menge der anfallenden Kunststoffabfälle Herr zu werden.

Das Sammelsystem hängt vollständig von der öffentlichen Hand ab, bei der die personellen und finanziellen Ressourcen begrenzt sind. Es gibt noch keinen Mechanismus, um den privaten Sektor oder die Gemeinschaft dazu zu bewegen, sich zu beteiligen, um die Sammelrate zu erhöhen, insbesondere für abgelegenere Gebiete. Während sich das Wissen innerhalb der Bevölkerung über öffentliche Kommunikationsaktivitäten steigern lässt, dauert es deutlich länger, auch das tatsächliche Verhalten zu ändern – es sei denn, die lokale Regierung würde die Einhaltung der Gesetze und die Verwendung von Mehrweg-Verpackungen stärker voran treiben.“

Auf einer Skala von 1-10: Wo sehen Sie Phu Quoc heute, 3 Jahre nach der Einführung des Pilotprojekts des WWF?

Nguyen Thi Dieu Thuy: „Auf einer Skala von 1-10 ist Phu Quoc heute auf einer 3. Zu Beginn des WWF-Projekts war es das allererste Mal für die lokale Regierung und die Bevölkerung sich mit dem Thema Plastikmüll näher zu beschäftigen. Der WWF hat es geschafft, dass sich die Regierung in den Initiativen zur Plastikmüllvermeidung engagiert und einen Aktionsplan veröffentlicht hat sowie erste konkrete Maßnahmen gegen den Plastikmüll ergriffen hat. Einige führende Unternehmen und Gemeinden zeigen ihre Aufmerksamkeit für das Thema und sind bereit, sich der Regierung und dem WWF auf dem Weg raus aus dem Plastikmüll anzuschließen.

Die Umsetzung vor Ort ist jedoch viel langsamer als die Planung, da die Regierung weder genug Eigenverantwortung noch aktive Koordination übernimmt. Darüber hinaus hat Korruption, Vetternwirtschaft und Missmanagement starke negative Auswirkungen auf die Umsetzung des Abfallwirtschaftsplans.“

Wie denken Sie über die Zukunft Phu Quocs?

Nguyen Thi Dieu Thuy: „Meiner Meinung nach ist es für den WWF eine ziemliche Herausforderung, kurzfristig eine signifikante Änderung innerhalb des gesamten Abfallmanagementsystems auf Phu Quoc sicherzustellen. Wie oben erwähnt muss die lokale Regierung neben all unseren Bemühungen innerhalb des Projekts mehr Ressourcen investieren, um das Managementsystem zu verbessern.“

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  • Phu Quoc (Vietnam) © Elizabeth Kemf / WWF Projekt Phu Quoc

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