In der kritischsten Phase der Covid-19-Pandemie bringt ein WWF-Projekt dringend benötigte medizinische Ausrüstung in den südlichen Teil des brasilianischen Bundesstaates Amazonas und hilft mehr als 24.000 Menschen, die in den indigenen Gemeinden im Regenwald leben, sich vor dem Corona-Virus zu schützen.

Corona-Katastrophe in Amazonien

„Das hier ist eine Taskforce und wir befinden uns im Krieg“, sagt Marizinha Baré, Projektmanagerin bei COIAB, einem Zusammenschluss der indigenen Organisationen des brasilianischen Amazonasgebiets. Marizinha Barés Wortwahl zeigt eindrücklich, wie dramatisch die Situation ist: In Brasilien sind bis Mitte Mai 2021 mehr als 430.000 Menschen dem Corona-Virus zum Opfer gefallen.

Besonders betroffen ist der Bundesstaat Amazonas. Bereits im Februar 2021 war dort die Anzahl der Menschen, die an Covid-19 gestorben sind, höher als die des ganzen vorangegangen Jahres. In Amazonas lebt ein Großteil der indigenen Bevölkerung Brasiliens und in keinem anderen Bundesstaat sind mehr Indigene an Covid-19 gestorben.

Intensivbetten gibt es nur in Manaus, der Hauptstadt von Amazonas – für die Menschen der indigenen Gemeinden, die abgeschieden inmitten des Regenwalds leben, unerreichbar weit entfernt! Und ob sie in Manaus Hilfe bekämen, ist mehr als ungewiss: Die Krankenhäuser dort arbeiten seit Monaten verzweifelt am Limit, es mangelt an Medikamenten und Sauerstoff, das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps und Menschen sterben, bevor sie in einem Krankenhaus behandelt werden können.

Von der Politik im Stich gelassen

Auf staatliche Hilfe und Unterstützung kann die indigene Bevölkerung nicht zählen. Die brasilianische Regierung leugnet nach wie vor die Gefährlichkeit des Corona-Virus und weigert sich, Schutzmaßnahmen zu beschließen. Politischer Wille, die Pandemie konsequent zu bekämpfen, ist nicht vorhanden und die Zahl der Corona-Infektionen steigt weiter. Die medizinischen Hilfsgüter des WWF-Projekts erreichten zwischen Dezember 2020 und März 2021 die indigenen Gemeinden also genau zum richtigen Zeitpunkt – und kommen dank der Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen wie COIAB da an, wo sie benötigt werden: Bei den Menschen vor Ort, damit sie sich selbst vor einer Infektion mit dem Virus schützen können.

Weit über 100.000 Schutzmasken, 8.800 Liter Desinfektionsmittel, hunderte Gesichtsschilde und Schutzanzüge, 89 Krankentragen, 120 Pulsoximeter und 160 digitale Infrarot-Thermometer wurden in fünf Regionen an die Grundversorgungseinheiten für Indigene und die sogenannten Casais verteilt, das sind lokale Gesundheitsstationen. Eine logistische Herausforderung, die ohne den unermüdlichen Einsatz zivilgesellschaftlicher Organisationen und indigener Zusammenschlüsse nicht zu stemmen gewesen wäre!

Einen nicht unbedeutenden Beitrag im Kampf gegen die Pandemie leisteten auch die Nahrungsmittel, die der WWF Brasilien an die indigene Bevölkerung verteilt hat: „Diese Lebensmittelpakete haben dafür gesorgt, dass die Menschen in einer äußerst kritischen Phase der Pandemie in ihren Dörfern geblieben sind“, berichtet Nilcileine Jacob de Oliveira. Sie ist überzeugt, dass dadurch viele Infektionen vermieden wurden. Überwunden ist die Krise jedoch noch nicht.

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Keine Chance den Fake News

Nilcileine Jacob de Oliveira ist technische Koordinatorin eines der Casai-Gesundheitsteams, die die Impfkampagne voranbringen sollen. Nicht einfach, wenn dies vom Präsidenten selbst hintertrieben wird! Die 46-jährige Krankenschwester arbeitet seit neun Jahren mit indigenen Gemeinden zusammen und ist in traditioneller Medizin ebenso geschult wie in westlicher. Ihre derzeitige Hauptaufgabe: Vorbehalte gegen das Vakzin abbauen und Falschinformationen entkräften. Nachdem inzwischen die ersten Impfungen durchgeführt wurden und keine unerwünschten Nebenwirkungen aufgetreten sind, können Gesundheitsbeauftragte wie Nilcileine Jacob de Oliveira immer mehr Menschen der indigenen Bevölkerung davon überzeugen, sich impfen zu lassen.

Den Schwächsten Gehör verschaffen

Insgesamt waren über 70 lokale Organisationen an dem WWF-Projekt beteiligt und haben den Menschen im südlichen Amazonas eine Stimme gegeben – der Bevölkerungsgruppe, die zu den ärmsten Brasiliens gehört und deren wirtschaftliche Situation sich durch die Pandemie weiter verschärft hat. Das Projekt hat den Menschen vor Ort gezeigt, dass sie sich auf Netzwerke wie COIAB verlassen können. Für den WWF und die Allianz für nachhaltige Entwicklung im Süden des Amazonas wiederum sind Partnerschaften mit regionalen Organisationen unabdingbar, um ein solches Projekt und zukünftige Naturschutzmaßnahmen im Amazonasgebiet umsetzen zu können.

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