Beim mehrtägigen „Freies-Land“-Protestcamp der Indigenen in Brasiliens Hauptstadt geht es im April 2023 unter anderem um die Anerkennung und den besseren Schutz indigener Territorien. Eines der wichtigsten Themen des Treffens, bei dem tausende Menschen aus dem ganzen Land zusammenkommen: Die Indigenen warnen vor den gravierenden Auswirkungen des illegalen Bergbaus in ihren Gebieten – die biologische Vielfalt stehe auf dem Spiel!

Der illegale Bergbau in den Gebieten der Indigenen hat dramatische Auswirkungen – so lautet der Grundtenor der Debatte zum Thema beim diesjährigen Protestcamp der Indigenen: Der Bergbau habe nicht nur dramatische Auswirkungen nur auf die biologische Vielfalt, sondern auch auf die Gesundheit der Menschen.

Ein ernstes soziales und ökologisches Problem

Goldmine im Amazonas © Edward Parker / WWF
Goldmine im Amazonas © Edward Parker / WWF

Das Problem hat alarmierende Ausmaße angenommen: Allein im Indigenen Territorium der Yanomami wurden im Jahr 2022 5.053 Hektar Land verwüstet, das ergab eine Untersuchung der HAY (Hutukara Associação Yanomami) in Zusammenarbeit mit dem ISA (Instituto Socioambiental).

Der Bergbau steht in engem Zusammenhang mit der zunehmenden Entwaldung, der Verunreinigung von Wasser und Fischen durch Quecksilber, der Verlandung von Flüssen, der illegalen Landbesetzung und der Zunahme von Gewalt im gesamten Amazonasgebiet.

In den indigenen Gebieten, in denen der Bergbau durch die Verfassung eigentlich ausdrücklich verboten ist, sind diese negativen Auswirkungen besonders gravierend: Das Quecksilber, das zur Trennung von Gold und Sedimenten verwendet wird, gefährdet die Gesundheit der Menschen und ihre Nahrungsgrundlage. Das Quecksilber bleibt im Fluss und reichert sich in den Fischen an, die wiederum von den Menschen gegessen werden.

Krankheiten und Gewalt

„Der dauerhafte Verbleib von Quecksilber im menschlichen Körper beeinträchtigt den gesamten Organismus, einschließlich des Gehirns, und bedroht vor allem schwangere Frauen und Kinder“, sagt Auricélia Arapium, Präsidentin des Coiab Deliberative Council und des CITA (Tapajós Arapiuns Indigenous Council). Die Abholzung der Wälder und die Verknappung traditioneller Nahrungsmittel, die damit einher geht, resultieren in weiterer Ernährungsunsicherheit.

Die Anwesenheit der Bergleute führe außerdem dazu, dass sich Krankheiten wie Malaria, Leishmaniose, Syphilis und Tuberkulose in den Gebieten ausbreiten. Immer wieder komme es auch vor, dass Konflikte eskalieren und schließlich zu Aggression und Mord führen.

Besonders Frauen seien betroffen: „Sie werden zur Arbeit in den Minen herangezogen und dort zur Prostitution gezwungen“, so Auricélia Arapium.

Alle Menschen der Region sind betroffen

Zwei junge Indigene protestieren für ihre Rechte © Edgar Kanaykõ / WWF Brazil
Zwei junge Indigene protestieren für ihre Rechte © Edgar Kanaykõ / WWF Brazil

Die Auswirkungen, die der illegale Bergbau hat, sind gravierend und betreffen alle Menschen der Amazonas-Region, nicht ausschließlich die Indigenen, das zeigen Studien des WWF Brasilien. Das bei der Goldgewinnung verwendete Quecksilber reichert sich in Fischen an: Die Untersuchungen ergaben, dass die am häufigsten verzehrten Fische in Amapá, einem Bundesstaat im Norden Brasiliens, am stärksten mit Quecksilber belastet sind. Und 75,6 Prozent der Bewohner der Stadt- und Flussufergebiete von Baixo Tapajós haben einen Quecksilbergehalt im Blut, der über dem von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegten Grenzwert liegt.

Indigene haben Angst um ihr Land

Eine indigene Teilnehmerin auf dem indigenen Protest Camp 2023 © Nay Jinknss © WWF Brazil
Eine indigene Teilnehmerin auf dem indigenen Protest Camp 2023 © Nay Jinknss © WWF Brazil

„Die Nähe zum illegalen Bergbau führt auch dazu, dass unsere jungen Leute von Alkohol und Drogen abhängig werden. Und sie erhöht die Gewalt, denn die Jugendlichen, die aus dem Bergbau fliehen und in ihre Dörfer zurückkehren wollen, werden oft getötet“, fügt Auricélia Arapium hinzu.

Auch Jorge Marubo, ein Anführer aus Vale do Javari, der Region, in der vergangenes Jahr der Indigene Bruno Pereira und der Journalist Dom Phillips ermordet wurden, zeigt sich besorgt: „Seit einigen Jahren wird in unserem Gebiet Bergbau betrieben – und es wird immer mehr. Wir sind beunruhigt, weil wir gesehen haben, was im Indigenen Gebiet der Yanomami passiert ist. Wir haben große Angst“, betonte er.

Auch Panh-ô Kayapó, ein indigener Anführer aus Pará appelliert an die Regierung, etwas zu tun: „Ich bin hierhergekommen, um um Hilfe zu bitten, denn es sind Bergleute auf unserem Land und das gefällt mir nicht“, sagt er. „Wir wollen gehört werden! Unser Land wird durch den Bergbau verwüstet! Es ist uns gelungen, einige Bergleute von unserem Land zu vertreiben. Doch es gibt noch mehr von ihnen. Wir wollen, dass sie gehen, damit unsere Kinder eine Zukunft haben.“

Wir müssen den Raubbau im Amazonas stoppen

Socorro Munduruku, eine Indigene aus Pará sagt an die Vertreter:innen des Ministeriums gerichtet, die ebenfalls bei der Debatte anwesend sind: „Helfen Sie uns, unser Land abzugrenzen – für unsere Kinder, unsere Enkelkinder!

Es ist an der Zeit, den illegalen Bergbau im Amazonas zu stoppen, weitere Indigene Territorien auszuweisen und Regenwald vor Abholzung zu schützen. Für die Menschen vor Ort. Und für den Planeten – denn der Schutz des Regenwaldes bedeutet auch Schutz für unser Klima.

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