Indigene Gruppen aus ganz Brasilien treffen sich derzeit in der Hauptstadt Brasilia zu einem mehrtägigen Protestcamp. Es ist die größte Demonstration der indigenen Völker Brasiliens, Tausende werden erwartet. Unter dem Motto „Die indigene Zukunft ist heute“ fordern sie den besseren Schutz ihrer Territorien und mehr Beteiligung an politischen Entscheidungen.

Zum 19. Mal findet im April 2023 das „Freies-Land-Camp“ statt, bei dem jährlich Indigene von mehr als 300 Ethnien aus dem ganzen Land zusammenkommen. Zentrales Thema sind auch in diesem Jahr die Rechte der indigenen Völker und die formale Anerkennung und der Schutz ihrer Territorien. Wichtige Themen nicht nur für die Indigenen selbst, sondern für die politische Agenda Brasiliens, für die Bekämpfung der Klimakrise und für das Überleben des Planeten.
Denn die indigenen und traditionellen Völker Brasiliens sind die wichtigsten Hüter des Regenwaldes. Ihre Territorien sind ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die Entwaldung im Amazonasgebiet, sie gehören zu den intaktesten Wäldern unseres Planeten: Nur 1,6 Prozent der Entwaldung zwischen 1985 und 2020 passierten in indigenen Gebieten. In den Jahren, in denen die Entwaldungsrate am stärksten zurückging – zwischen 2004 und 2012 wurde ein Rückgang von 83 Prozent verzeichnet – wurden unter anderem mehr als 100 indigene Territorien im Land ausgewiesen.
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen gesunden Wäldern und indigenen Territorien. Die Lebensweise der Indigenen im Einklang mit der Natur, ihr Respekt für ihre Umwelt und ihr über Jahrhunderte überliefertes Wissen über die lokalen Ökosysteme – all das schützt und erhält den Regenwald. Hinzu kommt, dass indigene Territorien unter besonderem Schutz stehen.
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Die Abholzung geht weiter

Doch die fortschreitende Zerstörung des Regenwalds bedroht immer mehr auch den Lebensraum der Indigenen und die Abholzung der Wälder ist die Hauptursache für Treibhausgasemissionen in Brasilien. Viele Territorien sind vom Staat noch nicht offiziell anerkannt. Die Hoffnung der Indigenen, dass sich das bald ändern könnte, ist groß. Denn zum ersten Mal in der Geschichte Brasiliens gibt es ein Ministerium für indigene Völker: Unter dem neuen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva wurde die Stammesführerin der Guajajaras, Sonia Guajajara, im Januar 2023 als erste Ministerin für indigene Völker vereidigt.
Es ist an der Zeit, weitere indigene Territorien auszuweisen und alle bestehende Territorien stärker zu schützen – eine der zentralen Forderungen der Indigenen bei der diesjährigen Protestwoche. Dreizehn indigene Territorien mit einer Fläche von mehr als 1,5 Millionen Hektar stehen kurz vor der Anerkennung durch den Staat und sollen zeitnah folgen. „Abgegrenzte und geschützte Territorien sind gleichbedeutend mit einem lebendigen Wald, mit dem Fortbestand des Waldes und mit dem Überleben der Menschheit“, sagt Marciely Ayap Tupari, Koordinatorin und Sekretärin der Koordination der indigenen Organisationen im brasilianischen Amazonasgebiet (Coiab).
Entscheidend für den Schutz der Wälder

„Wir waren uns schon immer der Bedeutung von Flora und Fauna für unsere Existenz, aber auch für den gesamten Planeten bewusst“, so Marciely Ayap Tupari. „In den vergangenen Jahren haben wir einen großen Rückschlag in Bezug auf unsere Rechte erlitten: Es wurde in unsere Gebiete eingedrungen und es wurden keine neuen indigenen Gebiete ausgewiesen. Heute hoffen wir, dass sich die Dinge bessern werden“, sagt sie.
Dabei seien die Abgrenzung und der Schutz weiterer Territorien mehr als eine Verpflichtung des brasilianischen Staats gegenüber den indigenen Völkern, sagt Marciely Ayap Tupari. „Es geht um das Überleben des Planeten, denn die am besten geschützten Gebiete sind die indigenen Gebiete –selbst diejenigen unserer Gebiete, die nicht offiziell ausgewiesen sind, werden weniger zerstört, weil wir sie selbst abgrenzen – das allein ist bereits Schutz vor Abholzung und Landraub. Doch erst die offizielle Abgrenzung ist die Garantie dafür, dass der Wald erhalten bleibt.“
Und so überbringen die Indigenen in dieser Woche bei ihren Protesten die starke Botschaft: Wir müssen indigene Territorien schützen, damit der Wald erhalten bleibt und wir die Klimakrise bekämpfen können.
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