Der WWF half, Seitengewässer an die Ammer anzubinden, und plante Renaturierungen, z.B. Deichrückverlegungen und Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit, die dann vom zuständigen Wasserwirtschaftsamt Weilheim umgesetzt wurden bzw. künftig noch werden (wie etwa am Peißenberger Wehr oder am Schnalzwehr). Zudem erarbeitete der WWF zusammen mit dem Tourismusverband Pfaffenwinkel Konzepte für einen naturverträglichen Naturgenuss an der Ammer und an den berühmten Schleierfällen.
Seit 2010 engagiert sich der WWF Deutschland in seinem Weilheimer Büro „Wildflüsse Alpen“ für den Gewässerschutz. Anfangs lag der Fokus auf der Ammer, einem der letzten noch weitgehend intakten nordalpinen Fließgewässer.
Für lebendige Flüsse in Bayern
Nicht alle Flüsse sind in einem weitgehend so naturnahen Zustand, wie die Ammer. Vielen Flüssen fehlt der Raum zur Ausbreitung in die Fläche. Sie wurden massiv begradigt und eingedeicht, ihr Lauf wird von vielen Querbauwerken behindert. Für Bayern erfasste das Landesamt für Umwelt knapp 57.000 Barrieren. 95 Prozent davon sind kleiner als zwei Meter hoch. Dennoch ist nur rund jede zehnte Barriere vollständig durchwanderbar für flussaufwärts schwimmende Fische. Rein rechnerisch findet sich den Auswertungen des WWF Deutschland zufolge alle 500 Meter eine Barriere in den bayerischen Flüssen (Details siehe WWF-Hintergrundpapier „Lasst den Flüssen ihren Lauf“). Nur 18 Prozent der bayerischen Flüsse gelten als ökologisch intakt (Stand: Dezember 2020).
Das wollen wir ändern. Wir haben nicht nur die gesetzliche Verpflichtung über die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, das Leben in die Flüsse zurückzubringen. Wir brauchen intakte Flüsse als Lebensadern der Natur und wichtige Erholungs- bzw. Naturerlebnisräume für den Menschen. Schon Hermann Hesse schrieb in Siddharta: „Der Fluss hat zu uns gesprochen, auch dir ist er ein Freund, auch zu dir spricht er. Der Fluss lehrte mir das Zuhören, auch du wirst es von ihm lernen.“
Beispiele aus Europa und den USA zeigen: Wer lebendige Flüsse zurückgewinnen will, der muss sich konsequent dafür einsetzen, Barrieren zu entfernen, damit das Wasser wieder ungehindert fließen kann und Flusslebensräume miteinander verbunden werden. Der WWF gründete 2015 mit sechs weiteren Organisationen die Initiative „Dam Removal Europe“, um europaweit den Rückbau von Wehren und anderen Querbauwerken voranzubringen. Es gilt, Erfahrungen und Know-how auszutauschen und die Barrieren in den Köpfen abzubauen. Zusammen mit Partnern organisierte der WWF Deutschland im Mai 2021 die virtuelle Online-Seminar-Reihe „Dam Removal goes Alps“. Im Herbst 2021 ermöglichte er durch Spendenmittel den Rückbau eines unnützen Wehres an der Baunach nördlich von Bamberg.
Seit Juli 2022 ist das Projekt „Lebendige Flüsse“ am Start, das von der Deutschen Postcode Lotterie mit dem Traumtaler dotiert wurde. Im Zeitraum von vier Jahren engagiert sich der WWF für den Schutz letzter Wildflusslandschaften an Isar und Tagliamento. Zudem führt er das Label „Gewässerperle PLUS“ in Bayern und Baden-Württemberg ein, mit dem naturnahe Flussstrecken und das Engagement der Menschen ausgezeichnet werden können. Im Rahmen des Wettbewerbs „Werden Sie Flussbefreier“ werden Querbauwerksrückbauten finanziert, die Erfahrungen ausgewertet und in Fachkreise eingespeist. Gleichzeitig wird über GIS-Analysen priorisiert, welche Rückbauten deutschlandweit den größten ökologischen Nutzen bringen und Kosten-Nutzen-effiziente Finanzierungsmodelle (Auktionen) für Renaturierungen erprobt.
Weitere Informationen
- Problematische (Klein-)Wasserkraftwerke
- Baunach – Aalgewässer mit Hürden
- WWF-Erlebnistour: Entschleunigung am Fluss
- WWF-Erlebnistour: Vom Wildfluss ins alpine Gebirge
Downloads