Majestätische Löwen, eindrucksvolle Elefanten und lässige Wildhunde – seit vielen Jahren schützt der WWF Wildtiere in Afrika. Im Herzen des südlichen Afrikas weitet der WWF nun erfolgreiche Ansätze auf neue Gemeinden aus. Die Devise dabei: Wenn es den Menschen vor Ort gut geht, sie von der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen profitieren und sich nicht von Wildtieren bedroht fühlen, können die Konflikte zwischen Mensch und Natur weniger werden.

Zuhause für bedrohte Wildtiere

Elefantengruppe in Namibia © Patrick Bentley / WWF-US
Elefantengruppe in KAZA © Patrick Bentley / WWF

Auf schieren 520.000 Quadratkilometern, eineinhalb mal so groß wie Deutschland, verteilt über die fünf Länder Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe liegt das Kavango-Zambesi-Schutzgebiets-Netzwerk (KAZA). Es ist Heimat für die Hälfte der afrikanischen Elefanten, ein Viertel aller afrikanischen Wildhunde und bis zu 3.000 Löwen. Daneben Büffel, Zebras, Antilopen und zahlreiche weitere Arten.

Für viele dieser Wildtiere ist es essentiell, wandern zu können: zur Nahrungs- und Wassersuche, für die Fortpflanzung oder die Aufzucht. Deshalb sind die Schutzgebiete und Nationalparks, die zu KAZA gehören, durch ökologische Korridore verbunden und machen sie zu einem einzigartigen Lebensraumgeflecht.

Menschen und Wildtiere geraten aneinander

Feld mit einem Elefantenzaun in KAZA © Brit Reichelt-Zolho / WWF
Feld mit einem Elefantenzaun in KAZA © Brit Reichelt-Zolho / WWF

Neben den Wildtieren leben rund zwei bis drei Millionen Menschen in der KAZA-Region. Insbesondere auf den Wildtierrouten und in den Pufferzonen um die Schutzgebiete herum kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Mensch und Tier. Schließlich sind die Routen nicht in Stein gemeißelt und die Menschen – die vor allem von der Landwirtschaft leben – dringen auf der Suche nach fruchtbarem Land in geschützte Gebiete vor, weil ihre Felder und Weiden durch nicht nachhaltige Bewirtschaftung ausgelaugt sind. So passiert es, dass Löwen die Rinder der Viehhirten reißen, Elefanten bäuerliche Ernten zertreten oder Wildtiere an die Brunnen der Menschen und Rinder gehen.

Innerhalb weniger Minuten kann so die Existenzgrundlage einer ganzen Familie zerstört sein – eine schlechte Grundlage für gemeinschaftlichen Wildtierschutz. Ohnehin haben die Menschen in der Region mit Armut und den Folgen des Klimawandels, wie Dürren, Wetterextreme und Wassermangel, zu kämpfen. Sie ringen um ihr eigenes Überleben und sind so vielerorts kaum in der Lage, sich für den Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume zu engagieren.

Für das Wildtierwohl nah an den Bedürfnissen der Menschen

Hier setzt das WWF-Projekt an: Geht es den Menschen besser, kann es auch den Wildtieren und der Natur besser gehen. Im Zuge des Ende 2021 gestarteten Projekts in Namibia, Sambia und Simbabwe erhalten Menschen Unterstützung, ihre Existenzgrundlagen zu sichern und diese schonend vor Wildtieren zu schützen.

Das Projekt baut auf dem auf, was wir gelernt haben“, sagt Brit Reichelt-Zolho, WWF-Expertin für das südliche und östliche Afrika. „Wir schulen Kleinbauernfamilien in agrarökologischem Anbau mit dem Ziel, nicht nur die Erträge zu erhöhen, sondern auch die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, sodass sie nicht ständig neue Felder erschließen müssen.“ Daneben lernen Viehzüchter:innen, wie sie ihre Tiere besser gesund halten und ihre Weideflächen verbessern. Bohrlöcher reduzieren Mensch-Wildtier-Konflikte da sie fern ab von Wildtieren eine alternative Tränke für Nutztiere darstellen „Unser Projekt kommt insgesamt 2.300 Kleinbauernfamilien und 225 Nutztierhaltenden im KAZA-Gebiet Namibias, Sambias und Simbabwes zugute. Dabei fördern wir ausschließlich Menschen, die ihre Felder und Weiden außerhalb der Schutzgebiete und Wildtierrouten haben.“

Schutz der Ernten und Nutztiere

Elektrozaungerät © Brit Reichelt-Zolho / WWF
Elektrozaungerät © Brit Reichelt-Zolho / WWF

Für den Schutz ihrer Lebensgrundlagen haben die Menschen in der KAZA-Region bereits viele kreative Ideen entwickelt, auf die die neuen Teilnehmenden zurückgreifen können.

Die WWF-Projekt-Verantwortliche Brit Reichelt-Zolho erinnert sich an einige Maßnahmen, die ihr Kleinbauern während ihrer Reise ins Projektgebiet im Sommer 2022 vorführten: „Um die Toleranz gegenüber Raubtieren in der Nachbarschaft zu erhöhen, bewähren sich unter anderem blickdichte Nutztierzäune, in denen Rinder nachts untergebracht werden. Löwen können sie zwar riechen, aber nicht sehen und greifen nicht an. Einfache Umzäunungen der Felder mit kostengünstigen solar- und batteriebetriebenen Elektrodrähten schaffen es, die Ernten vor Elefanten zu schützen. Gleichzeitig organisieren sich Freiwillige vor Ort als Löwenwächter:innen oder Wildhüter:innen, die in ihrer Gegend nach Wildtieren Ausschau halten. Kommen diese nah an die Gebiete der Menschen, schlagen die Freiwilligen Alarm, damit die Menschen ihre Felder oder Nutztiere schützen können. Um Elefanten schonend zu verscheuchen, sind Chili-Bomben beliebt. Dung von Elefanten wird mit Chili angereichert und dann als eimergroße „Bomben” um die Felder platziert und angezündet. Der beißende Geruch ist für Elefanten so unangenehm, dass sie Reißaus nehmen.“

Der WWF kombiniert diese Maßnahmen immer mit der Aufklärung der Menschen rund um den Schutz von Wildtieren und ihren Lebensräumen und arbeitet dabei häufig mit lokalen Organisationen zusammen.

Satellitenbilder helfen beim Wildtierschutz in KAZA

Vom Trockenwald bis zum kargen Weideland – auf Satellitenbildern ist deutlich zu erkennen, in welchem Zustand sich ein Stück Land befindet. Der WWF nutzt neben Befragungen der Bevölkerung deshalb auch die Satellitentechnik, um den Erfolg seiner Projekte in KAZA zu kontrollieren. Stichprobenartig prüfen Fachleute, ob sich die Flächennutzung an festgelegten Orten über die Projektlaufzeit ändert. Verlieren die Wildtiere Lebensraum, weil Menschen neue Weiden oder Felder in geschützten Gebieten erschließen? Oder können sich Areale erholen und wieder von der Natur erobert werden? Fragen, die die Expert:innen auch Tausende Kilometer weit weg, von Deutschland aus, beantworten können – ohne in die Natur vor Ort eingreifen zu müssen. Die Erfolgskontrolle ist für den WWF sehr wichtig, nicht nur um Projekte gegebenenfalls anzupassen, sondern auch um politisch Entscheidende und weitere Interessensgruppen fundiert informieren zu können. Mehr Informationen finden sie hier [englisch]

Stabile Lebensgrundlagen und Kooperationen für nachhaltige Wirkung

Ein Schild am Rande des Projektgebietes © Brit Reichelt-Zolho / WWF
Ein Schild am Rande des Projektgebietes © Brit Reichelt-Zolho / WWF

Maßnahmen zum Naturschutz mit Aktivitäten zur Existenzsicherung der Menschen zu kombinieren, hat sich als wirkungsvolle Vorgehensweise gezeigt, um wichtige Ziele besser zu erreichen“, sagt Brit Reichelt-Zolho. „Haben die Menschen ein sicheres Auskommen, müssen sie keinen Wald roden, um Landwirtschaft zu betreiben, in Schutzgebiete eindringen oder Wilderei betreiben.“

Damit die Teilnehmenden ihren Unterhalt langfristig sichern können, bauen sie mit Hilfe des WWF stabile Netzwerke und Kreisläufe auf. Sie organisieren sich beispielsweise in Saatgutverbänden, um auch künftig auf qualitatives Saatgut zurückgreifen zu können und dieses zu verkaufen. Die Zusammenarbeit mit Lodges aus dem nachhaltigen Tourismus oder Liefervereinbarungen mit regionalen Märkten tragen dazu bei, ihre Lebensgrundlagen längerfristig zu sichern.

Um ein generelles Umdenken zu ermöglichen und bessere Voraussetzungen für wirksamen Wildtierschutz zu schaffen, bezieht der WWF jedoch nicht nur die lokalen Gemeinden in den Schutz- und Pufferzonen in seine Arbeit mit ein. Die Organisation vernetzt sich ebenso mit verschiedenen Interessensgruppen: Unter anderem Behörden oder Angehörige verschiedener politischer Ebenen.

„Ähnliche Projekte haben bereits dazu beigetragen, dass der Löwenbestand in der KAZA-Region gestiegen ist, während die Anzahl der getöteten Wildtiere abnahm. Außerdem ermöglicht die nachhaltige Landwirtschaft eine vier mal höhere Ernte und somit mehr Ernährungssicherheit. Das wiederum stärkt das Vertrauen der Gemeinden in den Naturschutz“, sagt Brit Reichelt-Zolho. „Wir hoffen, dass wir diese Erfolge weiterführen können.“

So können Sie helfen

  • Afrikanischer Löwe © Richard Barrett / WWF UK Kavango-Zambesi (KAZA)

    Die unfassbar schöne Natur zwischen den Flüssen Kavango und Zambesi soll sich in eine Mischung aus Schutzgebiet und Arbeitgeber verwandeln. Weiterlesen ...