Die Cerrado-Region im Herzen Brasiliens beherbergt die artenreichsten tropischen Savannen der Welt. Sie tragen zu mehr als fünf Prozent der weltweiten Artenvielfalt bei. Das Ökosystem ist auch Heimat von 25 Millionen Menschen, davon etwa 100 indigene Völker und unzählige traditionelle Gemeinschaften. Trotz seines Werts hat der Cerrado bereits die Hälfte seiner Fläche verloren. Und die Zerstörung schreitet in rasantem Tempo voran.

Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US
Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US

Während die Entwaldung und Umwandlung im Amazonasgebiet in den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 zurückgegangen ist, bleibt sie im Cerrado hoch. Dies geht aus Daten des DETER-Systems des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) hervor, die Anfang Juli 2023 auf einer Pressekonferenz des brasilianischen Umweltministeriums vorgestellt wurden.

Von Januar bis einschließlich Juni 2023 gab es im Cerrado bei der Entwaldung ein Plus von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Einigermaßen erfreulich dabei: Das Ministerium sieht Anzeichen dafür, dass sich die Zerstörung des Bioms verlangsamt.

So sei die Zerstörung im Juni 2023 im Vergleich zum Juni 2022 um 15 Prozent zurückgegangen. Ob sich daraus ein Trend ableiten lässt, bleibt abzuwarten. Denn jetzt beginnt die Trockenzeit – eine Phase, in der die Entwaldung, auch verursacht durch Waldbrände, traditionell am höchsten ist.

Was ist DETER?

DETER steht für Real Time Deforestation Detection System und überwacht die Abholzung im brasilianischen Regenwald in Echtzeit mit Hilfe von Satellitendaten.

Zerstörung schadet auch der Agrarindustrie

Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil
Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil

Haupttreiber der Zerstörung ist die Agrarindustrie. Immer mehr Flächen werden für die landwirtschaftliche Nutzung, zum Anbau von Soja oder für Viehweiden, umgewandelt. Damit schadet die Agrarindustrie am Ende auch sich selbst, denn die Ausdehnung der Zerstörung führt zu einem Anstieg der Temperaturen und mehr Trockenheit – das verringert die Erträge und beschleunigt die Klimakrise.

„Der Cerrado ist die artenreichste Savanne des Planeten und beherbergt die Quellen von acht der zwölf Wassereinzugsgebiete Brasiliens. Durch die Ausweitung der Landwirtschaft wurde mehr als die Hälfte der ursprünglichen Fläche des Cerrado zerstört und die verbleibenden Gebiete wurden stark degradiert und fragmentiert“, erklärt Roberto Maldonado, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. „Die Folgen sind bereits sichtbar: Der Temperaturanstieg und die Trockenheit der letzten Jahre haben die Produktivität von mehr als 20 Prozent der Soja- und Maiskulturen in der Region verringert“.

Die Zerstörung muss aufhören!

„Wir müssen die Zerstörung des Cerrado und den besorgniserregenden Trend rasant steigender Umwandlung unbedingt beenden“, fordert Roberto Maldonado.

„Der Erhalt des Bioms ist von grundlegender Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Wasserhaushalts in der Region. Wasser, das dringend für die Felder landwirtschaftlicher Familienbetriebe benötigt wird. Ebenso, um die Staudämme im ganzen Land zu füllen. Die Zerstörung des Cerrado richtet sich gegen die Agrarindustrie und gegen die Menschen – denn weniger Cerrado bedeutet teurere Lebensmittel und höhere Energiepreise.“

Es braucht einen Plan für den Cerrado

Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK
Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK

Im Gegensatz zum Amazonas, wo die Ergebnisse der Maßnahmen gegen die Entwaldung bereits sichtbar sind, wartet der Cerrado noch immer auf einen verlässlichen Plan, der die Besonderheiten des Cerrado berücksichtigt.

Die alarmierende Situation des Cerrado macht einen besseren Schutz dieses Biotops umso dringlicher. Es bedarf starker Initiativen, wie es sie im Amazonasgebiet gibt (zum Beispiel der Aktionsplan zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung im Amazonasgebiet (PPCDAm)).

„Da der Cerrado immer in den Hintergrund gedrängt wurde, sind die Strategien zur Kontrolle der Entwaldung und der Umwandlung in diesem Biotop schwach, unausgereift und unvollständig. Jetzt ist es an der Zeit, gezielte Strategien zu entwickeln, um die spezifischen Probleme dieses Bioms, das eine ganz andere Dynamik als der Amazonas aufweist, anzugehen“, fordert Ana Carolina Crisóstomo, Naturschutzexpertin des WWF Brasilien.

„Man muss verstehen, dass es ohne den Cerrado keinen Amazonas gibt, dass es ohne ihn kein Wasser für die brasilianische Bevölkerung gibt. Dieses Biotop kann nicht zweitrangig behandelt werden“, so Crisóstomo.

EU-Lieferkettengesetz schützt den Cerrado nicht

Ende 2022 haben sich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Europarat auf eine EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten und Lieferketten geeinigt, die die Abholzung von Wäldern verhindern soll. Doch der Cerrado bleibt durch dieses Gesetz weitgehend ungeschützt: nur 26 Prozent werden durch das Gesetz abgedeckt, denn Baumsavannen werden in der EU-Verordnung nicht mit einbezogen. In der Folge sind unbewaldete Savannengebiete einem nie dagewesenen Abholzungs- und Umwandlungsdruck ausgesetzt. Hier muss die EU dringend nachbessern.

Doch das allein wird nicht reichen, um den Cerrado zu schützen. Die Regierung in Brasilien, Unternehmen in Deutschland, Europa und Brasilien müssen effektive Maßnahmen ergreifen, um die Abholzung in dieser einzigartigen Landschaft zu stoppen. Darüber hinaus müssen – in enger Abstimmung mit der lokalen Bevölkerung – dringend Schutzgebiete und indigene Territorien ausgewiesen werden. Zum Wohl der Indigenen und anderer traditioneller Gruppen wie den Quilombolas und Extractivistas.

Helfen Sie dem Amazonas und dem Cerrado:

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