Die Cerrado-Region im Herzen Brasiliens beherbergt die artenreichsten tropischen Savannen der Welt. Sie tragen zu mehr als fünf Prozent der weltweiten Artenvielfalt bei. Das Ökosystem ist auch Heimat von 25 Millionen Menschen, davon etwa 100 indigene Völker und unzählige traditionelle Gemeinschaften. Trotz seines Werts hat der Cerrado bereits die Hälfte seiner Fläche verloren. Und die Zerstörung schreitet in rasantem Tempo voran: 2022 war sie so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr.

Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US
Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US

Aktuelle Untersuchungen von PRODES ergaben, dass im Zeitraum von August 2021 bis Juli 2022 schätzungsweise knapp 11.000 Quadratkilometer der Feuchtsavannen im Cerrado unter anderem für den Sojaanbau zerstört wurden. Ein drastischer Anstieg um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit verzeichnet die Zerstörung die höchste Rate seit sieben Jahren

Die Zahlen belegen außerdem einen beunruhigenden Trend: 2022 war das dritte Jahr in Folge, in dem die Zerstörung in der Cerrado-Region zugenommen hat. Eine noch nie dagewesene und sehr besorgniserregende Entwicklung seit Beginn der Überwachung durch das INPE (Nationales Institut für Weltraumforschung in Brasilien) im Jahr 2000.

Was ist PRODES?

PRODES ist ein Programm des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE), das die Abholzung im brasilianischen Regenwald via Satellitendaten überwacht.

Zerstörung schadet auch der Agrarindustrie

Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil
Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil

Haupttreiber der Zerstörung ist die Agrarindustrie. Immer mehr Flächen werden für die landwirtschaftliche Nutzung, zum Anbau von Soja oder für Viehweiden, umgewandelt. Damit schadet die Agrarindustrie am Ende auch sich selbst, denn die Ausdehnung der Zerstörung führt zu einem Anstieg der Temperaturen und mehr Trockenheit – das verringert die Erträge und beschleunigt die Klimakrise.

„Der Cerrado ist die artenreichste Savanne des Planeten und beherbergt die Quellen von acht der zwölf Wassereinzugsgebiete Brasiliens. Durch die Ausweitung der Landwirtschaft wurde mehr als die Hälfte der ursprünglichen Fläche des Cerrado zerstört und die verbleibenden Gebiete wurden stark degradiert und fragmentiert“, erklärt Roberto Maldonado, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. „Die Folgen sind bereits sichtbar: Der Temperaturanstieg und die Trockenheit der letzten Jahre haben die Produktivität von mehr als 20 Prozent der Soja- und Maiskulturen in der Region verringert“.

Die Zerstörung muss aufhören!

„Wir müssen die Zerstörung des Cerrado und den besorgniserregenden Trend rasant steigender Umwandlung unbedingt beenden“, fordert Roberto Maldonado.

„Der Erhalt des Bioms ist von grundlegender Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Wasserhaushalts in der Region. Wasser, das dringend für die Felder landwirtschaftlicher Familienbetriebe benötigt wird. Ebenso, um die Staudämme im ganzen Land zu füllen. Die Zerstörung des Cerrado richtet sich gegen die Agrarindustrie und gegen die Menschen – denn weniger Cerrado bedeutet teurere Lebensmittel und höhere Energiepreise.“

EU-Lieferkettengesetz schützt den Cerrado nicht

Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK
Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK

Ende 2022 haben sich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Europarat auf eine EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten und Lieferketten geeinigt, die die Abholzung von Wäldern verhindern soll. Doch der Cerrado bleibt durch dieses Gesetz weitgehend ungeschützt: nur 26 Prozent werden durch das Gesetz abgedeckt, denn Baumsavannen werden in der EU-Verordnung nicht mit einbezogen. In der Folge sind unbewaldete Savannengebiete einem nie dagewesenen Abholzungs- und Umwandlungsdruck ausgesetzt. Hier muss die EU dringend nachbessern.

Doch das allein wird nicht reichen, um den Cerrado zu schützen. Die Regierung in Brasilien, Unternehmen in Deutschland, Europa und Brasilien müssen effektive Maßnahmen ergreifen, um die Abholzung in dieser einzigartigen Landschaft zu stoppen. Darüber hinaus müssen – in enger Abstimmung mit der lokalen Bevölkerung – dringend Schutzgebiete und indigene Territorien ausgewiesen werden. Zum Wohl der Indigenen und anderer traditioneller Gruppen wie den Quilombolas und Extractivistas.

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