Kein Zufall ist es, dass die Klimakonferenz COP30 im Jahr 2025 im brasilianischen Belém stattfindet, einer 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt an der Amazonasmündung. Wie stark die Klimakrise den größten Regenwald der Erde bedroht können die Teilnehmenden der Weltklimakonferenz in Bèlem vor Ort erleben. Auch bei den Verhandlungen steht der weltweite Waldschutz, insbesondere der Erhalt der tropischen Regenwälder, im Mittelpunkt.

Noch ist der Amazonas ein wichtiger CO2-Speicher, doch die grüne Lunge unseres Planeten droht, auszutrocknen. Seit 1985 sind allein im brasilianischen Amazonasgebiet rund 52 Millionen Hektar ursprüngliche Natur verloren gegangen.

Amazon Footprint Report 2025

Längst ist bekannt, dass die Ausweitung von landwirtschaftlichen Flächen zu den Hauptursachen für die Zerstörung des Regenwaldes zählt. Detaillierte Analysen dazu liefert jetzt der „Amazon Footprint Report 2025“, der am 17. November 2025 während der COP30 vorgestellt wurde.

Die vom WWF und Trase der Chalmers University of Technology und dem Stockholm Environment Institute gemeinsam erstellten Studie fasst die fortschreitende Entwaldung im Amazonasgebiet der vergangenen Jahre und deren Ursachen zusammen. Untersucht wurde, wie bestimmte landwirtschaftliche Produkte zur Abholzung beitragen und wie diese Prozesse mit nationalen und internationalen Handelsströmen verknüpft sind. Dafür wurden Produktions-, Satelliten- und Handelsdaten umfassend ausgewertet.

Demnach wurden im Zeitraum von 2018 bis 2022 im Amazonasgebiet 8,6 Millionen Hektar Wald gerodet, vor allem für den Anbau von Agrarrohstoffen und für die Rindfleischproduktion sowie in geringerem Maße für Holzplantagen. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als Österreich, und macht 36 Prozent der weltweiten Entwaldung im gleichen Zeitraum aus.

Weideflächen und Ackerland

Rinder grasen auf entwaldeter Fläche © Chris J Ratcliffe / WWF-UK
Rinder grasen auf einer entwaldeten Fläche im Amazonasgebiet in Brasilien © Chris J Ratcliffe / WWF-UK

Die Rinderzucht ist dabei mit Abstand der größte Treiber, gefolgt von Soja. Benötigt werden immer mehr Weideflächen sowie Ackerland für den Anbau von Futtermitteln. 78 Prozent, also 6,7 Millionen Hektar der agrarrohstoffbedingten Entwaldung in diesem Zeitraum, sind auf die Rinderhaltung zurückzuführen. Mit 4,6 Prozent folgt auf Platz zwei der Sojaanbau.

In einer globalisierten Welt tragen jedoch längst nicht nur die Amazonas-Anrainerstaaten Verantwortung für diese Entwicklung. Vor allem der Druck internationaler Märkte treibt die Entwaldung für den Anbau von Soja, Mais und Ölpalmen voran.

14 Prozent des deutschen Entwaldungs-Fußabdrucks liegen im Amazonas-Regenwald. Mehr als 20 Prozent des globalen Entwaldungs-Fußabdrucks von Ländern wie Portugal, der Schweiz, Spanien und Südkorea entstehen im Amazonasgebiet. 59 Prozent des weltweiten Entwaldungs-Fußabdrucks durch Rinderhaltung und 33 Prozent durch Sojaanbau sind auf das Amazonasgebiet zurückzuführen.

Komplexe Landnutzungsänderungen

Soja-Plantage neben einem Schutzgebiet in Brasilien © Marizilda Cruppe / WWF-UK
Soja-Plantage neben einem Schutzgebiet in Brasilien © Marizilda Cruppe / WWF-UK

Besonders betroffen von der Umwandlung in Weideland sind der östliche und zentrale Teil des Amazonas. Für den Ackerbau werden vor allem Flächen in Bolivien, Ecuador und Peru gerodet. Dort wachsen sowohl sogenannte Cash Crops wie Soja, Ölpalmen, Kakao und Kaffee als auch Grundnahrungsmittel wie Reis oder Hirse. Oft gehen diesen Entwicklungen komplexe Landnutzungsänderungen voraus, die die Zusammenhänge zusätzlich verschleiern.

Häufig werden die Flächen im ersten Schritt für die Rinderhaltung gerodet. Die Rinder besetzen die Flächen direkt nach der Rodung, um diese landwirtschaftlich „nutzbar“ zu machen und um Besitzverhältnisse zu festigen. Später wird Soja als profitable Alternative auf diesen Flächen angebaut, da es höhere Erträge und Exportwerte bietet. Die Viehzucht verlagert sich dann wiederum in verbleibende Waldgebiete. Ein Teufelskreis, der die Entwaldung weiter antreibt.

Europa in der Verantwortung

Europawahl 2019 © Jorisvo / iStock / Getty Images
Europaflagge in Brüssel © Jorisvo / iStock / Getty Images

Die Ergebnisse der Studie machen die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen noch einmal deutlich. „Der Report zeigt unmissverständlich, wie eng regionale und globale Lieferketten mit der Zerstörung des Amazonas verknüpft sind“, betont Christine Scholl, Teamleiterin Rohstoffe Lieferketten beim WWF Deutschland.

Scholl mahnt einen effektiven Schutz der Wälder weltweit an und fordert, die Produktions- und Konsummuster grundlegend zu hinterfragen: „Nachhaltige, transparente Lieferketten sind keine Kür, sondern eine Voraussetzung für den Schutz von Klima und Biodiversität – und damit für eine lebenswerte Zukunft für uns alle.“

Bedeutung der EUDR

Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR), die am 29. Juni 2023 in Kraft trat und ab dem 30. Dezember 2025 für mittlere und große Unternehmen sowie ab dem 30. Juni 2026 auch für kleine und Kleinstunternehmen gelten soll.

Die EUDR verpflichtet Unternehmen, nachzuweisen, dass ihre Produkte nicht zu Entwaldung, Walddegradierung oder illegalen Aktivitäten beigetragen haben. Doch die EU-Kommission möchte erneut den Anwendungsstart wegen angeblicher IT-Probleme verschieben.

„Die Zahlen zeigen deutlich: Die Zerstörung der globalen Tropenwälder wird auch durch den Konsum in Europa vorangetrieben. Die EU muss jetzt zeigen, dass sie bereit ist, ihrer Verantwortung gerecht zu werden."

Christine Scholl, Teamleiterin Rohstoffe & Lieferketten beim WWF Deutschland

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