Die Cerrado-Region im Herzen Brasiliens beherbergt die artenreichsten tropischen Savannen der Welt. Sie tragen zu mehr als fünf Prozent der weltweiten Artenvielfalt bei. Das Ökosystem ist auch Heimat von 25 Millionen Menschen, davon etwa 80 indigene Völker und unzählige traditionelle Gemeinschaften. Trotz seines Wertes hat der Cerrado bereits 50 Prozent seiner Fläche verloren. Weitere 30 Prozent sind degradiert, sodass weniger als 20 Prozent der natürlichen Vegetation übrigbleiben. Und selbst diese ist stark fragmentiert.

Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US
Abgeholzte Flächen in der Cerrado-Pantanal-Region © Jaime Rojo / WWF-US

Die gute Nachricht zuerst: In den vergangenen zwei Jahren ist die Entwaldung und Zerstörung der ursprünglichen Vegetation des Cerrado zurückgegangen. Das geht aus den Daten des DETER-Systems des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) hervor, welche Ende 2025 veröffentlicht wurden und die offiziellen Entwaldungsraten im Amazonasgebiet und Cerrado im Zeitraum von Anfang August 2024 bis Ende Juli 2025 erfassen. Die Daten verzeichnen die geringste Entwaldungsrate seit fünf Jahren mit einem Rückgang von 11,49 Prozent. Es ist der zweite Rückgang in Folge, allerdings war die Rate in den vier Jahren zuvor noch stetig gewachsen.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Wiederaufnahme der Pläne zur Bekämpfung der Entwaldung durch das PPCerrado Wirkung zeigt“, zeigt sich Alexandre Prado, Leiter des Bereichs Klimawandel des WWF-Brasilien, vorsichtig optimistisch.

Was ist DETER? Was ist PRODES? Was ist PPCerrado?

DETER steht für Real Time Deforestation Detection System und überwacht die Abholzung im brasilianischen Regenwald in Echtzeit mit Hilfe von Satellitendaten.

PRODES ist ein Programm des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE), das die Abholzung im brasilianischen Regenwald mit Hilfe von Satellitendaten überwacht. 

Das PPCerrado ist ein Ende 2023 aufgelegtes Programm des brasilianischen Ministeriums für Umwelt und Klimawandel (MMA), um Waldrodungen und den Verlust der natürlichen Vegetation im Cerrado Biom zu reduzieren und diese, so das ambitionierte Ziel, bis 2030 weitgehend auf Null zu bringen.

 

Schon jetzt ist die ursprüngliche Vegetation auf 50% der Fläche des Cerrado unwiderbringlich verloren gegangen, da das Biom äußerst günstige Bedingungen für Landwirtschaft und Viehzucht bietet sowie für die Herstellung von Holzkohle, nach der die Nachfrage vor allem aus der Stahlindustrie hoch ist. „Die Daten zur Entwaldung im Cerrado zeigen eine sehr kritische Situation“, sagt Ana Carolina Crisóstomo, Naturschutzexpertin des WWF Brasilien, und betont, dass die Umsetzung des PPCerrado mit gebotener Dringlichkeit erfolgen müsse.

Besonders relevant sind die DETER-Daten aus den MATOPIBA-Bundesstaaten (die Abkürzung steht für Maranhão, Tocantins, Piauí und Bahia) im Norden Brasiliens, welche als jüngste Agrarfront des Landes gelten: Während die Entwaldung in den Jahren 2024 und 2025 in Tocantins um 26,2 Prozent und in Maranhão um 19,3 Prozent zurückgegangen ist, stieg sie im gleichen Zeitraum in Piauí um 33,1 Prozent und in Bahia um 9,3 Prozent. Die Gefahr für das Cerrado-Biom ist also noch längst nicht gebannt.

Zerstörung schadet auch der Agrarindustrie

Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil
Rinder auf abgeholzter Fläche im Cerrado © Andre Dib / WWF-Brazil

Haupttreiber der Zerstörung ist nach wie vor die Agrarindustrie und die z.T. damit verbundene illegale Entwaldung und Umwandlung des Cerrados. Immer mehr Flächen werden für die landwirtschaftliche Nutzung, zum Anbau von Soja und vor allem für Viehweiden, umgewandelt. Damit schadet die Agrarindustrie am Ende auch sich selbst, denn die Ausdehnung der Zerstörung führt zu einem Anstieg der Temperaturen und mehr Trockenheit – das verringert die Erträge und beschleunigt die Klimakrise.

 

„Der Cerrado ist die artenreichste Savanne des Planeten und beherbergt die Quellen von acht der zwölf Wassereinzugsgebiete Brasiliens. Durch die Ausweitung der Landwirtschaft wurde mehr als die Hälfte der ursprünglichen Fläche des Cerrado zerstört und die verbleibenden Gebiete wurden stark degradiert und fragmentiert. Die Folgen sind bereits sichtbar: Der Temperaturanstieg und die Trockenheit der letzten Jahre haben die Produktivität von mehr als 20 Prozent der Soja- und Maiskulturen in der Region verringert."

Roberto Maldonado, WWF Deutschland

Die Zerstörung muss aufhören!

„Wir müssen die Zerstörung des Cerrado und den besorgniserregenden Trend rasant steigender Umwandlung unbedingt beenden“, fordert Roberto Maldonado.

„Der Erhalt des Bioms ist von grundlegender Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Wasserhaushalts in der Region. Wasser, das dringend für die Felder landwirtschaftlicher Familienbetriebe benötigt wird. Ebenso, um die Staudämme im ganzen Land zu füllen. Die Zerstörung des Cerrado richtet sich gegen die Agrarindustrie und gegen die Menschen – denn weniger Cerrado bedeutet teurere Lebensmittel und höhere Energiepreise.“

„Da der Cerrado immer in den Hintergrund gedrängt wurde, sind die Strategien zur Kontrolle der Entwaldung und der Umwandlung in diesem Biotop schwach, unausgereift und unvollständig. Jetzt ist es an der Zeit, gezielte Strategien zu entwickeln, um die spezifischen Probleme dieses Bioms anzugehen, das eine ganz andere Dynamik als der Amazonas aufweist“, fordert Ana Carolina Crisóstomo, Naturschutzexpertin des WWF Brasilien.

Seit Ende 2023: Endlich ein Entwaldungsbekämpfungsplan für den Cerrado

Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK
Die Vegetation des Cerrado muss für Soja (im Hintergrund) weichen © Peter Caton / WWF-UK

Im Gegensatz zum Amazonas, wo die Ergebnisse der Maßnahmen gegen die Entwaldung bereits sichtbar sind, musste der Cerrado lange auf einen verlässlichen Plan warten, der seine Besonderheiten berücksichtigt. Dabei macht die alarmierende Situation des Cerrado einen besseren Schutz dieses Biotops umso dringlicher. Es braucht starke Initiativen, wie es sie im Amazonasgebiet gibt.

Ende November 2023 dann endlich der entscheidende Schritt nach vorne: Das brasilianische Umweltministerium stellte den Aktionsplan zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung im Cerrado (PPCerrado) vor. Ein wichtiges Signal, dass auch die Savanne Schutz braucht, nicht nur der Wald. Und er zeigt bereits erste Ergebnisse – keine Sekunde zu früh.

„Dieses Biotop ist für unsere Wasser- und Energiesicherheit von strategischer Bedeutung: Acht der zwölf wichtigsten Flusseinzugsgebiete des Landes liegen hier und der Abfluss dieser Flüsse ist bereits jetzt um 15 Prozent zurückgegangen. Man muss verstehen, dass es ohne den Cerrado keinen Amazonas gibt, dass es ohne ihn kein Wasser für die brasilianische Bevölkerung gibt. Wir dürfen dieses Biotop nicht zweitrangig behandeln!"

Ana Carolina Crisóstomo, Naturschutzexpertin des WWF Brasilien

EU-Lieferkettengesetz schützt den Cerrado nicht

Ende 2022 haben sich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Europarat auf eine EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten und Lieferketten geeinigt, die die Abholzung von Wäldern verhindern soll. Doch der Cerrado bleibt durch dieses Gesetz weitgehend ungeschützt: nur 26 Prozent werden durch das Gesetz abgedeckt, denn Baumsavannen werden in der EU-Verordnung nicht mit einbezogen. In der Folge sind unbewaldete Savannengebiete einem nie dagewesenen Abholzungs- und Umwandlungsdruck ausgesetzt. Hier muss die EU dringend nachbessern.

Doch das allein wird nicht reichen, um den Cerrado zu schützen. Die Regierung in Brasilien, Unternehmen in Deutschland, Europa und Brasilien müssen effektive Maßnahmen ergreifen, um die Abholzung in dieser einzigartigen Landschaft zu stoppen. Darüber hinaus müssen – in enger Abstimmung mit der lokalen Bevölkerung – dringend Schutzgebiete und indigene Territorien ausgewiesen werden. Zum Wohl der Indigenen und anderer traditioneller Gruppen wie den Quilombolas und Extractivistas.

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