Über 250.000 Hektar erstreckt sich im Südosten Kameruns der Lobéké-Nationalpark – der nahezu unberührte Primärwald ist Heimat bedrohter Tierarten wie beispielsweise dem westlichen Flachlandgorilla und dem Waldelefanten. Staatliche Ranger:innen schützen die reiche Biodiversität vor organisierter Wilderei. Aber auch die Rechte der lokalen und indigenen Bevölkerung bedürfen des Schutzes.

Baka in Lobeke verarbeiten Waldprodukte © Ernest Sumelong / WWF
Baka in Lobeke verarbeiten Waldprodukte © Ernest Sumelong / WWF

In und um Lobéké leben die Baka, eines der ältesten indigenen Völker der Erde. Jahrzehntelang waren die Baka unrühmlichen Umsiedlungsaktionen ausgesetzt – sei es während der Kolonialzeit oder nach der Unabhängigkeit Kameruns. Seit 2019 nun haben die Baka das verbriefte Recht, die Ressourcen des Waldes so zu nutzen, wie sie es seit Jahrtausenden getan haben: Sie dürfen nach ihren Traditionen jagen, fischen und Pflanzen sammeln, um sich davon zu ernähren. Gleichzeitig verpflichten sich die Baka zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Wilderei und zur nachhaltigen Nutzung des Waldes.

Aber wie stellt man sicher, dass es nicht bei wohlfeilen Worten bleibt? Dreh- und Angelpunkt bei der Umsetzung der Vereinbarung sind die staatlichen Ranger:innen des Lobéké-Nationalparks: Sie müssen dafür Sorge tragen, dass die Zugangs- und Nutzungsrechte der Baka gewahrt und gleichzeitig die Anti-Wilderei-Maßnahmen effektiv umgesetzt werden, und zwar ohne Gefahr für die Ranger:innen selbst oder für die Baka.

Oberste Priorität: Menschenrechte

In einem Land wie Kamerun mit schwächerer Rechtsstaatlichkeit besteht auch in WWF-Projektgebieten das Risiko von Menschenrechtsverletzungen. Eine Umfrage, die der WWF Kamerun unter Ranger:innen und Vertreter:innen von Polizei und Zoll im November 2020 durchgeführt hat, bestätigt: In puncto Menschenrechte hat die Ausbildung der Ranger:innen deutliche Schwächen.

Um zu gewährleisten, dass beim Kampf gegen die Wilderei und den illegalen Handel mit Wildtieren die Wahrung der Menschrechte oberste Priorität hat, hat der WWF gemeinsam mit dem kamerunischen Ministerium für Wälder und Wildtiere (MINFOF) eine Reihe von Sensibilisierungs- und Trainingsworkshops organsiert.

Neben Themen zur Wildtierkriminalität wie beispielsweise Kameruns nationale Strategie zur Wildereibekämpfung 2020 bis 2030, Methoden zur Identifizierung von Wildtierprodukten sowie Untersuchungs- und Verhörtechniken sind bei diesen Workshops allgemeine Menschenrechte und die Rechte der indigenen Völker zentraler Inhalt.

Auch die Umwelt- und Sozialstandards des WWF (Environmental and Social Safeguards Framework – ESSF) kommen in den Workshops zur Sprache. Dabei handelt es sich um Leitlinien, mit denen das Risiko von Menschenrechtsverletzungen rechtzeitig erkannt, vorgebeugt und reduziert werden kann. Das Ziel: Die Wahrung der Rechte der indigenen Bevölkerung muss integraler Bestandteil der Naturschutzarbeit in allen WWF-Projekten sein.

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Sensibilisierung in Theorie und Praxis

Präsentation der Lehrmaterialien © WWF
Präsentation der Lehrmaterialien © WWF

Bei den mehrtägigen Workshops wird nicht nur theoretisches Wissen durch Vorträge, Präsentationen und Diskussionen vermittelt; anhand konkreter Fallbeispiele spielen die Teilnehmer:innen auch schwierige, unklare oder gar gefährliche Situationen aus dem Alltag der Ranger:innen in Gruppenarbeit exemplarisch durch, es werden Handlungsempfehlungen erarbeitet und Verantwortlichkeiten festgelegt.

Alle Teilnehmer:innen erhalten im Anschluss an den Workshop eine Teilnahmebescheinigung und ein Handbuch zu Menschenrechten, den Rechten indigener Völker und Leitlinien für die Umsetzung von Anti-Wilderei-Maßnahmen.

Carine Kouebou ist Rangerin im Lobéké-Nationalpark. Der Workshop, so ihr Fazit, „war eine großartige Möglichkeit, unser bestehendes Wissen zu erweitern. Er wird uns bei unserer Arbeit leiten.“

Yvette in Lobéké © WWF
Yvette in Lobéké © WWFYvette in Lobéké © WWF

Die Workshops richten sich nicht nur an Ranger:innen und Strafverfolgungsbehörden, sondern auch – und das ist das Besondere – an Vertreter:innen der lokalen Bevölkerung: „Als Baka-Frau freue ich mich sehr, dass in diesem Workshop auch die Rechte der Baka Thema waren“, sagt Yvette Mongondji. „Der Workshop war eine Gelegenheit, bei der sich Vertreter:innen staatlicher Institutionen und Mitglieder der lokalen Gemeinden frei austauschen konnten. Wir wurden alle an unsere Rechte und an unsere Pflichten erinnert.

Yvette Mongondji arbeitet beim WWF Kamerun. In ihrer Funktion unterstützt sie die Baka dabei, ihre Rechte einzufordern, und stärkt deren Rolle als Waldhüter:innen. Der Wald und der Reichtum der Natur sind die Lebensgrundlage der Baka.

Kleine Schritte in die richtige Richtung

Bereits im Jahr 2019 hat der WWF gemeinsam mit der lokalen Nichtregierungsorganisation Centre pour l'éducation, la formation et l'appui aux initiatives de développement au Cameroun (CEFAID) ein Menschenrechtszentrum in Mambélé eingerichtet und einen Beschwerdemechanismus etabliert. Dort können Baka Verletzungen ihrer Rechte melden und sich juristisch beraten lassen.

Die Sensibilisierungsworkshops sind nun ein weiterer wichtiger Schritt zu mehr Vertrauen zwischen lokaler Bevölkerung, Ranger:innen und Strafverfolgungsbehörden. Bis eine stärkere Rechtsstaatlichkeit in der Region breit verankert ist, gibt es jedoch noch viel zu tun.

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