Patricia Roche vom WWF Paraguay hat ein Projekt zum Schutz des größten Süßwasserfeuchtgebietes der Erde ins Leben gerufen. Sie arbeitet mit indigenen Gemeinschaften zusammen, um das Pantanal zu retten.

Wälder, Seen, Flüsse und kilometerweit überschwemmte Flächen. Kaimane, Jaguare, Pumas, einige der letzten Riesenotter und unzählige Vögel, die in Scharen das Wasser überfliegen: Über Brasilien, Bolivien und Paraguay erstreckt sich das Pantanal, eines der größten Binnenland-Feuchtgebiete der Welt. Schwer zugänglich, wild und geheimnisvoll.

Eine der wenigen Frauen im Naturschutz: Patricia Roche

Patricia Roche auf einer Beobachtungsplattform © WWF-Paraguay
Patricia Roche auf einer Beobachtungsplattform © WWF-Paraguay

„Ein Sonnenuntergang im Pantanal, die vorbeiziehenden Riesenotter zu beobachten, zu wissen, dass es ihnen hier noch gut geht und man mit seiner Arbeit dazu beiträgt – in solchen Momenten wird mir bewusst, warum ich tue, was ich tue.“ Patricia Roche ist 33 Jahre alt und aufgewachsen in Asunción, der Hauptstadt Paraguays.

Heute verwaltet sie ein Projekt zum Schutz des Pantanals, das sie ins Leben gerufen hat. Sie arbeitet eng mit der örtlichen indigenen Bevölkerung zusammen und steht ihre Frau in einer Naturschutzarbeit im Feld, in der immer noch viele Paradigmen vorherrschen: „Viele Dinge sind für uns Frauen und vor allem für junge Frauen komplizierter. Wir müssen härter arbeiten, um zu beweisen, dass wir es können, dass wir es gut können und vor allem, dass wir die gleichen Rechte haben.“  

„Ich habe großen Respekt für die Kultur der Yshir und ihre Beziehung zur Natur und bewundere sie sehr.“

Patricia Roche, WWF Paraguay

Das Projekt am Rio Negro

Schild "Parque Nacional Rio Negro" mit Mitarbeitern ©Lia Galeano / Eco Pantanal
Schild "Parque Nacional Rio Negro" mit Mitarbeitern ©Lia Galeano / Eco Pantanal

Die Region, in der Patricia Roche arbeitet, liegt im äußersten Nordosten Paraguays: Bahía Negra, der größte Distrikt des Landes, ist nur dünn besiedelt. Die meisten Menschen gehören den indigenen Gemeinschaften der Yshir an. Seit Jahrhunderten bewahren sie hier – am Rande des Nationalparks Rio Negro – ihre Kultur und Traditionen.  

Doch der Druck auf Natur und Indigene wächst. Immer weiter dringt die intensive Landwirtschaft in die Feuchtgebiete vor. Es wird immer wichtiger, die Menschen vor Ort zu stärken und nachhaltige Landnutzung zu etablieren.

Das Projekt, das Roche ins Leben gerufen hat, verbindet die Nationalparkverwaltung, Umweltschutzorganisationen und die indigene Bevölkerung, um das Schutzgebiet zu erhalten und die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Denn hier müssen nun alle an einem Strang ziehen. „Einige junge Menschen konnten das Schutzgebiet zum ersten Mal in ihrem Leben besuchen, auch wenn sie schon immer in der Nähe gelebt haben“, erzählt Roche.

„Jede Handlung hat ihre Konsequenz“

Patricia Roche im Büro des WWF Paraguay © WWF Paraguay
Patricia Roche im Büro des WWF Paraguay © WWF Paraguay

Sie selbst wusste spätestens seit der Oberstufe, dass sie sich für den Schutz der Natur einsetzen wollte. Trotzdem hätte Roche fast einen traditionelleren Beruf ergriffen. Zu viele rieten ihr damals davon ab, Umweltingenieurwesen zu studieren – einen noch ganz neuen Studiengang. „Ich war zunehmend davon überzeugt, dass es das war, was ich in meinem Leben tun wollte“, erzählt Roche heute. „Jede Handlung hat ihre Konsequenz. Ich glaube, dass wir alle, die wir im Naturschutz arbeiten – auch wenn wir uns dessen oft nicht bewusst sind – Schritt für Schritt viel erreichen, um eine bessere Welt zu schaffen und zu hinterlassen. Und ich glaube, dass wir, die jungen Frauen, mit unserer Arbeit zeigen, dass wir es auch schaffen können. Und mit unserem Beispiel ermutigen wir andere junge Frauen, das Gleiche zu tun.“ 

„Obwohl viele Fortschritte gemacht wurden, liegt noch ein langer Weg vor uns Frauen. Aber wir sind nicht allein. Und wir verschaffen uns immer mehr Gehör.“

Patricia Roche, WWF Paraguay

Eine von dreien

Als sie schon für den WWF Paraguay arbeitete, bewarb sich Patricia Roche in Deutschland für ein Stipendium zur Fortbildung als Managerin von Naturschutzprojekten. Unter Bewerber:innen aus aller Welt war sie eine von sechs, die ausgewählt – und eine von dreien, deren Projektidee zum Schluss finanziert – wurde. Die Projektidee zum Schutz des Rio Negro Nationalparks, die laut Roche alles verband, was ihr am Herzen lag: „Schutzgebiete, Umwelterziehung, die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften und das Pantanal, das größte Süßwasserfeuchtgebiet der Welt.“ 

Wie kann man das Pantanal schützen?

Nachhaltige Einkommensquellen fördern und schaffen. Lokale Gruppen, Jugendliche, Mitglieder der Yshir-Gemeinschaften, sowie die Ranger des Nationalparks schulen und ausrüsten. Und die große Bedeutung des Pantanals und seine Schutzbedürftigkeit auch über die Region hinaus bekannt machen. Für ein Jahr wurde Patricia Roches Projekt gefördert, bis Mitte 2021 hat sie all die Maßnahmen gemanagt und koordiniert. Gemeinsam mit den Einheimischen und als deren „Bindeglied“, unterstützt von lokalen Organisationen.

Und nun? Nun geht die Arbeit innerhalb des WWF in anderen Projekten, aber mit dem gleichen Ziel weiter. „Wir versuchen immer sicherzustellen, dass unsere Aktivitäten nicht projektbezogen sind, sondern ganzheitlich die Erhaltung und nachhaltige Entwicklung der Region fördern. So enden zwar die Projekte, nicht aber die Aktivitäten“, erklärt Roche den Ansatz des WWF und beginnt mit ihrem Team gerade, indigene Gemeinschaften im Pantanal bei nachhaltiger Bienenzucht und Honigproduktion zu unterstützen.

Geheimnisvolles Pantanal – Wo die Klimakrise spürbar wird

Feuchtlandschaft im Pantanal © Gianfranco Mancusi / WWF Paraguay
Feuchtlandschaft im Pantanal © Gianfranco Mancusi / WWF Paraguay

„Obwohl das Pantanal in Paraguay wenig bekannt ist – fast jeder denkt, dass es nur in Brasilien liegt – ist es sehr eng mit uns verbunden, die wir ‘flussabwärts’ leben: Alles, was hier passiert, hängt mit dem zusammen, was dort passiert.“ Von einer „Beziehung“ spricht Patricia Roche und meint damit zum Beispiel, dass das Pantanal abgesehen von seiner enormen Artenvielfalt die Wasserversorgung von Millionen Menschen sichert.

Aber sie erzählt auch von zahlreichen Bränden, die das Gebiet in den letzten Jahren heimgesucht haben, von extremeren Wetterereignissen, von Flüssen, wie dem Rio Negro, die ihren Mindestpegel erreicht haben und teilweise ganz austrocknen – und dass es nicht regnet, wenn es regnen sollte. Die Klimakrise ist hier deutlich zu spüren.

„Gemeinsam ziehen wir den Karren nach vorne“

Natürlich arbeitet Patricia Roche nicht allein. Als so bedeutende Region der Erde ist das Pantanal ein wichtiges Projektgebiet des WWF. Für Roche ist der Schutz des Pantanals eines ihrer Lebensziele. Ein Ziel, auf dessen Weg sie vielen engagierten Menschen und starken Frauen begegnet: „In meiner täglichen Arbeit habe ich mit unglaublichen und leidenschaftlichen Frauen zu tun und gemeinsam ziehen wir den Karren nach vorne. Ich bin nicht allein, wir sind nicht allein, das motiviert mich sehr.“  

Und was wünscht die junge Umweltschützerin sich für die Zukunft? „So wie ich mich in das Pantanal verliebt habe, möge es noch viele weitere Generationen in sich verliebt machen und lange im Gleichgewicht bleiben. Schließlich hängen unser Überleben und ein gutes Leben davon ab. Und für mich wünsche ich mir, dass ich weiterhin – wo und wie auch immer ich kann – zum Schutz der Natur beitragen werde, so wie ich es von Anfang an wollte.“ 

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