Dank intensiver Schutzmaßnahmen geht es dem Seeadler in Deutschland so gut wie seit vielen Jahren nicht mehr. Bedroht wird der König der Lüfte jedoch weiterhin: Intakte Lebensräume fehlen, illegale Tötungen und Vergiftungen kommen immer wieder vor, aktuell häufen sich die Fälle sogar.

Seeadler im Flug © Peter Ibe
Seeadler im Flug © Peter Ibe

Dass heute wieder majestätische Seeadler über unsere Landschaften kreisen, ist ein großer Erfolg des Naturschutzes in Deutschland.

Jahrhundertelang wurden die Greifvögel mit Fallen und Schusswaffen verfolgt. Um 1900 waren Seeadler in vielen europäischen Ländern fast vollständig ausgerottet. Heute zählen wir wieder mehr als 1.000 Brutpaare bei uns.

Der größte einheimische Greifvogel Deutschlands ist allerdings weiterhin bedroht: durch die Zerstörung seiner Lebensräume, illegale Tötungen und auch Vergiftungen.

Viele Bedrohungsszenarien

Seeadler auf einem Baum © Peter Ibe
Seeadler auf einem Baum © Peter Ibe

Dass es überhaupt so weit kam, dass dieser majestätische Greifvogel bei uns fast vollständig ausgerottet wurde, liegt an einer Vielzahl verschiedener Bedrohungen. Jede Tierart hat regelmäßig Faktoren, die ihre Existenz gefährden. Lokale Populationen sterben in der Natur häufiger aus.

Die traurige Wahrheit dabei ist: Dass eine Art vollständig verschwindet, passiert heute 100- bis 1.000-mal häufiger, als es ohne den Menschen der Fall wäre.

Dass es beim Seeadler fast so weit gekommen wäre, lag insbesondere an den fehlenden Lebensräumen, die der Art im dicht besiedelten Deutschland übriggeblieben sind.

Dazu beigetragen hat neben der Umweltverschmutzung mit dem Insektizid DDT auch die Übernutzung der Art durch illegale Tötungen und Vergiftungsfälle. Erst lange nach dem Verbot von DDT in der Landwirtschaft konnten sich die Bestände mithilfe umfangreicher Schutzbemühungen und politischer Maßnahmen erholen.

Verdacht auf Vergiftung

Auch in diesem Jahr gibt es wieder viele Fälle, in denen freiwillige Helfer:innen und Ornitholog:innen tote Seeadler finden.

Häufig bestätigen die Untersuchungen im Labor anschließend eine Vergiftung mit Bleimunition. Fressen die Seeadler angeschossenes Wild, nehmen sie das Schwermetall aus der Munition mit auf. Die Folgen sind fatal: Bleivergiftungen gehören zu den häufigsten Todesursachen bei Seeadlern.

Zwei Seeadler © Peter Ibe
Zwei Seeadler © Peter Ibe

Ganz aktuell wurden in den vergangenen Monaten in der Schleiregion in Schleswig-Holstein mehrere tote Seeadler gefunden, wie der Verein Seeadlerschutz Schlei der dpa mitteilte.

Noch laufen die toxikologischen Untersuchungen, doch es deutet einiges darauf hin, dass es sich um Vergiftungen handelt. Auch im Kreis Dithmarschen wurden kürzlich tote Seeadler und Mäusebussarde gefunden. Bei einem der verendeten Mäusebussarde wurde bereits Gift nachgewiesen!

Dazu kommt: Es gibt noch eine ganze Menge anderer Gifte, die den Seeadler bedrohen. In Österreich kam es in der Vergangenheit zu schweren Vergiftungen durch Pflanzenschutzmittel, bei denen Raubvögel mit Giftködern getötet wurden. Auch in Deutschland, etwa in Niedersachsen, sind solche Vorfälle bekannt. Täter:innen kommen oft ungestraft davon, weil die Nachweisbarkeit schwierig ist.

Klare Lösungswege

Deshalb richtete der WWF 2020 einen Appell an die damalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, den 35.000 Menschen unterzeichneten. Das hat gewirkt: Inzwischen ist bleihaltige Munition in einem Umkreis von 100 Metern in sämtlichen Feuchtgebieten europaweit verboten! Ein sensibles Ökosystem wurde so in ganz Europa geschützt. Davon profitiert nicht nur der Seeadler.

Doch das reicht nicht. Der WWF fordert ein Verbot von Bleimunition in allen Lebensräumen, in denen Seeadler vorkommen. Zwar hat die Europäische Chemikalienagentur einen Vorschlag ausgearbeitet, der die jährlich in der EU freigesetzten 44.000 Tonnen Blei um etwa 72 Prozent reduzieren könnte. Doch die EU-Kommission hat dem bisher noch nicht zugestimmt.

Der WWF bleibt dran und unterstützen das Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierforschung bei der Dokumentation der Todesursachen von Seeadlern in Deutschland. So machen wir die Gefahr von Bleimunition unübersehbar – auch für die Politik.

„Wer die Lebensräume des Seeadlers schützt, hilft damit unzähligen weiteren, bedrohten Tier- und Pflanzenarten.“

Florian Kaduk, Referent Naturschutz an der Mittleren Elbe

Seeadler beim Landeanflug © Ralph Frank / WWF
Seeadler © Ralph Frank / WWF

Thomas Neumann, der sich seit 1968 für einheimische Seeadler einsetzt und das WWF-Projekt Seeadlerschutz mit initiierte, hat über die Jahre viele Fälle von Vergiftungen erlebt.

Das Seeadler-Projekt des WWF, bei dem er von Anfang an dabei war, war das erste Artenschutzprojekt des WWF in Deutschland und zeigt, wie verschiedene Akteure in einer gemeinsamen Naturschutzarbeit zusammenwirken können:

Dank der Arbeit des WWF wurden in Schleswig-Holstein seit den 1970er Jahren zahlreiche Schutzmaßnahmen eingeführt, darunter das Verbot des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels DDT, regionale Jagdverbote für Greifvögel und Horstschutzrichtlinien. „Die Schutzarbeit hat sich gelohnt und lohnt sich immer noch. Heute müssen wir als Wächter der Natur aufpassen, dass das Erreichte nicht wieder verloren geht“, sagt Neumann.

Die Zukunft der Seeadler

Wir sind aber noch lange nicht am Ende unserer langen Seeadler-Reise. Auch heute setzt sich der WWF Deutschland für den Schutz dieser wunderschönen Art ein.

Wir schützen die letzten vorhandenen Lebensräume in Deutschland und stellen sie dort, wo es möglich ist, wieder her. Wir klären auf und setzen uns für ein EU-weites Bleiverbot ein. Wir helfen mit bei der Dokumentation und Analyse von Todfunden.

Helfen Sie uns, die illegale Verfolgung geschützter Arten in Deutschland und Österreich zu bekämpfen: Besuchen Sie unsere Falldatenbank zur Wildtierkriminalität und unterstützen Sie unsere Naturschutzarbeit als WWF Pate für den Seeadler!

So können Sie Seeadlern helfen

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