Vom Überleben der Geparde in Namibia hängt alles ab: Die schnellsten Landsäugetiere der Erde sind stärker bedroht als viele wissen und im Südwesten Afrikas lebt die letzte große Population. Sie zu retten bedeutet Feldforschung, die genauso schweißtreibend ist wie technisch auf höchstem Niveau.

„Geparde fressen nur, was sie selbst gejagt haben. Man kann sie nicht einfach mit einem Stück Fleisch ködern.“ Mühsam schichten Biologe Jörg Melzheimer und ein Kollege dornige Büsche aufeinander. Es ist noch früh am Vormittag, doch schon jetzt brennt die Sonne unerbittlich heiß auf Namibias Savanne herunter. Mehrere Stunden Autofahrt über staubige Pisten liegen hinter den Feldbiologen, gefolgt von einem kilometerlangen Fußmarsch querfeldein. „Der Gepard ist eines der Tiere mit den größten Streifgebieten überhaupt“, erklärt Jörg Melzheimer. Lange vor Sonnenaufgang ist er heute aufgestanden. Doch es hat sich gelohnt.

Erforschung eines Leben im Verborgenen

Akazie © Martin Harvey / WWF
Akazie © Martin Harvey / WWF

Einsam ragt eine knorrige Schirmakazie aus einer Fläche von braunem, trockenem Gras. Hier haben die beiden Biologen Geparden-Kot gefunden. Hier markiert offensichtlich ein Männchen regelmäßig und hierher werden weitere Geparde kommen, um die Informationen zu erschnüffeln. „Nur an solchen sozialen Knotenpunkten kann man die unglaublich scheuen und sehr versteckt lebenden Raubkatzen fangen.“ Für das internationale Forscher-Team, zu dem Jörg Melzheimer gehört, ist es die Chance, einen Geparden zu besendern und so mehr zu erfahren über die immer noch in weiten Teilen unerforschte Art.

Der dornige Weg zur Besenderung

Dorniger Baum © Nicolas Villaume / WWF-US
Dorniger Baum © Nicolas Villaume / WWF-US

„Die Motivation für Geparde, zu dem Baum zu gelangen, ist so groß, da stört kein fremder Geruch und auch nicht, dass da plötzlich ein tunnelförmiger Käfig als Falle steht.“ Jörg Melzheimer macht sich an der komplizierten Elektronik der Kastenfalle zu schaffen, die nun den einzigen Weg zum Markierungsbaum darstellt: Rundherum sind dornige Äste aufgeschichtet. „Da bekommt man schon mal blutige Hände“, sagt Melzheimer. Gleichzeitig arbeiten er und die anderen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf höchstem technischen Niveau – auch, um den Stress für die Geparde so gering wie möglich zu halten.

Künstliche Intelligenz im Geparden-Käfig

Die Kastenfalle schließt automatisch, sobald ein Gepard hineintritt. Andere Tiere jedoch werden durchgelassen. Möglich machen das Lichtschranken und Kameras mit Bilderkennung. „Unsere modernsten Fallen sind mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, die in einer Zehntelsekunde entscheidet, ob es sich wirklich um einen Geparden handelt, und uns dann per SMS inklusive Bildübertragung benachrichtigt.“ So können Jörg Melzheimer und seine Kolleginnen und Kollegen sich sofort auf den Weg machen.

Nun muss es schnell gehen

Gepard © Ola Jennersten / WWF Schweden
Gepard © Ola Jennersten / WWF Schweden

In einem mobilen Labor untersucht ein kleines Forscherteam den betäubten Geparden direkt vor Ort, nimmt Blut ab und legt ihm schließlich ein ultraleichtes Senderhalsband an. Nach nicht einmal einer Stunde wird das Tier geweckt und wieder freigelassen. Zwei Jahre lang zeichnet der Mini-Sender nun jede Bewegung der schnellen Raubkatze auf und soll vor allem helfen, die Geparde in Namibia langfristig vor der Ausrottung durch Viehzüchter zu schützen: Vielen Farmern sind die schnellen Räuber als potenzielle Gefahr für ihre Kälber ein Dorn im Auge.

Bedrohung durch die Farmer

Kleinbauer in Namibia © Edward Parker / WWF
Kleinbauer in Namibia © Edward Parker / WWF

Jörg Melzheimer und seine Kolleginnen und Kollegen arbeiten nicht etwa in einem SchutzgebietOrt ihrer Feldforschung sind die riesigen Flächen offenen Farmlandes, das heute die Savanne prägt. Hier leben etwa 90 Prozent von Namibias Geparden. Das Forscherteam will herausfinden, welche Stellen die Raubkatzen vermehrt besuchen, wo also die Kälber besser entfernt werden. Nur so lässt sich der Konflikt zwischen Farmern und Geparden entschärfen. Auch weitere Forschung - beispielsweise zum Paarungsverhalten - ist dringend nötig, will man die Art vor dem Aussterben retten. Doch zunächst hat Jörg Melzheimer heute noch einen ganz anderen Termin: Die Jahreshauptversammlung des Farmervereins steht an. Hier kann der Gepardenschützer wichtige Informations- und Überzeugungsarbeit leisten. Denn auch das ist ein Großteil seines Jobs zum Schutz der letzten großen Gepardenpopulation. 

Schutz und Erforschung der Geparde in Namibia sind ein Langzeitprojekt des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung, das vom WWF finanziell unterstützt wird. Nur so kann das Projekt, das gerade in eine wichtige und heiße Phase geht, weiter geführt werden.

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