Lebensraumverlust und Klimawandel setzen der Großkatze zu. Mit einer so einfachen wie wirksamen Strategie hat der WWF nun begonnen, die Bedrohungsspirale zu unterbrechen.

Der Maya-Wald ist der zweitgrößte tropische Regenwald auf dem amerikanischen Kontinent. Er erstreckt sich über Belize, den Norden Guatemalas und das südöstliche Mexiko und gehört zu den wichtigsten Ökosystemen der Welt. Hier befindet sich auf einer Fläche von 1,8 Millionen Hektar das UNESCO-Biosphärenreservat Calakmul, Heimat des Jaguars, der als Teil der Mythologie, der Tradition und der Religion die kulturelle Identität der lokalen Gemeinschaften prägt.

An seiner Fellzeichnung kann man ihn gut erkennen: Moises hat auf seiner linken Seite einen Fleck, dessen Form an einen Weihnachtsbaum erinnert. Zwischen vier und sieben Jahre alt ist das Jaguarmännchen; und tatsächlich konnten die Kamerafallen Moises an jeder einzelnen der 42 Wasserstationen fotografieren, die der WWF in Calakmul eingerichtet hat.

Klimawandel sorgt für weniger Wasser

Jaguar an einem Fluss in Brasilien © Richard Barrett / WWF-UK
Jaguar an einem Fluss in Brasilien © Richard Barrett / WWF-UK

Moment mal – künstliche Wasserstellen im tropischen Regenwald? Gibt es dort nicht genügend Wasser für die Jaguare?

Nicht mehr! Weil im Karstboden der Region Wasser sofort versickert, gibt es dort keine Seen oder Flüsse. Für die Trinkwasserversorgung sind die Tiere auf sogenannte Aguadas angewiesen, das sind kleine, flache Teiche, die von Regenwasser gespeist werden. Doch der Klimawandel hat das Niederschlagsmuster in den letzten Jahren verändert, die Aguadas können nicht mehr genug Regen einfangen, um sich über die Trockenzeit hinweg zu halten.

Das hat fatale Folgen: Auf der Suche nach Wasser kommen die Tiere in die Nähe menschlicher Siedlungen, zerstören dort die Wasserreservoirs und gefährden so die Wassersicherheit der lokalen Bevölkerung. Die wirtschaftlichen Schäden, die sie anrichten, bezahlen die Tiere oftmals mit dem Leben. Derartige Mensch-Wildtier-Konflikte sind eine der Hauptursachen für den Rückgang der Jaguarpopulationen: Lebensraumverlust treibt die Tiere in die Nähe der Dörfer – und der Klimawandel befeuert diese Entwicklung. In den letzten 14 Jahren ist die Anzahl der Jaguare weltweit um 20 Prozent zurückgegangen.

Spitze der Pyramide

Als Spitzenprädator steht der Jaguar in seinem Lebensraum ganz oben in der Nahrungskette, er sichert die Biodiversität und stabilisiert das Ökosystem.

Verschwindet ein Spitzenprädator, gerät das komplexe Nahrungsnetz in einem Dominoeffekt aus dem Gleichgewicht. Eine intakte Jaguarpopulation im Maya-Wald bedeutet also auch eine bessere Lebensgrundlage für die Menschen, die auf die Waldressourcen angewiesen sind.

Kamerafallenbild eines Bergtapirs in Peru © WWF Peru
Profitiert auch: Tapir in Peru © WWF Peru

Grund genug für den WWF, gemeinsam mit der mexikanischen Nationalen Kommission für Naturschutzgebiete (CONANP) und anderen lokalen Partnern eine Wassermanagementstrategie aufzusetzen.

Das Team hat insgesamt 42 Trinkwasserquellen installiert, die regelmäßig mit frischem Wasser aufgefüllt werden.

Das Projekt zeigt schon jetzt Wirkung: Nicht nur Moises und seine Artgenossen nutzen regelmäßig die Wasserstationen – 76 weitere Vogel- und Säugetierarten, darunter Pumas, Tapire, Ozelote und Weißbartpekaris, tummelten sich bis dato an den Trinkquellen, das ergab die Auswertung der Kamerafallenbilder. 

Das Projekt stärkt nicht nur die Wassersicherheit der Wildtiere, sondern auch die der lokalen Bevölkerung: Die Trinkwasserstationen halten die Tiere von menschlichen Siedlungen und ihren Wasservorräten fern und reduzieren so Mensch-Wildtier-Konflikte. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten!

  • Jaguar in einem Baum © Yves Jacques / REY MILLET / WWF Jaguar: Die größte Raubkatze Amerikas

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