Die Region „Tsavo-Mkomazi“ im Grenzgebiet von Kenia und Tansania ist besonders artenreich. Doch dieser Naturreichtum ist bedroht: Wilderei, Lebensraumfragmentierung, aber auch Siedlungswachstum und Wasserknappheit gefährden nicht nur die Wildtiere, sondern auch die Lebensgrundlage der Menschen. Ein WWF-Projekt zeigt, wie es gelingen kann, ein Umfeld zu schaffen, in dem Mensch und Tier in Harmonie miteinander leben.

Wilderei, Siedlungs- und Straßenbau, die Ausweitung einer nicht nachhaltigen Landwirtschaft und die Überweidung durch zu viele Viehherden erhöhen den Druck auf die natürlichen Ressourcen in der Region Tsavo-Mkomazi, einer der drei Ökoregionen der Naturschutzinitiative „Unganisha“.

Das bedroht nicht nur Afrikanische Wildhunde, Savannenelefanten, Spitzmaulnashörner und Löwen, sondern auch die Menschen, die in der Region leben. Immer wieder kommt es zu Konflikten, weil Menschen und Wildtiere um die gleichen Ressourcen wie Weideland und Wasser konkurrieren. Verschärft werden die Probleme durch die Klimakrise und die damit verbundenen Wetterextreme wie lange Dürreperioden.

Konkurrenz um Nahrung und Wasser

Ein Lichtblick für viele Familien sind stabile Zäune, die das Vieh vor Wildtieren schützen - eine einfaches und effektives Mittel © WWF Kenia
Ein Lichtblick für viele Familien sind stabile Zäune, die das Vieh vor Wildtieren schützen - eine einfaches und effektives Mittel © WWF Kenia

Das Dorf Kalambandea im Distrikt Mwanga in Tansania ist eines der Dörfer, in denen Konflikte zwischen Menschen und Wildtieren zunehmen. Aufgrund der Nähe zum Mkomazi-Nationalpark auf tansanischer Seite und zum Tsavo-Nationalpark in Kenia werden die Bewohner mit Wildtieren konfrontiert, die auf der Suche nach Wasser und Nahrung die Parks verlassen. Oft dringen sie dann in die Dörfer ein, zerstören Ernten, töten das Vieh, verletzen oder töten sogar Menschen.

Papakini Yaizer, Gemeindevorsteher von Kalambandea, schildert die Probleme: „Wir haben in wenigen Wochen mehr als 1.000 Tiere verloren, darunter Rinder, Schafe und Ziegen. Wir hatten schlaflose Nächte, und in der Trockenzeit war die Situation noch schlimmer, weil die Elefanten auf der Suche nach Wasser und Nahrung den Park verließen und in den Gemeinden großen Schaden anrichteten“.

Prädatoren-sichere Vieh-Gehege sind eine einfache Lösung

Material aus abgebauten Zäunen aus den Wildtierkorridoren konnten für Viehgehegen, die Löwen und andere Prädatoren sicher abhalten, sinnvoll wiederverwendet werden © WWF Kenia
Material aus abgebauten Zäunen aus den Wildtierkorridoren konnten für Viehgehegen, die Löwen und andere Prädatoren sicher abhalten, sinnvoll wiederverwendet werden © WWF Kenia

In Kalambandea unterstützt der WWF Massai-Familien beim Bau von Bomas – den sicheren Umzäunungen, die das Vieh vor den großen Beutegreifern schützt. Auch die Familie von Papakinyi Yaizer hat so ein Gehege erhalten. „Vor dem Bau der Bomas wurden durchschnittlich drei Tiere pro Nacht von Raubtieren getötet, nach dem Bau der Bomas gab es dank des WWF keinen einzigen Fall mehr!“, berichtet Papakinyi Yaizer.

Auch seine Frau schildert die Probleme: „Vor dem Bau der Bomas hatten wir manchmal zu wenig Milch, weil die Raubtiere die Kälber angriffen und so die Milchmenge der Kühe verringerten. Aber seit dem Bau der Bomas sind wir glücklich und unser Vieh wird nicht mehr angegriffen“.

„Im Mkomazi-Ökosystem leben mehr als 40 Löwen und über 1.200 Elefanten“.

Artenschutzexperte Dr. Noah Sitat

Wildtiere auf der Suche nach Wasser

Elefanten ziehen auf der Suche nach Wasser und Nahrung meist in Gruppen umher © WWF Tansania
Elefanten ziehen auf der Suche nach Wasser und Nahrung meist in Gruppen umher © WWF Tansania

Die Klimakrise verschärft den Konflikt zwischen Mensch und Tier, denn die Dürre wirkt sich auch auf Nationalparks und Schutzgebiete aus: Wildtiere konkurrieren mit dem Vieh der Massai um Weideland und Wasser. Das führt zu Konflikten, wenn vor allem Elefanten auf der Suche nach Wasser aus dem Park in die umliegenden Dörfer ziehen.

Als die Dürreperiode des vergangenen Jahres immer länger andauerte, drangen die Elefanten immer öfter in das nahe gelegene Dorf Kalambandea ein. Ernten wurden zerstört, Tiere und Menschen verletzt. Diese Vorkommnisse machten den Menschen in den Gemeinden Angst, insbesondere den Schüler:innen. Viele mieden nun den Schulweg – aus Angst, auf dem Weg Elefanten und anderen Wildtieren zu begegnen.

Wasserbecken entspannen die Lage

Genug Wasser für das Vieh der Massai - Rückhaltebecken in Tansania © WWF Tansania
Genug Wasser für das Vieh der Massai - Rückhaltebecken in Tansania © WWF Tansania

Als Antwort auf diese Herausforderungen hat der WWF Tansania die Gemeinde, die Menschen und die Tiere der Region durch den Bau von zwei Wasserrückhaltebecken in den Dörfern und zwei weiteren im Mkomazi Nationalpark unterstützt.

Das Wasser der Becken kommt sieben Dörfern zugute und versorgt 300 Haushalte im Distrikt Kalambandea. Die Massai nutzen die Wasserstellen für ihr Vieh und für sich selbst. Mehr als 15.000 Tiere der Massai werden so mit Wasser versorgt, berichtet Papakinyi Yaizer.

„Ich bin so froh, dass wir seit Beginn der Regenzeit genug Wasser für unser Vieh und die Wildtiere haben und es auch für einige Hausarbeiten nutzen können. Wir sind sicher, dass es uns in der Trockenzeit helfen wird und sind froh, dass unser Vieh nicht mehr mit den Wildtieren um Wasser konkurrieren muss“, sagt Papakinyi Yaizer.

Nachhaltige Wassernutzung

Die Menschen in der Region Tsavo-Mkomazi wissen um die Bedeutung der Ressource Wasser. Es ist lebensnotwendig für Mensch und Tier. Um Strukturen für eine nachhaltige Wassernutzung zu schaffen, hat der WWF gemeinsam mit den Menschen vor Ort eine sogenannte  „Water User Association (WUA)“ gegründet.

Die Mitglieder der WUA sensibilisieren andere Gemeindemitglieder für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser, aber auch mit den Süßwasserlebensräumen und organisieren das Management der Wasserresourcen und den Unterhalt der Wasserrückhaltebecken.

Eines der von der WUA umgesetzten Projekte war die Sanierung der Wasserinfrastruktur im Dorf Emuguri, von der viele Menschen profitieren. Ein weiteres Projekt der WUA ist eine Baumschule, in der verschiedene Baumarten für Agroforstsysteme und Farmen gezüchtet werden, darunter Zypressen, Kiefern und Obstbäume sowie verschiedene einheimische Arten. Diese Bäume dienen dem Schutz der Wasserquellen, dem Erosionschutz und reduzieren als alternative Holzquellen den Druck auf die Naturwälder. Das ehrgeizige Ziel der Menschen, die sich in der Baumschule engagieren, ist es, in den nächsten zwei Jahren 200.000 Setzlinge heran zu ziehen.

Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über den WWF Deutschland gefördert. 

  • Flusspferd im Selous in Tansania © Michael Poliza / WWF Kenia und Tansania

    Die Nationalparks der ostafrikanischen Länder beheimaten eine immense Artenvielfalt und die größte Elefantenpopulation Afrikas. Weiterlesen ...