Fast zwei Jahre kann es dauern, bis eine Ananas reif ist. Kautschukbäume brauchen sogar mindestens sechs Jahre, bevor ihr Saft gesammelt werden kann. Für Farmerin Nichakan Pongsarikitaus Thailand ist es eine Katastrophe, wenn ihre Ernte nach jahrelanger Geduld innerhalb weniger Minuten zerstört wird. Doch das ist die harte Realität am Rande des Kui-Buri-Nationalparks, wo noch etwa 240 Elefanten leben.

Nahrung für Mensch und Tier

Gemüseanbau in Myanmar © Stephen Kelly / WWF-Myanmar
Gemüseanbau in Myanmar © Stephen Kelly / WWF-Myanmar

Viele Futterplätze Asiatischer Elefanten sind heute in Ackerland umgewandelt. Ihre natürliche Nahrung wird knapper, dafür locken bestellte Felder saftiger Früchte. Hier fressen und zertreten die grauen Riesen aber die hart erarbeitete Lebensgrundlage der örtlichen Bäuerinnen und Bauern.

Über 1.000 Kilometer von Farmerin Nichakan Pongsarikit entfernt, in Myanmar, wäre Bauer Ko Naing fast zu Tode gekommen, als er zwei Elefanten aus seinen Feldern vertreiben wollte.

„Einer der Elefanten stürmte auf mich zu; und ich fiel der Länge nach hin“, erzählt er. „Es war reines Glück, dass der Elefant plötzlich umdrehte.“ Ernteschäden durch Elefanten sind an der Tagesordnung in der Ayeyarwady-Region im Süden von Myanmar, wo Ko Naing lebt.

Myanmar: Wenn die Elefanten ins Dorf kommen

Bis in die 1970er Jahre gab es mehr als 6.000 Asiatische Elefanten in der Wildnis Myanmars. Heute sind es nur noch etwa 2.000 Tiere, die einer Vielzahl von Bedrohungen wie Wilderei und Lebensraumverlust ausgesetzt sind. Doch während sich Naturschützer:innen für den Erhalt der Art einsetzen, mehren sich die Konflikte zwischen den Elefanten und den Menschen.

„In unserem Haus leben nur mein Sohn und ich. Lange Zeit konnte ich nachts nicht schlafen, weil ein Elefant so dicht herankam.“

Ko Naing, Bauer in der Ayeyarwady-Region im Süden von Myanmar

Schutz für Elefanten und Menschen

Die Menschen in Ko Naings Dorf schlagen auf Töpfe, blinken mit Taschenlampen oder zünden Feuerwerkskörper, um die Elefanten zu vertreiben: Vergleichsweise harmlose Reaktionen angesichts ihrer Sorge um Einkommen, Häuser und Familie. „Ich hasse die Elefanten nicht“, betont Ko Naing. "Wir haben ihre Weidegründe erschlossen; und sie sind zu uns gekommen, wo wir leben. Das ist der Weg der Natur."

WWF-Team in Myanmar © WWF-Australien / Tim Cornin
WWF-Team in Myanmar © WWF-Australien / Tim Cornin

2023 haben sich die Mitglieder verschiedener Dörfer in der Region Ayeyarwady mit dem WWF und einer lokalen Naturschutzorganisation zusammengeschlossen, um zwei solarbetriebene Elektrozäune um etwa 1.000 Hektar Ackerland zu planen, zu installieren und anschließend regelmäßig zu warten.

Die Gemeinden wollen außerdem helfen, Lebensräume der Elefanten wiederherzustellen. Sie reparieren kaputte Dämme, damit die Tiere während der heißen Sommermonate ausreichend Trinkwasser finden. Und sie haben Kameras um wichtige Grasflächen installiert, um die Elefantenpopulationen und den Zustand des Lebensraums zu überwachen.

Elly Ally: Allianz zum Schutz der Elefanten

Die Abkürzung Elly Ally steht für Elefanten-Allianz und eine Vielzahl ähnlicher WWF-Projekte in den letzten Verbreitungsländern Asiatischer Elefanten wie China, Kambodscha, Indonesien, Thailand und Vietnam. Sie alle fördern eine friedliche Koexistenz der Tiere und Menschen. Denn wo sich Mensch-Elefanten-Konflikte häufen und verschärfen, ist aus Angst und Rache letztlich die gesamte Art in Gefahr.

Nahe des Kui-Buri-Nationalparks gut 250 Kilometer südlich von Bangkok in Thailand hat auch Farmerin Nichakan Pongsarikit inzwischen Frieden mit den Elefanten geschlossen. „Früher wollte ich den Elefanten nie begegnen“, sagt sie. „Jetzt möchte ich sie am liebsten jeden Tag sehen.“

Ökotourismus als große Chance

Asiatische Elefanten im Kui Buri-Nationalpark © Wayuphong Jitvijak / WWF Thailand
Asiatische Elefanten im Kui Buri-Nationalpark © Wayuphong Jitvijak / WWF Thailand

Inmitten ihrer Wut über die zerstörten Ernten erkannte Nichakan Pongsarikit die Chance, die ihr die majestätischen Elefanten boten. Mit Hilfe des WWF und der Nationalparkverwaltung lernte sie mehr über die Tiere, ihr Verhalten, ihre Bewegungsmuster und ihren Lebensraum, erwarb Fremdsprachenkenntnisse und arbeitet heute als Touristenführerin.

Andere Betroffene stellen handgefertigte Souvenirs her, die eng mit den Elefanten verknüpft sind – wie zum Beispiel natürliche Färbemittel und Papier aus Elefantenkot. Die Gemeindemitglieder rund um den Nationalpark haben es geschafft, den Konflikt zwischen Mensch und Elefant in Thailand in neue Einkommensmöglichkeiten durch den Ökotourismus zu verwandeln.

Elly Ally überall

Die Beispiele aus Myanmar und Thailand zeigen, welch große Rolle lokale Gemeinden beim Naturschutz spielen. Elefanten bewohnen heute nur noch fünf Prozent ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets in 13 Ländern.

Um ganzheitlich auf eine Zukunft hinzuarbeiten, in der Menschen und Elefanten dicht an dicht nebeneinander leben können, müssen unterschiedlichste soziale, kulturelle, politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Interessen Berücksichtigung finden. Entsprechend verschieden gestalten sich die WWF-Projekte je nach Land und Region. Und doch ziehen sie – auch grenzüberschreitend – an einem Strang: Einer Allianz mit den und für die Asiatischen Elefanten, die sich als Elly Ally in den Elefantenländern einen Namen machen soll.

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