Tiger sind bedroht. Zahlen aus dem Jahr 2016 zufolge leben nur noch etwa 3.900 der majestätischen Raubkatzen in freier Wildbahn. Ihre größte Bedrohung ist der illegale Handel: verkauft werden ganze Tiere, ihre Körperteile und Tigerprodukte, ob als Medizin, Gesundheitstonikum, Glücksbringer oder Dekoration. Tiger und ihre „Produkte“ sind Symbol für Reichtum und Status. Wer davon ausgeht, dass Tigerhandel nur in asiatischen Ländern stattfindet, liegt falsch. Ein aktueller Report von TRAFFIC und WWF zeigt: Auch in Europa wird mit Tigern gehandelt und „Tiger Kings“ gibt es nicht nur in den USA.

Europäische Länder wie Belgien, Deutschland, Frankreich oder Italien zählten zwischen 1975 und 2018 zu den 30 größten Exporteuren und Importeuren von Tigern weltweit, so ein Interpol-Report aus dem Jahr 2019. Der Report „Durchs Raster gefallen: Tigerhandel in Europa“ widmet sich diesem Problem und zeigt auf: Es gibt bedeutende Tigerhandelsrouten zwischen Europa und Asien, wobei einige EU-Mitgliedstaaten Tiger in Länder mit mutmaßlich illegaler Tigerzucht exportieren, wie z. B. Vietnam, Thailand und China.

Tigerprodukte © Tom Svenson / WWF Sweden
Tigerprodukte © Tom Svenson / WWF Sweden

Tatsächlich ist es in der EU gestattet, Tiger zu kommerziellen Zwecken an Drittländer zu verkaufen. Im Untersuchungszeitraum wurden von 187 lebenden Tigern 43 Exemplare zu kommerziellen Zwecken exportiert. Weitere 73 Tiger landeten in Zirkussen, Freizeitparks und Wandertiershows auf der ganzen Welt, etwa in Thailand, Vietnam, China, Singapur, Russland und der Türkei. Darüber hinaus gab es 95 Beschlagnahmungen von Tigerprodukten wie etwa angebliche Medizin oder Schmuckgegenstände.

Haltung und Zucht von Tigern in Europa

Der Report kommt zu dem Ergebnis, dass es in der EU sehr unterschiedliche Systeme gibt, die die Haltung und Zucht von Tigern in Gefangenschaft regeln. So ist beispielsweise in Deutschland, Tschechien, Frankreich und Großbritannien die Haltung und Zucht von Tigern in Gefangenschaft durch Privatpersonen erlaubt. Es gibt keine einheitlichen Verfahrensweisen hinsichtlich der Registrierungs- und Kennzeichnungsanforderungen für diese Exemplare und auch keine Überwachung der Zucht in Gefangenschaft.

Es existieren in den untersuchten Ländern – mit Ausnahme von Tschechien – keine Zentralregister mit Informationen über Einrichtungen, in denen Tiger gehalten werden. Eine Rückverfolgung über Identifizierung, Nachkommen, Datum und Grund des Todes und Export ist so nicht möglich.

Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden
Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden

Zudem mangelt es an Aufzeichnungen über strafbares oder fahrlässiges Verhalten von Unternehmen oder Einzelpersonen, die Tiger züchten und/oder verkaufen. Das wirft die Frage auf, wie die Mitgliedstaaten sicherstellen können, dass in Gefangenschaft gehaltene lebende Exemplare oder Teile und Produkte von Tigern nicht in den illegalen Handel gelangen. Der Report von TRAFFIC und WWF „Durchs Raster gefallen“ gibt hierfür Handlungsempfehlungen vor, wie beispielsweise einen EU-weiten Leitfaden für die Haltung von Tigern in Gefangenschaft.

Der WWF fordert ein Verbot des kommerziellen Tigerhandels

Der WWF fordert ein Verbot des kommerziellen Handels mit Tigern und Tigerteilen in und aus der EU. Außerdem fordern wir ein Ende der Haltung von Tigern in Zirkussen und privater Hand in der EU, wenn sich die Kontrolle dort nicht massiv verbessern lässt. Für diese Kontrolle könnten existierende gute Mechanismen zur Nachverfolgung einzelner Tiger und Tigerbestände als Vorbild dienen, wie Datenbanken und Register aus den Zoologischen Gärten und Behörden.

„Der illegale oder schlecht regulierte Handel mit Tiger und Tigerprodukten ist auch eine Gefahr für wildlebende Exemplare durch Wilderei“

Dr. Arnulf Köhncke, Leiter Artenschutz beim WWF Deutschland

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass auch Europa ein Drehkreuz des internationalen Tigerhandels ist. Jenseits der Zoologischen Gärten gibt es hierzulande viele Tiger in menschlicher Haltung. Allerdings wissen wir nicht einmal die genaue Anzahl und wo sie sich befinden, da jedes Land unterschiedliche nationale Bestimmungen hat“, so Köhncke.

„Nur wenige EU-Länder erfassen die Bestände von Großkatzen-Haltern und Privatzüchtern. Diese Situation erschwert die Strafverfolgung in Bezug auf den illegalen Handel mit Tigern aus Gefangenschaft erheblich. Wir machen uns daher große Sorgen, dass die aktuellen Regularien in Europa zu Tigerhaltung und -zucht in privater Hand sowie der Entsorgung toter Tiger nicht verhindern können, dass diese zum globalen, illegalen Tigerhandel beitragen sind. Daher fordert der WWF nicht nur weiterhin die Schließung der asiatischen Tigerfarmen, sondern auch bessere Kontrollen und Regularien in Europa.“

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