Mit der Publikation Protecting Blue Corridors führen die Expert:innen nicht nur erstmals umfassende Forschungsergebnisse zusammen, sondern skizzieren auch einen kooperativen Ansatz, um Wale zu bewahren: geschützte blaue Wanderwege, die ihre wichtigen Lebensräume verbinden.
Als Wächter der Ozeane zeigen uns Wale, wie es um die Gesundheit der Meere steht. Und es geht ihnen immer schlechter, stellen der WWF und seine Partner:innen in ihrer aktuellen Studie heraus.
Wale als Wunder, Wächter und Klimaschützer
Ob Blauwal, Pottwal oder Buckelwal: Die Riesen der Meere faszinieren uns Menschen – wie majestätisch sie durchs Wasser gleiten oder sich als Säugetiere an das Leben im Nass angepasst haben. Nicht umsonst macht allein der jährliche Umsatz der Walbeobachtungsindustrie weltweit geschätzt zwei Milliarden US-Dollar aus.
Neben ihrer Schönheit tragen Wale zur Regulierung des Klimas bei: So bindet ein Wal die gleiche Menge an Kohlenstoff in seinem Körper wie tausende Bäume. Ihre Ausscheidungen indes düngen die Ozeane und fördern das Wachstum von Phytoplankton – mikroskopisch kleine Pflanzen, die mehr als die Hälfte des weltweiten Sauerstoffs produzieren.
Doch es geht noch weiter, denn Wale gehören zu den sogenannten Bioindikatoren. Sie zeigen die Auswirkungen bestimmter Einflüsse des Menschen an. Einfach gesagt: Wale zeigen an, wie gut oder schlecht es unseren Meeren geht. Schließlich sind sie den menschengemachten Umweltgefahren in besonderer Weise ausgesetzt und reagieren schneller darauf als andere Meereslebewesen. Wale sind sozusagen Wächter der Ozeane.
Bedrohte Arten – WWF will Walschutz verbessern
Vor diesem Hintergrund wächst die Besorgnis, denn ein Drittel der Waltiere – Cetacea, zu ihnen gehörten Wale, Delfine und Tümmler – gilt als bedroht. Es besteht ein hohes bis extrem hohes Risiko, dass sie in freier Wildbahn aussterben. Allein sechs der 13 Großwalarten sind als gefährdet oder stark gefährdet eingestuft, trotz jahrzehntelangen Schutzes seit dem Ende des Walfangs.
Der WWF und Partner:innen, darunter die Universitäten von Southampton und Kalifornien sowie die staatliche Universität Oregon, haben deshalb alle wichtigen Erkenntnisse und aktuelle Forschungsergebnisse – etwa durch Satellitenortung – in der Studie Protecting Blue Corridors zusammengetragen und ausgewertet, um den Schutz der Wale voranzubringen. Erstmals zeigen die Verfasser:innen weltweit die Wanderwege von Walen auf und untersuchen die Gefahren, die ihnen in den jeweiligen Regionen drohen.
„Der Bericht enthält einige der bisher umfassendsten Daten über die großräumigen Bewegungen von Walen durch die Weltmeere. Er zeigt uns, dass wir dringend handeln müssen, bevor Arten wie der Nordatlantische Glattwal vor unseren Augen für immer von der Erde verschwinden. Die Daten liefern uns die nötige wissenschaftliche Grundlage, um wichtige Maßnahmen und nötige Entscheidungen zu ihrem Schutz zu identifizieren und einen Verbund von Schutzgebieten zu schaffen, sodass Wale ungestörter leben können.“
Zunehmende Gefahren für Wale weltweit
Wale sind auf verschiedene Lebensräume im Meer angewiesen: Gebiete, in denen sie zum Beispiel fressen, sich paaren, Junge gebären oder sie aufziehen.
Zwischen diesen Gebieten wandern die Wale und legen pro Jahr teils zehntausende Kilometer zurück.
Doch menschliche Aktivitäten in ihren kritischen Lebensräumen und entlang ihrer Wanderrouten bedrohen sie zunehmend.
Neben den Folgen der Erderhitzung sind das zum Beispiel:
- der Beifang in Fischereien oder das Verfangen in zurückgelassenem oder verloren gegangenen Fanggeräten (Geisternetze)
- die Überfischung ihrer Beutetiere
- die Schifffahrt mit oft tödlichen Gefahren durch Schiffskollisionen
- die Belastung der Gewässer durch Schadstoffe, Plastik und Störgeräusche – Schiffslärm etwa beeinträchtigt das Kommunikations- und Ernährungsverhalten der Wale und kann zur Vertreibung aus wichtigen Lebensräumen führen, mit Folgen für Gesundheit und Fortpflanzung
- die Erschließung von Küsten- und Meeresgebieten für die Förderung von Mineralien, Öl und Gas oder den Bau von Infrastruktur wie Häfen – die den Verlust, die Verschlechterung oder die Zerschneidung von Lebensräumen bedeuten kann kommerzieller und illegaler Walfang
In der Studie stellen die Expert:innen diese Gefahren konkreten Lebensräumen und Wanderrouten verschiedener Wale gegenüber. Dabei wird deutlich: In keiner der untersuchten Regionen können Wale ungestört leben. Schlimmer noch, meist sind die Meeressäuger mehrfachen Bedrohungen ausgesetzt.
An der Westküste Nordamerikas beispielsweise überschneiden sich Migrationsrouten und Fressgebiete vieler Wale mit dem Schiffsverkehr, Kollisionen sind dort die Hauptursache für den Tod von Blau-, Finn-, Buckel- und Grauwalen. Daneben enden Wale immer wieder als Beifang in der Fischerei, werden durch Lärmeintrag beeinträchtigt oder leiden unter den Folgen der Öl- und Gasförderung.
Ziel des WWF: geschützte Wanderwege für Meeressäuger
Neben Ideen für regionale Lösungen zum Schutz der Wale zeigen der WWF und seine Partner:innen auf, dass die Vernetzung der verschiedenen Lebensräume unerlässlich ist. Denn Arten können besser überleben und sich anpassen, wenn ihre Lebensräume als große, zusammenhängende Netzwerke verwaltet und geschützt werden.
Ein Netzwerk geschützter Wanderwege – so das Ziel – könnte Walen künftig als sichere Schnellstraßen zwischen ihren Lebensräumen dienen. Und die Studie wird noch konkreter: Mit seinen Partner:innen ruft der WWF Regierungen, Industrie und Einzelpersonen auf, bis 2030 gemeinsam sechs blaue Korridore zu identifizieren und zu schützen.
Um dieses Ziel zu erreichen, schlagen die Verfasser:innen konkrete Maßnahmen vor und zeigen auf, wie sie koordiniert und umgesetzt, überwacht und bewertet werden können. Sie nennen Organisationen, etwa die Internationale Walfang-Kommission, die bei der Umsetzung Schlüsselrollen übernehmen könnten, aber auch hilfreiche Management-Instrumente und Abkommen. Deutlich wird dabei eines: Um Wale zu schützen, braucht es dringend ein neues Konzept mit verstärkter Zusammenarbeit und Ressourcen von nationalen Regierungen, internationalen Organisationen, lokalen Gemeinschaften, der Industrie und Naturschutzorganisationen.
Wir müssen jetzt handeln
Das Aussterben der Wale ist real und steht unmittelbar bevor. Viele ihrer Arten werden wahrscheinlich noch zu unseren Lebzeiten als ausgestorben erklärt werden – wenn wir nicht jetzt handeln. Helfen Sie mit, Wale zu schützen!
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