Saw Demo ist Dorfvorsteher von Kyeik Pi Lan, einem Dorf in der Dawna Tenasserim Landschaft im südlichen Grenzgebiet von Myanmar und Thailand. Sein Name bedeutet „Herr Demokratie". Er hat ein warmes Lächeln auf dem Gesicht und trägt ein T-Shirt von Manchester United. Saw Demo ist mit einer Gruppe von Menschen unterwegs, die das neue Gemeindewaldkomitee des Dorfes bilden. Sie wollen Kardamom-Setzlinge pflanzen. Die kleinen, üppigen Pflänzchen, die sie in Säcken Körben auf den Schultern balancieren, sind auch ein Symbol für einen hoffnungsvollen Weg für ihr Dorf und ihren Wald.

Dawna Tenasserim - Heimat für Tiger, Elefant und Fledermaus

Die Dawna-Tenasserim-Landschaft ist eine der größten zusammenhängenden Waldflächen in Südostasien und beheimatet viele weltweit wichtige und gefährdete Tierarten, wie den Indochinesischen Tiger, den Asiatischen Elefanten oder die winzige Schweinsnasenfledermaus. Dorfvorsteher Saw Demo gehört wie die Mehrheit der Bewohnerinnen und Bewohner im Tanintharyi-Korridor, einem Teil der Dawna-Tanasserim-Landschaft, zur ethnischen Gruppe der Karen. Ihr kleines Einkommen verdienen sie vor allem mit Landwirtschaft. Damit sie ihren täglichen Lebensunterhalt bestreiten können, sind sie in hohem Maße auf intakte Wälder angewiesen.

Doch die Gemeinden haben mit vielen Problemen zu kämpfen: Der Verlust des Waldes, die geringe Produktivität der Felder, eine schlechte Wasserversorgung, schlechte Wasserqualität und Landraub sind nur einige davon.

Raubbau als Folge mangelnder Landrechte

Saw und die anderen Dorfbewohner bewegen sich leichtfüßig durch die neu ausgewiesene Gemeindewaldfläche. Der Wald versorgte schon ihre Vorfahren mit Nahrung, Unterkunft und Einkommensmöglichkeiten. Aber der Raubbau an der Natur hat sich auch in der Nähe Kyeik Pi Lan immer stärker ausgeweitet.

Verantwortlich dafür ist vor allem die politische Situation: Kyeik Pi Lan liegt in einem ehemaligen Bürgerkriegsgebiet. Erst 2012 wurde die Region befriedet. Infrastrukturpläne förderten Landspekulationen und illegale Landnahme. Es fehlen adäquate Landnutzungspläne, die Forstpolitik ist unzureichend. Dadurch hat sich das Problem der Entwaldung und Walddegradierung weiter verschlimmert. Mangelnde Landrechte machen die Gemeinden nicht nur anfällig für Landraub, sondern hindern sie an Investitionen in nachhaltiges Waldmanagement und der Erschließung von Einkommensquellen.

Die Dorfbewohner haben Angst, ihre Wälder zu verlieren

Dawna Tenasserim © Gordon Congdon
Dawna Tenasserim © Gordon Congdon

Um den Raubbau an den Wäldern in der Dawna Tenasserim Landschaft zu verringern, unterstützt der WWF die dort lebenden indigenen Karen-Gemeinden, Landnutzungsrechte zu erhalten und ihren Lebensunterhalt weiterhin nachhaltig zu bestreiten. Das ist nicht nur eine Investition in den Naturschutz, sondern auch in Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region.

„Aus Angst, ihre Wälder und Tiere zu verlieren, setzen sich die Dorfbewohner in dieser Gegend für den Erhalt ihrer Wälder ein. Sie haben um Unterstützung durch den WWF gebeten, und wir arbeiten zusammen, um Gemeindewälder und Naturschutzgebiete einzurichten“, sagt Saw Wah Htue, WWF-Mitarbeiter in Myanmar.

Unterstützung, Ausbildung und Beratung durch den WWF

Ausbilder des WWF © Mallory Graves / WWF-Greater Mekong
Ausbilder des WWF © Mallory Graves / WWF-Greater Mekong

Von 2016 bis 2018 half der WWF in fünf Dörfern erfolgreich, die Gemeindewaldrechte auf einer Fläche von 3.229 Hektar zu erhalten. Der WWF bildete die Dorfbewohner aus, ihre Waldflächen noch besser zu bewirtschaften und – wo nötig – geschädigte Waldflächen adäquat zu pflegen und zu renaturieren. Invasive, also eingewanderte oder eingeschleppte Arten, mussten entfernt und Brandschutzflächen eingerichtet werden.

Um die Einkommensmöglichkeiten der Gemeinden zu verbessern, gründete und unterstützte der WWF fünf Produzentengruppen für Bambus, Kardamom und Elefantenfußyams (Amorphophallus paeoniifolius) – natürliche Produkte, die sich gut vermarkten lassen.

Der WWF hat auch Verbindungen zu einer Vielzahl von Händlern aufgebaut, damit die Menschen zur Erntezeit in die Stadt reisen und Preise verhandeln können - mit der Verhandlungsmacht in ihrer Hand.

Wo einst die reiche Artenvielfalt des Waldes um das Dorf herum mehr und mehr zu verschwinden drohte, lebt heute die Hoffnung auf eine Symbiose, in der die nachhaltige Forstwirtschaft Wohlstand verspricht und die Natur sich regenerieren und gedeihen kann. Die Bewohner von Kyeik Pi Lan haben mit ihrer Begeisterung und ihrem Engagement für dieses Projekt einen Präzedenzfall geschaffen. Sie tragen ihren Teil zum globalen Ziel des Schutzes der Wälder unseres Planeten und zur Begrenzung des Klimawandels bei.

Zusammenarbeit auf zehn weitere Dörfern ausgeweitet

Dieser erfolgreiche Ansatz wird mit Hilfe von Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf zehn weitere Dörfer ausgeweitet. Dabei setzt der WWF auch darauf, Vertreter der Dörfer, der Karen National Union (KNU) und der Regionalregierung zusammenzubringen, um eine nachhaltige Landschaftsvision für den Tanintharyi-Korridor zu entwickeln. Welche Wälder müssen geschützt werden? Welche können eingeschränkt genutzt werden? Wo gibt es degradierte Flächen, auf denen Kautschuk angepflanzt werden kann? All dies muss in einem gemeinsamen Prozess festgelegt werden.

Vor allem soll aber die Zukunft der Landschaft wieder in den Händen der Menschen liegen, die von ihrem Überleben abhängig sind.

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