Die besonderen Lebensräume und Arten haben eine nationale und gesamtstaatliche Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt in Deutschland. Sie sollen im Naturschutzgroßprojekt Krautsand im Landkreis Stade in Niedersachsen gesichert und weiterentwickelt werden. Damit wird das Naturschutzgroßprojekt zu einem „Leuchtturm-Vorhaben“ für den Schutz von tidebeeinflussten Flussmündungen.
Im Süßwasserbereich der Tideelbe, an der Grenze zur Brackwasserzone, liegt die Elbinsel Krautsand, die nach der Sturmflut 1976 eingedeicht wurde. Neunauge und Aal, Kiebitz, Bekassine und Uferschnepfe: An und auf Krautsand kommen 40 Arten vor, die bereits auf der deutschen und 111 Arten, die auf der Roten Liste Niedersachsens stehen. 52 von ihnen – etwa Rohrweihe und Wachtelkönig – sind europaweit geschützt. Dass sie alle hier leben können, ist Beweis für den hohen ökologischen Wert des Gebiets. Der WWF Deutschland will gemeinsam mit der NABU-Stiftung die Lebensräume an der Tideelbe nachhaltig schützen und neue schaffen.
Das Artenparadies Krautsand

Krautsand ist geprägt von ausgedehnten Marschengrünländereien, ein „Land-Wasser-Mosaik“ aus Weiden und Wiesen, Prielen, Gräben und Ufersäumen. Diese haben nationale und internationale Bedeutung als Brut- und Rastgebiet für Vögel. Zehntausende Gänse, Brachvögel, Goldregenpfeifer und andere Zugvögel rasten und überwintern hier im Herbst, Winter und Frühjahr.
Die ehemalige Insel wird durchzogen von Wasserläufen und ist eingerahmt von der Wischhafener Süderelbe und dem Ruthenstrom, zwei Nebenarmen der Tideelbe. Ihre Süßwasser-Watten mit Prielen und Flachwasserzonen, Süßwasser-Tideröhrichte und Tide-Auwälder sind heute selten geworden.
Und der Schierlings-Wasserfenchel, ein Doldenblütler, gedeiht nirgends sonst auf der Welt als im Süßwasserbereich des Elbästuars.
Die Tideelbe ist das größte Ästuar – also eine von Ebbe und Flut beeinflusste Flussmündung – in Deutschland und auch eines der größten Ästuare Europas. Sie steht weitgehend unter europäischem Naturschutz.
Artenparadies Tideelbe
Bedrohte Vielfalt
Die seltenen an die Tideelbe angepassten Arten sind keineswegs in Sicherheit. Denn die Nutzung des Ästuars durch den Menschen hat ihren Lebensraum massiv verändert und tut es noch. Durch Eindeichungen gingen 90 Prozent der Überflutungsflächen verloren. Die Nutzung des Marschengrünlands wurde intensiviert. Elbnebenarme sowie Zuflüsse wurden abgetrennt und die Fahrrinne wird für die Schifffahrt gerade zum neunten Mal vertieft. Dies verändert die Strömungsverhältnisse, die Wasserstände und den Wasserhaushalt. Starker Wellenschlag schädigt die Watt-, Röhricht- und Auwaldflächen am Hauptstrom. Flachwassergebiete und Nebenelben wie die Wischhafener Süderelbe verschlicken. Und der Süßwasserbereich versalzt immer mehr. Viele ästuartypische Tiere und Pflanzen sowie spezialisierte Brutvogelarten sind bereits stark gefährdet.
Ästuar-Renaturierung für ein Naturparadies Krautsand

Der WWF Deutschland will die selten gewordenen Lebensräume an der Tideelbe nachhaltig schützen und neue schaffen. Deshalb starten wir gemeinsam mit der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe auf Krautsand ein Naturschutzgroßprojekt.
Wo immer möglich, wollen wir abgetrennte Gewässer wieder an das Tidegeschehen der Elbe anschließen sowie ästuartypische Ufer und neue Gewässer anlegen. So schaffen wir Nahrungs-, Aufwuchs- und Laichgebiete für Fische wie Finte und Schlammpeitzger.
Auch Arten wie die Rohrdommel und der Schierlings-Wasserfenchel sollen auf Krautsand neuen Lebensraum finden. Bestehende und neu zu schaffende Grünländer wollen wir als Lebensraum von Wiesenvögeln und als Vogelrasthabitat aufwerten.
Diese Maßnahmen kommen in Frage
- Neuanschluss ehemaliger Prielsysteme an Ebbe und Flut
- Naturnahes Wassermanagement, u.a. zur Eindämmung der Verlandung von Gewässerstrukturen
- Rückbau von Uferbefestigungen
- Schaffung größerer naturnaher, tidebeeinflusster Gewässer
- Verbesserung der Verbindung naturnaher Grünland- flächen mit dem Gewässersystem.
- Extensivierung der Gründlandbewirtschaftung
- Dauerhafte Sicherung von Naturschutzflächen
Eindrücke aus der Projektregion Krautsand
Ablauf des Projekts

Projektträger ist die Umweltstiftung WWF. Das Projekt ist aufgeteilt in zwei Projektphasen.
- In Phase I (geplant 3 Jahre) wird ein Pflege- und Entwicklungsplan erstellt. In diesem werden auf Basis naturschutz- und wasserwirtschaftlicher Erhebungen und sozioökonomischer Rahmenbedingungen Maßnahmen entwickelt und lokalisiert.
- In Phase II (geplant 10 Jahre) werden die Maßnahmen umgesetzt und dafür Grundstücke über den Projektpartner, die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe, angekauft. In einer projektbegleiten den Arbeitsgruppe, zu der wichtige lokale Akteure einge laden sind, werden die Zwischenergebnisse und geplanten Maßnahmen vorgestellt und diskutiert. Sie können nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden, Verbände und betroffenen Flächeneigentümer umgesetzt werden.
Im Naturschutzgroßprojekt Krautsand sollen ästuartypische Lebensräume und Arten gefördert werden.
Naturschutzgroßprojekt Krautsand
Fördermittel

Das Naturschutzgroßprojekt wird im Rahmen des Bundesprogramms „chance natur“ – Bundesförderung Natur schutz – gefördert. Mit diesem Programm leistet die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt und des nationalen Naturerbes in Deutschland. Es fördert herausragende großflächige Gebiete, denen aus nationaler Sicht eine besondere Bedeutung für den Naturschutz zukommt. Die Finanzierung erfolgt durch das Bundesamt für Naturschutz (75 Prozent) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMU), durch das Niedersächsische Umweltministerium (12,5 Prozent) sowie durch den WWF und die NABU-Stiftung (12,5 Prozent). Die Bewilligungsbehörde ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz.
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