Eine Elefantenmutter steht auf der Autobahn und stößt wieder und wieder ihren Kopf gegen das Führerhaus eines riesigen LKW. Sie versucht offenbar, ihr Junges zu befreien, das regungslos unter dem Fahrzeug liegt vergeblich. Das Elefantenjunge stirbt, der Fahrer des Trucks bleibt unverletzt.

Ein herzzerreißendes Video dieses Vorfalls verbreitete sich im Mai 2025 in Windeseile in den malaysischen Medien. Es ist nicht der erste tragische Unfall dieser Art auf dem 215 Kilometer langen East-West-Highway in Malaysia. Bereits im April 2024 wurde ein Elefantenbaby von einem SUV getötet.

Elefantenherde überquert Schienen © Meraj Anwar / WWF Indien
Elefantenherde überquert Schienen © Meraj Anwar / WWF Indien

Die dramatische Szene macht auf ein großes Problem in den bevölkerungsreichen Ländern Südostasiens aufmerksam: Straßen und Eisenbahnlinien verlaufen direkt durch die Wanderrouten von Elefanten und anderen gefährdeten Wildtieren.

Mit dem Ausbau der Infrastruktur wird der Lebensraum von Wildtieren mehr und mehr zerschnitten, Zusammenstöße und Konflikte häufen sich.

„Der Unfall in Malaysia ist sehr tragisch. Aber es gibt Möglichkeiten, solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden, wenn bei Planung und Bau von Straßen Maßnahmen ergriffen werden, die eine sichere Wanderung der Elefanten ermöglichen“, sagt Nilanga Jayasinghe, Spezialistin des WWF für Asiatische Elefanten und Mensch-Wildtier-Konflikte.

Tempolimits und Frühwarnsysteme können Kollisionen verhindern

Solche Maßnahmen hat eine Arbeitsgruppe der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur IUCN in einem Handbuch formuliert. Es ist der erste speziell auf Elefanten ausgerichtete Leitfaden und soll dabei helfen, Kollisionen zu reduzieren und sichere Passagen für die Asiatischen Elefanten zu schaffen. Im Rahmen der Strategie „Vom Konflikt zur Koexistenz“ (C2C – From Conflict to Coexistence) entwickelt der WWF Malaysia aktuell außerdem Ansätze, um Schutzmaßnahmen mit den sozialen und ökologischen Bedingungen vor Ort in Einklang zu bringen.

Unterführungen helfen © WWF Indien
Kamerafalle beweist: Unterführungen helfen © WWF Indien

Wirksame Maßnahmen können zum Beispiel Tempolimits und Frühwarnsysteme sein. Dabei werden Streckenabschnitte entlang von Bahnlinien und Autobahnen überwacht, die besonders häufig von Wildtieren frequentiert werden.

Der Schutz der Elefanten muss aber schon bei der Entwicklung von Infrastrukturprojekten mitgedacht werden. So können an besonders hoch frequentierten Wanderkorridoren Überführungen gebaut oder gleich eine andere Routenführung geplant werden.

Was tun die Elefantenländer zum Schutz der Elefanten?

Nicht nur in Malaysia, in vielen südostasiatischen Ländern boomt der Bau von Straßen und Eisenbahnlinien seit Jahren. Der Lebensraum der Elefanten schwindet, Unfälle und Konflikte scheinen vorprogrammiert.

Deshalb setzt der WWF sich gemeinsam mit seinen Partnern dafür ein, die Menschen für das Problem zu sensibilisieren und effektive Schutzmaßnahmen in den Elefantenländern Malaysia, Kambodscha, Vietnam, Thailand, Myanmar, Laos und Indonesien umzusetzen.

Malaysia: Kampagne und politische Arbeit

Elefantenherde läuft auf einer Straße, nebeneinander in einer Reihe nehmen sie die ganze Breite ein. Zwischen den erwachsenen Elefanten mehrere Kälber.
Elefantenherde auf der Straße © GettyImages

Der WWF-Malaysia arbeitet auf Basis des IUCN-Handbuchs eng mit den lokalen Behörden zusammen und entwickelt Maßnahmen, mit denen Wildtierunfälle an Straßen und Eisenbahnlinien künftig vermieden werden können.

Eine landesweite Kampagne soll Truck- und Autofahrer:innen für die Risiken von Unfällen mit Wildtieren sensibilisieren, damit sie ihr Fahrverhalten auch zu ihrer eigenen Sicherheit anpassen.

Eastern Plains Landscape: Wildkameras und Kooperation

In der Eastern Plains Landscape, die Vietnam und Kambodscha ökologisch verbindet, soll eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen lokalen Gemeinden mehr Sicherheit für Menschen und Elefanten bringen.

Durch den Einsatz von Kamerafallen werden die Bewegungen und das Verhalten von Elefanten in der Region untersucht. Anhand der Ergebnisse können Verbindungen zwischen den Wandergebieten verbessert werden.

Thailand: Lebensräume verbessern und Frühwarnsysteme einrichten

Vier Elefanten von oben in einer Drohnenaufnahme heben sich sehr hell von der umliegenden Wildnis ab
Elefanten-Monitoring mit Wärmebildkamera © DNP / WWF Thailand

In Thailand setzt sich der WWF dafür ein, Mensch-Elefant-Konflikte um den Kui Buri-Nationalpark zu verhindern. Hier werden im Nationalpark Grasflächen und Salzleck- sowie Wasserstellen geschaffen. Dadurch verweilen die Elefanten eher im Schutzgebiet und müssen nicht außerhalb nach Nahrung suchen.

Wenn sie den Park doch verlassen, alarmiert ein Frühwarnsystem mit Kameras die Nationalpark-Zentrale. So können schnelle Eingreiftruppen zeitnah reagieren und die Elefanten zurück in den Nationalpark leiten.

Spurensuche in Laos

Um die genetische Vielfalt der Elefantenpopulation im Schutzgebiet Nam Poui National besser zu verstehen, sammeln Mitarbeitende des WWF hier Proben aus Elefantendung. Daraus können sie künftig Informationen über die Verbindungen mit Elefantenpopulationen im Doi Phu Kha National Park auf der anderen Seite der Grenze in Thailand ziehen. Solche DNA-Probenahmen sind auch für die Eastern Plains Landscape in Kambodscha und Vietnam geplant.

Indonesien setzt auf Medien und Prominenz

Der beliebte indonesische Schauspieler und Influencer Chicco Jerikho engagiert sich seit vielen Jahren für den Schutz von Elefanten. Zuletzt hat er an einem Dokumentarfilm über Elefanten in den Provinzen Jambi und Aceh mitgewirkt, an dessen Produktion sich der WWF Indonesien beteiligt hat. Der Film ist Teil einer Kampagne, in der unter anderem Konflikte zwischen Menschen und Elefanten sowie die Interaktionen zwischen privaten Unternehmen, lokalen Gemeinden und wildlebenden Elefanten beleuchtet werden.

Straßenlaternen und Zäune in Myanmar

Mehrere Männer stellen eine Straßenlaterne in der Wildnis Myanmars auf.
Installation solarbetriebener Straßenlaternen © WWF Myanmar und FOW Field Team

In Myanmar leidet die Bevölkerung bereits sehr unter dem Bürgerkrieg. Zerstören Elefanten Felder und Ernten, kann dies existenzielle Folgen für die Menschen haben. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass Elefanten getötet werden.

Um dies zu verhindern, baut der WWF in den Regionen Ayeyarwaddy, Bago und Yoma Monitoring- und Einsatzteams auf. Sie sorgen auch dafür, dass durch einfache Maßnahmen wie solarbetriebene Elektrozäune und Straßenlaternen Elefanten von Straßen, Dörfern und Feldern ferngehalten werden.

Schutzgebiete und Forschung in Vietnam

Begrüßenswert hat Vietnam kürzlich seine Maßnahmen zum Schutz von Elefanten in einem aktuellen Aktionsplan verbessert. Von 2025 bis 2035 werden die Behörden eng mit dem WWF in zwei zentralen Schutzgebieten zusammenarbeiten: Dem Yok Don National Park und dem Elefantenschutzgebiet in Da Nang.

Gemeinsam sichere Wege schaffen

Länderübergreifende Projekte zur Bildung, Aufklärung und Forschung sowie wildtierfreundliche Infrastruktur sind wichtige Maßnahmen, um sichere Wanderkorridore für Elefanten und andere Wildtiere zu schaffen, Kollisionen zu vermeiden und Vorfälle wie den tragischen Tod des Elefantenbabys im Mai 2025 zu vermeiden.

Neubauprojekte lassen sich nicht immer verhindern. Wenn Regierungen, Behörden, Verkehrsplanung, Wissenschaft, Gemeinden und Naturschutzorganisationen eng zusammenarbeiten, können Bahntrassen und Straßen sicherer werden – für die Menschen und für die Elefanten.

  • Asiatische Elefanten © Ola Jennersten / WWF Schweden Asiatische Elefanten

    Es gibt viele Asiatische Elefanten als Haus- oder Arbeitstiere in Südostasien, in freier Wildbahn sind die Dickhäuter jedoch vom Aussterben bedroht. Weiterlesen...

  • Elefant in Myanmar © Julia Thiemann / WWF-Germany Elly Ally: Zusammenleben mit Elefanten

    Viele Futterplätze Asiatischer Elefanten sind Ackerland. Ihre natürliche Nahrung wird knapper, dafür locken bestellte Felder. Konflikte sind vorprogrammiert. Weiterlesen...

  • Autobahn in wichtigem Wildtiergebiet der Terai Arc © WWF Indien Wenn eine Autobahn die Wege des Tigers kreuzt

    Schnellstraßen und Schienen verlaufen sogar durch Schutzgebiete! Mit Forschung, rechtlichen Schritten und Kampagnen geht der WWF dagegen vor. Weiterlesen...