Gute Nachrichten aus Indien: Die Zahl der wildlebenden Tiger steigt beständig. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt die Art weiterhin gefährdet.

Schon seit den späten 1960er Jahren setzt sich der WWF weltweit für den Schutz der Tiger ein. Die erste globale WWF-Kampagne mit dem Namen „Operation Tiger“ führte 1973 dazu, dass in Indien das „Project Tiger“ ins Leben gerufen wurde. Dieses Projekt legte den Grundstein für einen nationalen Tigerschutzplan, der richtungsweisend sein sollte.

Seither hat sich viel getan: Die Zahl der Tiger-Schutzgebiete in Indien ist auf derzeit 58 gestiegen. In Indien leben jüngsten Schätzungen zufolge 3.680 Tiger auf einem Gebiet von 138.200 Quadratkilometern – ein klarer Erfolg, denn 2006 waren es nur noch 1.411 Tiere.

Studie liefert wichtige Anhaltspunkte

Eine aktuelle Studie, die im Fachjournal Science veröffentlicht wurde, zeigt, welche Maßnahmen besonders zu dieser erfreulichen Entwicklung beigetragen haben.

Tiger im Pench Tiger Reserve, Indien © Mihir Mahajan / WWF International
Tiger im Pench Tiger Reserve, Indien © Mihir Mahajan / WWF International

Tiger waren und sind besonders durch schwindenden Lebensraum, Armut, bewaffnete Konflikte und Wilderei bedroht.

Der WWF hat sich deshalb in seinen Projekten vor Ort dafür eingesetzt, Schutzgebiete zu stärken, deren Management zu verbessern und die Gebiete durch Korridore miteinander zu verbinden.

Dies trug einerseits dazu bei, dass sich die Population der Wildkatzen erholen konnte, zum anderen förderte es die Koexistenz von Mensch und Tier.

Doch es reicht nicht aus, Schutzgebiete und Korridore auszuweisen – der Erfolg der Schutzmaßnahmen hängt maßgeblich davon ab, dass die Menschen vor Ort aktiv in die Umsetzung eingebunden werden und davon auch profitieren.

Alle müssen an einem Strang ziehen

Indien ist das am dichtesten bevölkerte Land der Welt und stellt 18 Prozent des globalen Lebensraums für die stark gefährdete Großkatze. 75 Prozent der weltweiten Tigerpopulation leben dort.

„Beim Engagement für den Schutz der Tiger kommt es nicht auf die Bevölkerungsdichte an, sondern auf die Haltung und die Lebensweise der Menschen.“

Yadvendradev Jhala vom Wildlife Institute of India, Studienleiter

Von entscheidender Bedeutung ist, dass es eine wissenschaftlich fundierte Schutz-Strategie gibt, die durch die Regierung umgesetzt und von der Bevölkerung mitgetragen wird. Nur so kann der Tigerschutz erfolgreich sein.

Konflikte und Lösungen

Der WWF unterstützt zahlreiche Projekte, um die Koexistenz von Mensch und Tiger in Indien zu fördern – stets in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und der lokalen Bevölkerung, die ihren Lebensraum mit den Tigern teilt.

Um Siedlungen, Vieh und Ernte zu schützen, hat der WWF beispielsweise an vielen Orten in der Terai Arc-Landschaft solarbetriebene Straßenlaternen aufgestellt, um das Risiko gefährlicher Begegnungen mit Wildtieren zu verringern. Das Licht wirkt in der Regel abschreckend auf Tiger und andere Wildtiere und hält sie davon ab, sich zu nähern und in den Dörfern auf Nahrungssuche zu gehen.

Tiger mit erbeuteter Kuh im Ranthambore National Park, Indien © Shutterstock / Sourabh Bharti / WWF
Tiger mit erbeuteter Kuh im Ranthambore National Park, Indien © Shutterstock / Sourabh Bharti / WWF

Eine weitere sehr effektive Maßnahme, die der WWF mitfinanziert, ist die Errichtung von wildtiersicheren Stallungen für das Vieh. Damit können die für die Bäuer:innen kostbaren Nutztiere auch nachts sicher vor Wildtieren untergebracht werden.

Hilfsfonds stellen zudem sofortige Entschädigungen nach Angriffen auf Menschen oder für gerissenes Vieh bereit. Im Falle von sehr auffälligen Tigern unterstützt der WWF die zuständige Forstbehörde auch bei der Rücküberführung der Tiere in Schutzgebiete.

In vielen Regionen führt insbesondere das Sammeln von Brennholz in an Schutzgebiete angrenzenden Wäldern zu Konflikten zwischen Mensch und Tiger. Obwohl die vor Ort lebenden Menschen nur begrenzte Einkommensmöglichkeiten haben, um sich Brennholz zu kaufen, besitzen die meisten zumindest ein paar Rinder und etwas Land.

Der WWF setzte sich aus diesem Grund für die Förderung von Biogasanlagen ein. Der Dung zweier Kühe reicht, um die wartungsfreie, leicht zu bedienende Anlage einen Tag lang zu befeuern, was in etwa der Energie von sieben Kilogramm Brennholz entspricht. So konnte an manchen Orten der Verbrauch von Brennholz zum Kochen um 60 Prozent gesenkt werden – und damit gefährliche Begegnungen beim Feuerholzsammeln reduziert werden.

Positive Nebeneffekte

All diese Maßnahmen tragen zum Erhalt der Wälder bei, fördert die Artenvielfalt und verbessert somit die Lebensgrundlage nicht nur für die Großkatzen. Allerdings zeigt die Studie auch, dass der Grad, zu dem eine Koexistenz möglich ist, je nach ökonomischen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen der Landesteile variiert.

Tiger überquert eine Straße im Tadoba Tiger Reserve, Indien © ePhotocorp / iStock / WWF-Australia
Tiger überquert eine Straße im Tadoba Tiger Reserve, Indien © ePhotocorp / iStock / WWF-Australia

Politische Stabilität und steigender Wohlstand fördern den Naturschutz, denn „das Aussterben der Tiger war durch bewaffnete Konflikte, Armut und eine umfangreiche Landnutzungsänderung gekennzeichnet“, heißt es in der Studie.

Es lohnt sich also, Anreize zum Naturschutz zu schaffen, Entschädigungen zu leisten, Mensch-Wildtier-Konflikte frühzeitig zu erkennen, ihnen und insbesondere auch der Wilderei vorzubeugen und alternative Einkommensquellen zu fördern.

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