Sie schweben durchs Wasser, haben Augen wie Chamäleons und einen Greifschwanz wie Affen. Das Ungewöhnlichste an Seepferdchen jedoch: Bei ihnen werden die Männchen schwanger. Jetzt wurden wieder einzelne Seepferdchen in der Nordsee entdeckt! Wir wollen wissen, ob es dort noch mehr gibt.

So leben die Seepferdchen

Der Papa ist die Mama! Das ist echt so: Nicht das Seepferdchenweibchen bringt den Nachwuchs zur Welt, sondern das Männchen. Das Weibchen pumpt die Eier in eine Brusttasche an der Bauchseite des Männchens. Dort werden sie vom Männchen besamt und dann ausgetragen.

Seepferdchen bei der Paarung © slovegrove / iStock / Getty Images
Seepferdchen bei der Paarung © slovegrove / iStock / Getty Images

Das Austragen dauert je nach Seepferdchenart und Wassertemperatur zehn Tage bis sechs Wochen. Danach kommen 100 bis 200 Babys zur Welt, die nur ein paar Millimeter groß sind. Trotzdem schwimmen sie sofort davon, klammern sich irgendwo fest und schnappen kräftig nach vorbeischwimmendem Fressen. Sie werden nach frühestens sechs Monaten geschlechtsreif.

Der Papa kümmert sich auch allein um die gesamte Brutpflege. Mama besucht ihn aber jeden Tag. Scheint gut zu klappen, denn die meisten Seepferdchenpaare bleiben ihr ganzes Leben lang zusammen. Vielleicht auch, weil sie jeden Morgen zusammen durchs Wasser tanzen, sich dabei an den Schwanzspitzen festhalten und miteinander Kreise drehen.

Seenadel
Seenadel © Imago / ImageBroker / Rolf von Riedmatten

Verwandte des Seepferdchens

Auch bei den Seenadeln tragen die Männchen die Babys aus. Kein Wunder: Sie sind mit den Seepferdchen eng verwandt.

Welche Geräusche machen Seepferdchen?

Nein, sie wiehern nicht. Sie klicken und grummeln. Unter Stress fangen Seepferdchen an zu brummen und zu zittern, vermutlich, um Feinde zu vertreiben. Bei der Balz und auf der Jagd sind unterschiedliche Klicklaute zu hören, mit denen sie sich wahrscheinlich verständigen.

Was fressen Seepferdchen?

Am liebsten winzigkleine treibende Tiere wie Schwebgarnelen, Flohkrebse und Ruderfußkrebse. Diese Beutetiere saugen die Seepferdchen mit ihrer zahnlosen Trichterschnauze wie ein Staubsauger blitzschnell ein.

WWF Junior Panda

Schon gewusst?

Seepferdchen müssen ständig fressen, weil sie keinen Magen haben! Ihre Beute flutscht einfach durch sie und ihr Verdauungssystem hindurch. Seepferdchen haben auch keine Zähne.

Seepferdchen sind echte Fische

Seepferdchen sind Knochenfische und gehören zur Familie der Seenadeln. Schwer zu glauben, denn auf den ersten Blick scheinen sie sich total von üblichen Fischen zu unterscheiden. Auch typische Schuppen und ein Fischschwanz fehlen ihnen.

Dennoch: Sieht man genauer hin, entdeckt man wie bei „normalen“ Fischen Kiemen, Brustflossen und eine zierliche Rückenflosse. Die Rückenflosse dient dazu, dass sie aufrecht stehend schwimmen. Und die Brustflossen sehen eigentlich aus wie Ohren. Damit sind sie keine guten Schwimmer. Sie sind die langsamsten Fische der Welt und lassen sich hauptsächlich von der Strömung treiben. Mit ihrem Greifschwanz könne sie sich aber auch supergut an Seegräsern und Korallen festhalten.

Wo leben Seepferdchen?

Langschnäuzige Seepferdchen © naturepl.com
Langschnäuzige Seepferdchen © naturepl.com / Alex Mustard / WWF

Es gibt aktuell 57 Seepferdchenarten auf der Erde. Immer wieder werden weitere Arten entdeckt, zuletzt das Sodwana-Zwergseepferdchen vor Südafrika 2020.

Viele von ihnen leben im Meer. Einige Arten können aber auch Brackwasser an Flussmündungen vertragen, das ist ein Gemisch aus Süß- und Meerwasser. Am liebsten leben sie in Küstennähe, in der geschützten Umgebung von Seegraswiesen, Korallenriffen oder Mangrovenwäldern – und dort in Wassertiefen von 1 bis 15 Metern. Einige Arten wie das Zwergseepferdchen findet man sogar in Tiefen bis zu 60 Metern.

Die meisten Arten gibt es in der indopazifischen Meeresregion Ostasiens. Seepferdchen leben aber auch im Mittelmeer, Atlantik, Roten Meer und vielleicht sogar wieder dauerhaft in der Nordsee! Dort kommt hauptsächlich das Kurzschnäuzige Seepferdchen vor, noch seltener das Langschnäuzige.

Tarnen und tricksen

Ein Pygmäen Seepferdchen tarnt sich
Pygmäen Seepferdchen © Juliane Blohme WWF-SG

Wie ein Chamäleon kann das Seepferdchen seine Farbe ändern – vom leuchtenden Korallenrot über cooles Ozeanblau bis hin zum Seegrasgrün. Das tun sie, wenn sie sich vor Feinde verbergen oder mit einem Partner schmusen. Damit ihr Tarnungsauftritt perfekt wird, ahmen sie auch noch die Unterwasserpflanzen in ihrer Umgebung nach: Dafür dienen ihnen die fadenförmigen und knubbelartigen Auswüchse ihrer Haut.

Der Körper der Seepferdchen wird außerdem durch einen knöchernen Panzer geschützt. Dadurch sind sie für die meisten Meeresbewohner ziemlich unappetitlich.

Seepferdchen beherrschen noch einen supergenialen Trick: Sie können ihre Augen unabhängig voneinander bewegen, so wie das auch Chamäleons tun. So haben Seepferdchen mögliche Beute gut im Blick, ohne sich bewegen zu müssen.

Da dürfte ihnen eigentlich nichts passieren, oder? Leider nicht! Gegen den Menschen helfen keine Tricks.

Seepferdchen sind bedroht

Seepferdchen auf einem chinesischen Markt. © John E. Newby / WWF
Seepferdchen auf einem chinesischen Markt. © John E. Newby / WWF

Die Hauptgefahr für Seepferdchen: Millionen von ihnen werden jedes Jahr aus den Meeren gefischt. Vor allem als ungewollter Beifang. Dann werden sie wieder über Bord geworfen – was sie meistens nicht überleben. Seepferdchen werden aber auch gezielt gefischt oder eingesammelt und als getrocknete Souvenirs, als Aquariums-Schmuckstück oder als Medizin verkauft. In der traditionellen chinesischen Medizin werden Seepferdchen zum Beispiel gegen Müdigkeit, Nervosität, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Hautausschläge und Atemwegsprobleme eingesetzt. Und das, obwohl es keinen Nachweis gibt, dass sie wirken. 

Ihre Lebensräume, besonders die Seegraswiesen und Korallenriffe, werden oft durch Abwässer verschmutzt. Dazu gehören auch Düngemittel aus der Landwirtschaft, die im Meer landen. Viele Seepferdchen-Arten sind wegen all dieser Bedrohungen heute gefährdet.

Was der WWF tut

Der WWF setzt sich deshalb weiter dafür ein, dass diese besonderen Tiere besser geschützt werden. Und er kümmert sich darum, dass ihre Lebensräume erhalten werden – die Korallenriffe, Mangrovenwälder und Seegraswiesen.

Außerdem versuchen wir durchzusetzen, den Handel mit Seepferdchen stärker zu überwachen, damit von einzelnen Arten nicht zu viele weggefischt werden. Der WWF macht sich auch dafür stark, dass endlich kein Plastikmüll mehr ins Meer gelangt.

"Es ist jedes Mal ein ganz besonderer Glücksmoment für mich, ein Seepferdchen unter Wasser zu finden. Ich finde, sie sehen aus wie von einem anderen Planeten und sind doch trotz ihrer Behäbigkeit unglaublich grazil und elegant. Leider ist die Seegraswiese in Griechenland, wo ich sie früher öfter gesehen habe, verschwunden – und mit ihr die Seepferdchen."

Dr. Philipp Kanstinger - Meeresbiologe und Forschungstaucher beim WWF

Hilf mit, Seepferdchen zu finden!

Kurzschnäuziges Seepferdchen zwischen Seegräsern und Rotalgen © Anja Bertuch, WWF
Kurzschnäuziges Seepferdchen zwischen Seegräsern und Rotalgen © Anja Bertuch, WWF

Seepferdchen sind echt selten im Wattenmeer. Zwischen 2000 und 2019 wurden dort an den Stränden nur fünf Seepferdchenfunde gemeldet. Doch seit 2022 nimmt die Zahl der Funde deutlich zu. 2024 wurden von Januar bis Ende März bereits neun Seepferdchen an Wattenmeerstränden gefunden. Heißt das, die Seepferdchen kommen zurück? Wo gibt es überhaupt welche und wie viele? Das wollen wir herausfinden.

Deshalb hat der WWF mit vielen anderen Organisationen ein Projekt gestartet. Es heißt: Findet das Nordseepferdchen! Wenn du mit deiner Familie an einem Strand am Wattenmeer unterwegs bist, dann achte mal genau darauf, ob da nicht ein Seepferdchen angespült wurde.

Was tun, wenn du ein Seepferdchen findest?

  • Mach ein Foto, am besten mit einer Münze daneben, damit man im Vergleich sieht, wie groß das Seepferdchen ist. Das Foto kannst du dann in einer E-Mail an den WWF schicken. Vergiss nicht, Datum und Ort reinzuschreiben, also wann und wo du das Seepferdchen gefunden hast.
  • Wenn das Seepferdchen noch leben sollte, dann setze es am besten wieder zurück ins Meer.
  • Wenn das Seepferdchen tot ist und du im niedersächsischen Wattenmeer bist, zum Beispiel auf einer ostfriesischen Insel, dann gib das Tier bitte beim örtlichen Nationalpark-Haus ab.
  • Wenn das Seepferdchen tot ist, und du im schleswig-holsteinischen Wattenmeer bist, dann am besten einfach liegenlassen.

Gefundene Seepferdchen werden später an der Universität Kiel auf ihr Erbgut untersucht, um so herauszufinden, aus welcher Population sie stammen.

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