Die Wrangel-Insel ist ein Refugium für die Ikone der Arktis – den Eisbären. Die staatlich geschützte, etwa 7.600 Quadratkilometer große Insel liegt nördlich von Sibirien. Sie ist ein wichtiger Rückzugsort für Eisbären. Mit Unterstützung des WWF arbeiten amerikanische und russische Wissenschaftler zum ersten Mal seit 25 Jahren wieder zusammen, um diese Tiere in einem der wildesten und entlegensten Winkel der Erde zu erforschen.

Eisbär mit Nachwuchs © Pamela Teitelman
Eisbär mit Nachwuchs © Pamela Teitelman

Die Alaska-Tschukotkas-Eisbärenpopulation verteilt sich zwischen den USA und Russland und bewegt sich weit auf dem Meereis der Beringsee, des Tschuktschen Meeres und Ostsibiriens.

Im Sommer, wenn das Meereis schmilzt, kommen die meisten Bären dieser gemeinsamen Population auf die Wrangel-Insel, um den Sommer auszuharren und auf die Rückkehr des Packeises zu warten. Trächtige Weibchen bleiben im Herbst auf der Insel, um Höhlen in Schneeverwehungen zu buddeln, worin sie dann im Januar Junge zur Welt bringen. Anfang April kommen sie mit ihrem Nachwuchs wieder ans zunehmende Tageslicht.

Andere Bären bleiben nur so lange auf der Insel, bis der Ozean wieder gefriert und sie auf das Eis zurückkehren können, um Robben zu jagen. Heute verbringen Eisbären mindestens einen Monat länger auf Wrangel als noch vor 25 Jahren, weil das Meereis durch den Klimawandel immer mehr verloren geht.

Vorläufiger Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels

 

„In vielerlei Hinsicht ist die Wrangel-Insel das ökologische Herz des Tschuktschen Meeres“, sagt Dr. Eric Regehr, Forscher an der Universität von Washington und leitender Wissenschaftler für amerikanisch-russische Gemeinschaftsstudien. „Für Eisbären ist dieses Schutzgebiet eine einzigartige Zuflucht vor menschlichen Störungen und – zumindest vorläufig – vor einigen der Auswirkungen des Klimawandels.

Von 2008 bis 2016 leitete Regehr eine Studie der US-Regierung, bei der im Frühjahr auf dem Meereis westlich von Alaska Tschuktschensee Eisbären gefangen und wieder freigelassen wurden. Die Forscher stellten fest, dass es in der Population etwa 3.000 Bären gab. Außerdem dokumentierten sie, dass die Bären trotz des Rückgangs der Eisfläche in guter körperlicher Verfassung waren und sich weiter fortpflanzten. Die Studie musste 2017 beendet werden – das Frühjahreseis auf dem Meer war bedingt durch den Klimawandel zu dünn, sodass es gefährlich wurde, dort weiter zu arbeiten.

„Schon 2015 erkannten wir die Zeichen der Zeit“, sagt Regehr. „Obwohl sie großartige Daten liefert: die Forschung an Eisbären ist teuer und wurde mit den sich verschlechternden Bedingungen auf dem Eis schwieriger. Wir mussten einen anderen Weg finden, um diese Bären zu untersuchen.“

Zusammenarbeit zum Schutz der Eisbären

Eisbär in der russischen Arktis © Tom Arnbom / WWF-Canon
Eisbär in der russischen Arktis © Tom Arnbom / WWF-Canon

Die Antwort, so sollte sich zeigen, wartete in Russland. Zusammen mit Dr. Alexander Gruzdev, Direktor des Naturschutzgebietes „Wrangel Island State Nature Reserve“, und Dr. Stanislav Belikov, Laborleiter am Russischen Forschungsinstitut für Umweltschutz, initiierte Regehr die erste amerikanisch-russische Zusammenarbeit an Eisbären vor Ort seit mehr als 25 Jahren.

Seit 2016 fährt das Team jeden Herbst mit Quads 1.000 Kilometer über das zerklüftete Gelände der Wrangel-Insel. Bis heute haben sie von mehr als 1.600 Bären Daten über Lebensraumnutzung, Körperzustand, Fortpflanzung und Verhalten gesammelt. Das Team setzt auch neue, nicht-invasive Methoden ein, um Haarproben zu sammeln, die für genetische und Ernährungsanalysen verwendet werden können.

„In der Vergangenheit wurden zwar bereits Daten über die Wrangel-Insel gesammelt, aber die Methoden waren nicht immer einheitlich und regelmäßig‘, so Regehr.

„Unser Ziel war es, die Eisbärenforschung auf Wrangel mit einem rigorosen wissenschaftlichen Ansatz wieder aufzunehmen und auszuweiten. Was dies möglich machte, war Dr. Gruzdevs Kenntnis der Insel, sein unglaublicher Stab von Wissenschaftlern und Rangern und Dr. Belikovs Erfahrung, die bis zu seiner ersten Expedition auf den Wrangel in den 1970er Jahren zurückreicht.“

Die Arbeit des WWF vor Ort

Das Team plant, im Herbst 2020 in Zusammenarbeit mit Dr. Sybille Klenzendorf, Leiterin für Wildtier-Wissenschaft und Monitoring beim WWF Deutschland, nach Wrangel zurückzukehren. Zu ihren langfristigen Zielen gehört es, die Bedeutung der Insel für die Eisbären zu dokumentieren und zu verstehen, wie die Tschuktschensee Bären auf den Klimawandel – die größte Bedrohung für die Art – reagieren.

„Wir glauben, dass diese Studie Informationen liefert, die für das Management und die Erhaltung der Eisbärenpopulation in Alaska und der Tschuktschensee entscheidend sind“, sagt Sybille Klenzendorf. „Die Arktis verändert sich so schnell, dass wir auf der Wrangel-Insel und in anderen Winkeln der Erde unterwegs sein müssen, um die Auswirkungen der globalen Erwärmung zu untersuchen und alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Eisbären und andere Wildtiere zu schützen.“

Neben dem WWF wird diese Studie vom Wrangel Island State Nature Reserve, der Universität von Washington, dem U.S. Fish and Wildlife Service, dem russischen Research Institute for Environment Protection, Polar Bears International, dem Alaska Department of Fish and Game und der Champion Foundation unterstützt.

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