Der Brillenbär ist – nach dem Tapir – das zweitgrößte Landsäugetier Südamerikas. Seinen Namen verdankt er den Abzeichen im Gesicht, die aber von Tier zu Tier stark variieren. Zuverlässige Bestandszahlen sind nicht bekannt, klar ist jedoch: Brillenbären sind bedroht. Wilderei und Lebensraumverlust setzt den Bären, die auch Andenbären genannt werden, zu. Der WWF setzt sich gemeinsam mit lokalen Naturschutz-Organisationen dafür ein, weitere Schutzgebiete in den Anden einzurichten, bestehende zu vernetzen und eine nachhaltige Nutzung der Natur zu fördern.

Der Brillenbär im Steckbrief

Verwandtschaft Ordnung der Raubtiere, Familie der Bären, einziger überlebender Vertreter der Unterfamilie der Kurzschnauzenbären (Tremarctinae)
Größe 1,3 – 1,9 m Kopfrumpflänge
Gewicht Männchen schwerer als Weibchen, Männchen wiegen 100 – 175 kg (selten bis zu 200 kg), Weibchen 60 – 80 kg
Besonderheiten Einziger Bär in Südamerika und zweitgrößtes Landsäugetier in Südamerika
Soziale Organisation Einzelgänger
Fortpflanzung Paarungszeit vermutlich von März bis Oktober, keine ausreichenden Daten vorhanden
Jungtiere 1 – 2, selten 3 – 4
Lebenserwartung wenig erforscht, vermutlich etwa 20 Jahre, in menschlicher Obhut mehr als 30 Jahre
Geografische Verbreitung Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien und Venezuela, Einzeltiere leben vermutlich auch noch in Nord-Argentinien und Panama
Lebensraum Wälder subtropischer und tropischer Zonen, Busch- und Grasland; in den Anden bevorzugt in Nebelwäldern zwischen 1.000 und 2.700 Metern Höhe.
Ernährung überwiegend pflanzliche Nahrung, selten aber auch Insekten, Vögel und Aas
Bestandsgröße aktueller Bestand aufgrund mangelnder Daten nicht bekannt, Schätzungen gehen von 13.000 bis 18.000 Tieren aus (IUCN, Stand 2017)
Gefährdungsstatus IUCN: "gefährdet"

Wo werden Brillenbären in der zoologischen Systematik eingeordnet?

Von Ordnungen, Familien und Arten

Bei den Brillenbären (Tremarctos ornatus) wurden bisher keine Unterarten bestimmt. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede in den Farbmustern in den verschiedenen Regionen des Verbreitungsgebiets der Brillenbären. Neuere genetische Untersuchungen im nördlichen Teil des Verbreitungsgebiets deuten darauf hin, dass nur wenig Genfluss stattfindet. Die Populationen sind voneinander isoliert, ein Genaustausch findet nicht statt.

Wie sehen Brillenbären aus?

Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten

Der Brillenbär ist das zweitgrößte Landsäugetier Südamerikas © Kevin Schafer / WWF
Der Brillenbär ist das zweitgrößte Landsäugetier Südamerikas © Kevin Schafer / WWF

Der Brillenbär ist – nach dem Tapir – das zweitgrößte Landsäugetier Südamerikas. Die Kopfrumpflänge der Brillenbären beträgt 130 bis 190 Zentimeter. Männliche Brillenbären wiegen 100 bis 175 Kilogramm (selten bis zu 200 Kilogramm), die Weibchen 60 bis 80 Kilogramm. Brillenbären haben ein dichtes und überwiegend schwarzes, manchmal dunkelbraunes Fell. Sie zeichnen sich durch eine weiße bis gelbliche Zeichnung an der Schnauze sowie am Hals und auf der Brust aus.

Oftmals sind auch die die Augen von weißen Zeichnungen umrandet, die einer Brille ähneln. Dieses besondere Zeichen, das bei jedem Tier unterschiedlich ist, führte zum Namen „Brillenbären“. Das Ausmaß der weißen Abzeichen ist sehr unterschiedlich. Viele, wenn nicht sogar die meisten Bären, haben jedoch keine vollständigen Kreise um beide Augen; einige haben partielle Kreise, einige sind stark asymmetrisch, und einige haben praktisch keine Gesichtsmarkierungen oder umgekehrt ein fast komplett weißes Gesicht. Die Schnauze ist unterschiedlich gefärbt und im Vergleich zu den Ursus-Bären kurz.

Die Krallen der Brillenbären sind sowohl an den Vorder- als auch an den Hinterfüßen kurz. Die Unterseite der Füße ist zwischen den Ballen und den Fußsohlen behaart, nicht jedoch zwischen den Fußsohlen und den vorderen Handwurzeln (ähnlich wie bei Asiatischen Schwarzbären).

Wie leben Brillenbären?

Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation

Brillenbären sind Einzelgänger © Kevin Schafer / WWF
Brillenbären sind Einzelgänger © Kevin Schafer / WWF

Ob Brillenbären eher nachts oder tagsüber aktiv sind, hängt von ihrem Lebensraum ab. An einem hochgelegenen Standort in Bolivien wurde beobachtet, dass die Bären ausschließlich tagaktiv waren. Sie schliefen nachts neun bis 12 Stunden wachten bei Sonnenaufgang auf, legten tagsüber kurze Pausen ein und begannen ihre Nachtruhe kurz nach Sonnenuntergang. Dieses Muster veränderte sich im Laufe der Jahreszeiten nicht. Aus anderen Gebieten ist bekannt, dass die Bären durchaus auch nachts aktiv sind, grundsätzlich sind sie aber auch dort eher tagaktiv. Da in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet das ganze Jahr über Nahrung zur Verfügung steht ist, halten Brillenbären keine Winterruhe.

Über die Größe der Reviere gibt es nur wenig Erkenntnisse. Die vorhandenen Informationen deuten darauf hin, dass sie zwischen zehn und 150 Quadratkilometer groß sein können. Die Reviere der Männchen sind größer als die der Weibchen. Sowohl innerhalb als auch zwischen den Geschlechtern überschneiden sich die Reviere weitgehend. Beobachtungen haben ergeben, dass sich Brillenbären entlang einer Höhenlinie zwischen verschiedenen Lebensraumtypen bewegen und dabei saisonalen Veränderungen der verfügbaren Nahrungsressourcen folgen. Entsprechend halten sich Brillenbären häufig an Futterplätzen mit reichhaltigem Nahrungsangebot auf, z. B. Maisfeldern und Kaktushainen, sowie in trockenen Gebieten an Wasserlöchern.

Brillenbären sind in der Regel Einzelgänger. Nur während der Paarungszeit kommen Männchen und Weibchen zusammen.

Was ist über die Fortpflanzung von Brillenbären bekannt?

Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter

Die Paarungszeit der Brillenbären liegt zwischen März und Oktober. Die genaue Dauer der Tragzeit ist allerdings nicht bekannt, da die befruchtete Eizelle mehrere Monate im Uterus der Mutter verweilen kann, bevor es zur Einnistung kommt. Denn die Jungtiere werden jahreszeitlich so geboren, dass sie ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden, sobald sie Früchte fressen können. Durch die verzögerte Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus, kann also der Geburtstermin beeinflusst werden. Pro Wurf kommen ein bis drei Junge zur Welt. Wie alle Bärenkinder sind sie überraschend klein, wiegen nur etwa 300 bis 400 Gramm und sind völlig hilflos. Weibchen können im Abstand von zwei Jahren Junge bekommen, beginnend im Alter etwa vier bis sieben Jahren. Über die Lebenserwartung von Brillenbären ist wenig bekannt, vermutlich werden sie in freier Wildbahn bis zu 20 Jahre alt, in menschlicher Obhut können sie in seltenen Fällen über 30 Jahre alt werden.

Wo leben Brillenbären?

Verbreitungsgebiet und Lebensraum der Brillenbären

Brillenbären sind Anpassungskünstler. Sie leben auf der Westseite der Anden in Peru beispielsweise in wüstenähnlichen Gebieten und kommen dort auch auf Gebirgswiesen bis in eine Höhe von 4.750 Metern vor. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt allerdings in den tropischen Bergregenwäldern der Andenstaaten Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien und Venezuela.

Wie ernähren sich Brillenbären?

Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise

Brillenbären ernähren sich überwiegend pflanzlich © Kevin Schafer / WWF
Brillenbären ernähren sich überwiegend pflanzlich © Kevin Schafer / WWF

Der Brillenbär ernährt sich überwiegend pflanzlich und kann mit seiner starken Kaumuskulatur und den kräftigen Backenzähnen selbst zähes und faseriges Pflanzenmaterial zerkleinern. Auch Früchte von Sträuchern und Bäumen stehen auf seinem Speiseplan sowie – in trockeneren Lebensräumen – das Fleisch von Kakteen. In der Nähe menschlicher Siedlungen plündern sie routinemäßig Maisfelder.

Nur selten frisst der Brillenbär Insekten, Vögel, Aas und in Ausnahmefällen auch größere Säugetiere wie Rinder oder Lamas. Der Brillenbär ist ein ausgezeichneter Kletterer, der bei der Nahrungssuche regelmäßig die obersten Kronenbereiche früchtetragender Bäume aufsucht, um sich dort zu verköstigen. Sie bauen dort oben auch Nester, um sich auszuruhen.

Wie viele Brillenbären gibt es?

Ihr Bestand in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Zuverlässige Schätzungen für das gesamte Verbreitungsgebiet der Brillenbären liegen nicht vor, Schätzungen reichen von 13.000 bis 18.000 Tieren (IUCN, Stand 2017). Derzeit werden verschiedene Teile des Verbreitungsgebiets untersucht, um anhand von Spuren wie Abdrücken am Boden, Baumnester, Schlafplätzen, Futterresten und Kot Informationen über ihr Vorkommen und ihre Anzahl zu erhalten.

Sind Brillenbären vom Aussterben bedroht?

Ihr Gefährdungs- und Schutzstatus

Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wird der Brillenbär als „gefährdet“ eingestuft. Auch im Washingtoner Artenschutzabkommen CITES ist er in Anhang I gelistet. Darüber hinaus ist der Brillenbär in allen Ländern seines Verbreitungsgebiets durch nationale Gesetze geschützt. Schlupflöcher in diesen Gesetzen und eine unzureichende Durchsetzung führen jedoch dazu, dass immer wieder Bären getötet werden.

Die Bedrohungsfaktoren

Wesentliche Bedrohungsfaktoren der Brillenbären sind der Verlust des Lebensraumes und Wilderei. Getötet werden Bären immer wieder aus Rache, wenn sie Ernten oder Viehbestände plündern. Sie werden aber auch gewildert, um ihre Teile für medizinische oder rituelle Zwecke zu nutzen. Manchmal werden auch lebende Bären gefangen und verkauft. Diese Probleme werden durch den Verlust und die Zersplitterung des Lebensraums noch verschärft: Weideflächen für riesige Rinderherden, das Anlegen von Sojaplantagen und Maisfeldern sowie großflächige Kahlschläge der Regenwälder durch Holzkonzerne verkleinern den Lebensraum der Brillenbären stetig. Dadurch verkleinert sich nicht nur die Reviere der Bären, sie kommen auch näher an Menschen, Feldfrüchte und Viehbestände heran.

Der WWF setzt sich gemeinsam mit lokalen Naturschutz-Organisationen dafür ein, weitere Schutzgebiete in den Anden einzurichten, bestehende zu vernetzen und eine nachhaltige Nutzung der Natur zu fördern. Dazu wird intensiv Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung und Lobbyarbeit auf Regierungsebene geleistet. Der Schutz der Anden-Regenwälder durch Nationalparks ist auch für Millionen Menschen von großem Nutzen, da die Bergregenwälder ein riesiger Trinkwasserspeicher sind. Arten wie der Brillenbär dienen in den Schutzbemühungen als Leitarten. Der Schutz des Brillenbären und seiner Lebensräume kommt gleichzeitig unzähligen weiteren Tier- und Pflanzenarten zugute.

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