Die Kegelrobbe im Steckbrief

Verwandtschaft Familie der Hundsrobben (Phocidae)
Größe Weibchen bis ca. 190 cm, Männchen bis ca. 260 cm
Gewicht Weibchen bis ca. 190 kg, Männchen bis max. 350 kg
Besonderheiten Kegelrobben sind die größten Raubtiere Deutschlands. Fellfärbung unterschiedlich zwischen Männchen und Weibchen.
Soziale Organisation Jagen allein, ruhen in Gruppen. Männchen (Bullen) bilden in der Paarungszeit einen kleinen Harem.
Fortpflanzung Wurfzeit auf Helgoland Mitte November bis etwa Mitte Januar, Ostsee zwischen Februar und April.
Jungtiere Meist nur ein Junges.
Lebenserwartung max. 35 – 40 Jahre, in Gefangenschaft 42 Jahre nachgewiesen
Geografische Verbreitung Küsten des Nordatlantiks, gemäßigte bis subpolare Küsten, drei Unterarten (Westatlantische, Ostatlantische und Ostsee Subpopulation)
Lebensraum Benötigt ruhige Liegeplätze an Strand (Sand, Kies) oder Felsen, auch auf Wattenmeer-Sandbänken.
Ernährung Nahrungsopportunist – ernährt sich von verschiedenen Fischarten. Auch größere Beute wie Seevögel, junge Seehunde oder Schweinswale.
Bestandsgröße bis zu 632.000 Kegelrobben weltweit (IUCN, 2016). Wattenmeer (NL, D, DK) und Helgoland 10.544 (gezählt, 2023). Ostsee (gesamt) ca. 42.000 (gezählt, 2021)
Gefährdungsstatus Art insgesamt nicht gefährdet (IUCN). In der Ostsee erreicht der Kegelrobbenbestand jedoch keinen guten Umweltzustand (HELCOM). In der Roten Liste Deutschland wird die Kegelrobbe als gefährdet geführt. Die Kegelrobbe ist in Deutschland eine besonders geschützte Art (FFH-Richtlinie Anhang II und V).

Wo werden Kegelrobben in der zoologischen Systematik eingeordnet?

Von Ordnungen, Familien und Arten

Kegelrobben wirken zwar behäbig, können aber schnell robben © Hans-Ulrich Rösner / WWF
Kegelrobben wirken zwar behäbig, können aber schnell robben © Hans-Ulrich Rösner / WWF

Kegelrobben gehören zu den Robben, einer Unterordnung der Raubtiere (Carnivora). Es sind die größten Raubtiere in Deutschland. Robben werden auch als Pinnipedia bezeichnet. Dieses Wort hat einen lateinischen Ursprung und bedeutet Flossenfüßer, abgeleitet von „pinna“ (Feder, Flosse) und „pedis“ (Fuß). Alle Robben sind Säugetiere und werden zusammen mit den Walen und Delfinen als Meeressäugetiere bezeichnet. Innerhalb der Robben gibt es drei Familien: die Hundsrobben (Phocidae), die Ohrenrobben (Otariidae) und die Walrosse (Odobenidae). Kegelrobben gehören wie Seehunde zu den Hundsrobben. Diese Familie umfasst 14 Gattungen mit ca. 19 Arten, neben den Seehunden und Kegelrobben beispielsweise die stark bedrohte Mönchsrobbe, die antarktischen Seeleoparden und Weddellrobben, arktische Sattelrobben oder Klappmützen. Die kleine Ringelrobbe und die großen See-Elefanten gehören ebenfalls zu den Hundsrobben.

Alle Hundsrobben weisen nach hinten gerichtete Hinterflossen auf, die kaum unter den Körper gedreht werden können. Beim Schwimmen werden die Hinterflossen seitlich hin- und herbewegt und dienen dem Antrieb, zusammen mit seitlichen Bewegungen des Hinterleibs. Die Vorderflossen werden im Wasser zur Steuerung eingesetzt, an Land stützen sich die Tiere damit ab, wenn sie vorwärts „robben“. Im Gegensatz zu den Ohrenrobben (zu denen z.B. Seelöwen gehören) haben Hundsrobben keine äußerlich erkennbaren Ohrmuscheln.

Wie sehen Kegelrobben aus?

Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten

Young baby atlantic Grey Seal
Typisch gefärbte weibliche Kegelrobbe am Kiesstrand © Thinkstock Photos

Wie alle Hundsrobben haben Kegelrobben einen stromlinienförmigen, aber massigen Körper. Charakteristisch ist ihr markanter kegelförmiger und langgestreckter Kopf mit der großen Nase. Vor allem bei den Männchen ist die gebogene Schnauze ausgeprägt. Kopf- und Nasenform sind so typisch, dass sie ein gutes Unterscheidungsmerkmal zwischen Seehunden und Kegelrobben sind. Ausgewachsene Kegelrobben weisen einen auffälligen Geschlechtsdimorphismus auf: die Männchen – auch als Bullen bezeichnet – sind deutlich größer als die Weibchen, werden bis zu 260 Zentimeter lang und können bis zu 350 Kilogramm wiegen. Sie besitzen ein überwiegend dunkles Fell mit wenigen hellen Sprenkeln oder Flecken, wohingegen die kleineren weiblichen Kegelrobben (bis zu 190 Zentimeter Länge und 190 Kilogramm Gewicht) ein meist grau-beigefarbenes Fell mit dunklen Flecken haben. Vor allem am Hals und an den Körperflanken sind die Unterschiede deutlich zu sehen.

Das Muster und die Fleckung sind individuell und kommen nach jedem Fellwechsel wieder, so dass sie zur Identifikation einzelner Tiere herangezogen werden können. Forschungsprojekte zur Fotoidentifikation von Kegelrobben gibt es seit vielen Jahren, zum Beispiel in Großbritannien, auf Helgoland und an der deutschen Ostseeküste zwischen Rügen und der Greifswalder Oie. Als Raubtiere haben Kegelrobben ein imposantes Gebiss, das aus 34 bis 36 Zähnen besteht. Auffällig sind die beeindruckenden, mehrere Zentimeter langen Eckzähne. Die Backenzähne sind zu spitzen, kegelförmigen Reißzähnen umgewandelt. Die Beute wird nicht gekaut. Ist sie zu groß, um im Ganzen verschluckt zu werden, wird sie zerrissen und in Teilen verzehrt.

Wie leben Kegelrobben?

Die soziale Organisation, Aktivität und Kommunikation

Kämpfende junge Bullen in der Brandungszone Helgolands © Hans-Ulrich Rösner / WWF
Kämpfende junge Bullen in der Brandungszone Helgolands © Hans-Ulrich Rösner / WWF

Kegelrobben sammeln sich, wie viele andere Hundsrobben auch, zur Geburts- und Paarungszeit sowie für den Fellwechsel in größeren Gruppen an ihren Liegeplätzen. Dabei halten sie meist Abstand zueinander und mögen es nicht, wenn ihnen Artgenossen zu nahekommen. In der Paarungszeit kann es zur Bildung von Harems kommen, bei denen ein Bulle mehrere Weibchen gegen andere Männchen verteidigt. Jungtiere, die sich bereits selbständig ernähren können, verlassen häufig ihr Aufzuchtgebiet und ziehen umher. Weite Wanderungen von Jungtieren, die auf Helgoland geboren wurden und bis nach Großbritannien schwimmen, sind keine Seltenheit. Die baltischen Jungtiere können die gesamte Ostsee erkunden. Aber auch ausgewachsene Kegelrobben können ausgedehnte Beutezüge unternehmen, wenn sie bevorzugte Nahrungsgebiete aufsuchen (siehe unten). Sie gelten als sehr ortstreu und kehren in der Regel zur Fortpflanzung an ihre Geburtsstätte zurück.

Kegelrobben haben ein hervorragendes Hörvermögen. Sie nutzen ein komplexes Repertoire an Lautäußerungen, vor allem unter Wasser, die in unterschiedlichen Frequenzbereichen liegen. Über Wasser geben Kegelrobben Lautäußerungen meist über Nase und Maul aus. Unter Wasser scheint das anders zu sein. Zwar werden auch hier manche Töne über die Nase ausgegeben, begleitet von Luftblasen. Es scheinen auch Vibrationen erzeugt zu werden, die sich als Schallwellen unter Wasser besser fortpflanzen. Die Vielzahl an Lautäußerungen und ihr Zweck sind erst wenig erforscht. So dienen manche Laute der innerartlichen Kommunikation, beispielsweise in der Paarungszeit, andere vermutlich als Warngeräusch vor Feinden. Akustische Reize können von Kegelrobben auch zum Auffinden von Beute genutzt werden, zum Beispiel die von lautgebenden Fischen ausgehenden Signale. Hier können zwei Unterwasservideos von Kegelrobben betrachtet werden. Neuere Forschungsergebnisse belegen, dass Kegelrobben regelrechte Hörspezialisten sind, vor allem für tiefe Frequenzen. Damit sind sie jedoch auch sensibel für Schiffslärm, deren Geräusche ebenfalls im tieffrequenten Bereich liegen.

Was ist über die Fortpflanzung von Kegelrobben bekannt?

Von der Paarung über die Entwicklung der Jungen bis zum Erwachsenenalter

Mutter mit säugendem Jungtier auf Helgoland © Katrin Wollny-Goerke
Mutter mit säugendem Jungtier auf Helgoland © Katrin Wollny-Goerke

Kegelrobben können 35 bis 40 Jahre alt werden. Die Geschlechtsreife erreichen sie spät: Männchen mit etwa sechs Jahren, die Weibchen zwischen drei und fünf Jahren. Mit dem Ende der Säugezeit wird das Weibchen paarungsbereit. Die Paarung findet an Land, im Flachwasser der Brandungszone oder auch ganz im Wasser statt. Ein Bulle kann sich mit mehreren Weibchen paaren und diesen „Harem“ gegenüber anderen Männchen verteidigen. Unerfahrene, jüngere Männchen lassen sich schon von Drohgebärden wie hoch aufrichten, mit den Vorderflossen auf den Sand klopfen, schnaufen und Abwehrschnappen oder einen Scheinangriff beeindrucken und in die Flucht schlagen. Zwischen starken Bullen kann es aber auch zu erbitterten Kämpfen kommen, bei denen sich die Gegner vor allem im Halsbereich blutige Verletzungen zufügen, bis einer aufgibt und flüchtet.

Nach einer zweimonatigen Keimruhe entwickelt sich der Embryo im Mutterleib über neun Monate. Die Geburtszeit auf Helgoland und im Wattenmeer beginnt Mitte bis Ende November und reicht bis in die ersten Januartage. Das Muttertier sucht sich einen überflutungsfreien, ruhigen Platz am Strand oder auf einer hochgelegenen Sandbank und bringt in einer Sturzgeburt das meist einzige Junge zur Welt. Das „Kleine“ – es wiegt immerhin bei der Geburt schon zehn bis 15 Kilogramm, vereinzelt sogar bis zu 20 Kilogramm – wird in einem weißen, wolligen Lanugofell geboren. Dieses lange Fell schützt gegen die winterliche Kälte und den Wind an Land, allerdings nicht im Wasser, daher geht das Jungtier zunächst kaum schwimmen.

Die Mutter säugt ihr Kleines mehrfach am Tag, für eine Dauer von durchschnittlich 15 bis 18 Tagen. Der hohe Fettgehalt der Muttermilch von 53 Prozent führt zu einer Gewichtszunahme von täglich bis zu zwei Kilogramm. Meist hält sich die Mutter bei ihrem Jungen auf, geht aber auch hin und wieder zur Nahrungssuche in Küstennähe ins Wasser. Während dieser Zeit bleibt die junge Kegelrobbe allein an Land zurück und wartet auf ihre Mutter. Oftmals versammeln sich die Jungtiere dann in kleinen Gruppen. Zum Ende der Aufzuchtzeit wiegt das Jungtier schon rund 40 bis 50 Kilogramm. Dann wechselt die junge Kegelrobbe nach und nach ihr Fell, bis sie ein silbrig-bläulich glänzendes Fell bekommt, das dem der Alttiere immer ähnlicher wird.

Mit ihrem „Vorratsspeck“ muss sie nun die Zeit überstehen, in der sie lernt, sich selbständig zu ernähren. Dabei kann sie bis zu 25 Prozent ihres Körpergewichts verlieren. In der Ostsee ist der Jahreszyklus im Vergleich zur Nordsee etwas verschoben. Hier gebären die Kegelrobben zwischen Februar und April. Die Paarungszeit ist dann entsprechend im April/Mai. Der Haarwechsel findet in der Ostsee in der Regel im Mai und Juni statt. In der Nordsee beginnt der Fellwechsel bereits im März und reicht bis in den Frühsommer.

Gibt es auch Heuler bei Kegelrobben?

Young Grey Seal pup
Junge, gut genährte Kegelrobbe im Lanugofell © Bjorn Stefanson / iStock / Getty Images

Als Heuler werden mutterlose junge Seehunde bezeichnet, die über das Heulen, einen sogenannten Stimmfühlungslaut, den Kontakt zur Mutter suchen. Auch Kegelrobben können ihre Mutter verlieren, beispielsweise durch Tod der Mutter, durch einen schweren Sturm oder Störungen durch Menschen. Allerdings werden immer wieder junge Kegelrobben fälschlicherweise für mutterlos gehalten, wenn sie am Strand oder an der Dünenkante liegen, während die Mutter sich im Wasser aufhält und nach Nahrung sucht.

Die Beurteilung der Situation muss den Fachleuten überlassen werden. In Deutschland gibt es zwei für die Robbenaufzucht autorisierte Seehundstationen – Norden-Norddeich in Niedersachsen und Friedrichskoog in Schleswig-Holstein, die auch Kegelrobben aufnehmen, sofern erforderlich.

Die wichtigsten Regeln:

  • Unbedingt großen Abstand (an der Ostsee z.B. 100m) halten und nicht den Weg zum Wasser versperren.
  • Die Tiere auf gar keinen Fall anfassen – auch zur eigenen Sicherheit, denn sie können heftig beißen und Krankheiten übertragen.
  • Hunde anleinen und fernhalten, um der Robbe Stress zu ersparen und die gegenseitige Übertragung von Krankheiten zwischen Hund und Robbe zu vermeiden.
  • Benachrichtigung an Polizei, Seehundstation oder zuständigen Wattenjagdaufseher/Seehundjäger (zuständig für den Schutz der Tiere, oft in Kooperation mit Naturschutzverbänden) und an der Ostsee das Deutsche Meeresmuseum.

Wo leben Kegelrobben?

Ihr Verbreitungsgebiet und Lebensraum

Kegelrobben leben in drei großen Populationen in den gemäßigten und subarktischen Breiten: Von den Küsten Labradors und Neufundlands bis zu den Neuenglandstaaten der USA kommt der westatlantische Bestand vor. Die Kegelrobben des Wattenmeeres und Helgolands gehören zur ostatlantischen Population. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Norden von Island und der Barentsee bis zum Südwesten in die Bretagne. Besonders zahlreich sind Kegelrobben an den Küsten Großbritanniens, im Norden Schottlands und auf den Orkney Inseln. In der Ostsee kommen Kegelrobben der baltischen Population vor allem an den Küsten von Schweden, Finnland und Dänemark vor. Mit zunehmender Zahl breiteten sie sich wieder nach Süden und Westen aus, an die Küsten Polens und Mecklenburg-Vorpommerns. In einem Großteil ihres Verbreitungsgebietes leben Kegelrobben an felsigen Küsten und Inseln. In den subarktischen Bereichen sind ihre Liegeplätze auch auf Eis zu finden. In der südlichen Nordsee sind es vor allem Strände und Sandbänke, die als Ruheplätze genutzt werden. In der Ostsee bevorzugen sie für Aufzucht und Geburt Kies- und Sandstrände, wohingegen die Ruheplätze häufig auf Felsen (Schären) liegen.

Wie ernähren sich Kegelrobben?

Alles über ihre Nahrung und Ernährungsweise

Kegelrobbe © Philipp Kanstinger / WWF
Diese Kegelrobbe spreizt ihre langen Barthaare © Philipp Kanstinger / WWF

Kegelrobben sind Nahrungsopportunisten. Ihre Hauptnahrung besteht aus verschiedenen Fischarten wie Dorsch, Hering, Makrele, Sandaale, Hering, verschiedene Plattfischarten. Bis zu 40 verschiedene Fischarten gehören in das Nahrungsspektrum von Kegelrobben, je nach Region ernähren sie sich allerdings überwiegend von deutlich weniger Fischarten. Insgesamt ist das Beutespektrum von Kegelrobben weit größer als bei Seehunden. So erbeuten sie neben Fischen auch Tintenfische, Krebstiere und mitunter auf der Wasseroberfläche schwimmende Seevögel. Selbst Seehunde oder junge Kegelrobben werden attackiert und gefressen, wie Beobachtungen vor Helgoland gezeigt haben. Auch Schweinswale werden von Kegelrobben angegriffen.

Kegelrobben sind gute Schwimmer, die mehrere hundert Meter tief tauchen können (maximal gemessene Tiefe 477 Meter). Die meisten Tauchgänge bleiben unter ca. 115 m und dauern bis zu zehn Minuten. Wie auch bei anderen Robbenarten gibt es Tauchgänge, die gezielt der Nahrungssuche dienen und Reise-Tauchgänge, bei denen die Tiere lange Strecken zurücklegen. Je nach Jahreszeit und Geschlecht nutzen Kegelrobben andere Nahrungsgebiete. Die Bullen scheinen größere Entfernung zwischen Liegeplatz und Nahrungsgebiet zurückzulegen als die Weibchen, wie Forschungen mit Hilfe von Sendern und Tauchrekordern gezeigt haben. Tauchgänge zur Nahrungssuche führen sowohl in die Wassersäule als auch bis zum Meeresboden. Dies ist abhängig von den vorkommenden Beutearten.

Die langen Barthaare sind ein wichtiges Sinnesorgan und dienen auch dem Aufspüren der Beute – wie bei Seehunden können die Tiere damit die „Schwimmspur“ von Fischen wahrnehmen oder am Meeresboden versteckte Beute ertasten. In der Ostsee im Greifswalder Bodden ist die Zunahme der Kegelrobben im Spätwinter/Frühjahr mit den hier zum Laichen eintreffenden Heringen verknüpft. In der Nordsee ziehen Kegelrobben von Großbritannien und von Helgoland bis zur Doggerbank hinaus, eine riesige ständig überflutete Sandbank in der Nordsee mit großen Fischreichtum. Mehrere hundert Kilometer kann eine Kegelrobbe in ein bis zwei Tagen zurücklegen.

Sind Kegelrobben bedroht und wie groß ist ihr Bestand?

Gefährdungsstatus, Bestand und Bedrohungen

Kegelrobben-Gruppe © Hans-Ulrich Rösner / WWF
Kegelrobben-Gruppe © Hans-Ulrich Rösner / WWF

Der weltweite Bestand der Kegelrobben ist nicht gefährdet (IUCN „least concern“). Er umfasst für drei Populationen zusammen derzeit bis zu 632.000 Tiere. Von der ostatlantischen Population lebt der größte Teil rund um Großbritannien, 2023 etwa 157.000. Im gesamten trilateralen Wattenmeer (NL, D, DK) und Helgoland wurden 2023 10.544 Kegelrobben gezählt. In der gesamten Ostsee wurden 2021 etwa 42.000 gezählt. In der Ostsee erreicht der Kegelrobbenbestand keinen guten Umweltzustand (HELCOM). Die Zählungen werden zur Zeit des Fellwechsels durchgeführt. (Ähnlich wie bei Seehunden erfasst man damit vermutlich rund zwei Drittel des tatsächlichen Bestands.) In der Roten Liste Deutschlands wird die Art als gefährdet eingestuft. Die Kegelrobbe ist in Deutschland eine besonders geschützte Art (FFH-Richtlinie Anhang II und V).

Zu den heutigen Bedrohungen gehören insbesondere chemische Belastungen, Meeresmüll und Auswirkungen der zunehmenden Nutzung der Meere durch den Menschen, beispielsweise Fischerei und Schiffsverkehr. So gibt es immer wieder Kegelrobben, die als Beifang in Stellnetzen verenden oder sich in Resten von Fischereigerät oder Plastikmüll verfangen bzw. sich daran verletzen. Obgleich die Belastung der Meere mit Schadstoffen sich insgesamt verringert, ist der Eintrag noch immer zu hoch und sammelt sich im Nahrungsnetz von Nord- und Ostsee. Die Kegelrobbe als ein Top-Prädator ist somit noch immer gefährdet, beispielsweise durch Quecksilber, das die Robbe über die Nahrungskette mit dem Fisch aufnimmt. Dieser Schadstoff sammelt sich vor allem in den inneren Organen, wie Leber und Niere. Polychlorierte Biphenyle (PCBs) und Insektizide (z.B. DDT) haben insbesondere im 20. Jahrhundert zu erheblichen Problemen bei der Fortpflanzungsfähigkeit von weiblichen Kegelrobben geführt und damit zum Bestandseinbruch beigetragen.

Obgleich die Produktion und der Einsatz dieser Schadstoffe inzwischen verboten sind, befinden sie sich aufgrund langer Zerfallszeiten noch immer im Ökosystem oder können durch ungeregelte Entsorgung von Altmaterialien in den Wasserkreislauf gelangen. Im Rahmen von Umweltüberwachungsprogrammen (Monitoring) und Forschungsprojekten werden daher standardmäßig auch der Gehalt von PCBs oder Quecksilber in Organproben von Robben kontrolliert. Hier ein Beispiel für Ostsee-Kegelrobben. Hohe Schadstoffbelastungen können weiterhin zu einer Schwächung des Immunsystems führen und damit die Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten oder Parasitenbefall erhöhen. Aufgrund des guten Hörvermögens können Kegelrobben auch sensibel auf Unterwasserlärm reagieren, beispielsweise auf Schiffsverkehr.

Die Rückkehr der Kegelrobben in die deutschen Meeresgewässer

Kegelrobben [Halichoerus grypus] im Wasser
Kegelrobben im Flachwasser © Hans-Ulrich Rösner / WWF

In den vorigen Jahrhunderten waren Kegelrobben der ostatlantischen Population unter massivem Druck, vor allem aufgrund der intensiven Bejagung. Im Wattenmeer verschwanden die Kegelrobben deswegen bereits im 16. Jahrhundert. In der Ostsee fiel der Bestand von rund 100.000 Tieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf unter 3.000 Tiere Mitte der 1970er Jahre. Die Gründe für diesen dramatischen Bestandseinbruch war auch hier zum einen die massive Bejagung, denn Robben galten als Konkurrenten der Fischerei und wurden erbarmungslos verfolgt, es gab sogar Prämien.

Zum anderen zeigten sich die Auswirkungen der hohen Schadstoffbelastung der Ostsee, da die Belastung durch PCBs und DDT zu Gebärmutterveränderungen der Weibchen führte und die Fortpflanzungsfähigkeit reduzierte. An der südlichen Nordseeküste und im Wattenmeer tauchten Kegelrobben erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wieder auf – zugewanderte Robben aus britischen Gewässern. Positiv wirkte sich dabei die Schaffung der großen Schutzgebiete, in Deutschland Nationalparks, in den drei Wattenmeer-Anrainerstaaten und die damit verbundene Einrichtung von Ruhezonen und strengen Schutzmaßnahmen für die Kegelrobben aus.

Inzwischen ist die Wachstumsrate des Kegelrobbenbestands im Wattenmeer und auf Helgoland weitgehend stabil und stellt vermutlich eine Mischung von aus Großbritannien zugewanderten Tieren und hier geborenen Robben dar. In der Ostsee, an den nördlichen Küsten, begann sich der Bestand in den späten 1980er Jahren zu erholen – unter anderem eine Folge der Verbote diverser chemischer Schadstoffe. Auf der Grundlage internationaler Empfehlungen zum Schutz von Robben von 1988 wurden weitere Schutzmaßnahmen getroffen, u.a. ein Jagdverbot etabliert und Schutzgebiete eingerichtet.

Vor allem die Wurfplätze wurden gesichert, um Störungen zu verringern. Nur langsam aber breiteten sich die Kegelrobben auch an die südliche Ostseeküste aus, zunächst nach Polen und inzwischen auch in die deutschen Küstengewässer vor Mecklenburg-Vorpommern. Vor Rügen, im Greifswalder Bodden und um die Greifswalder Oie entwickeln sich feste Liegeplätze. Geburten sind bislang nur vereinzelt beobachtet worden.

Was wird für den Schutz der Kegelrobben getan?

Abkommen, Forschung

Die Einstellung der Jagd hat zunächst einmal in allen Ländern zu einer Verringerung des Drucks auf die Bestände geführt. Das Verbot von PCBs und DDT war ein weiterer wichtiger Faktor für die Möglichkeit der Bestandszunahme. Ruhige Geburts- und Aufzuchtbereiche sind noch immer unerlässlich für den Schutz der Robben, wie sie beispielsweise mit der Gründung der Wattenmeer-Nationalparke etabliert wurden.

Die Einrichtung von Ruhezonen an Stränden und Küstenabschnitten der Ostseeküste ist jedoch für eine erfolgreiche Fortpflanzung von Kegelrobben der Ostsee-Population noch nicht überall in erforderlichem Maße umgesetzt. Hier bedarf es gemeinsamer Anstrengungen, damit diese charismatische Tierart ausreichend Rückzugsareale findet.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für einen besseren Schutz von Kegelrobben ist die Verringerung des Beifangs in der Stellnetzfischerei. Denn immer wieder verfangen sich Kegelrobben in den Netzen und ertrinken. Gleichzeitig müssen gemeinsam mit den Fischern Lösungen gefunden werden, damit die Robben der kommerziellen Fischerei nicht schaden. Denn Kegelrobben sind sehr schlau – sie lernen, dass sie an Stellnetzen oder in/an Reusen Beute finden. Immer wieder kommt es auch dazu, dass sie dort Fische anfressen, herausreißen und dabei auch Teile des Netzes zerstören. Forscher:innen arbeiten daher u.a. intensiv an technischen Lösungen zur Modifizierung von Fanggeräten, um Robben fernzuhalten. Eine friedliche Koexistenz von einheimischen Fischern und der wieder heimisch werdenden Kegelrobbe sollte das Ziel sein.

Weitere Informationen zur Kegelrobbe

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