Tigerschutz ist seit Jahrzehnten ein großes Thema für den WWF. Tiger sind neben Eisbären, Nashörnern, Elefanten, Menschenaffen, Großen Pandas und weiteren Arten eine seiner bedeutendsten Flaggschiff-Arten und weltweit eine Symbolfigur des Artenschutzes. Die Umweltstiftung ist in der Amur-Region in zahlreichen Projekten zum Schutz und zur Erforschung der Tiger aktiv und hat bereits viel erreicht.
Im Jahr 2010 wurde das Ziel gesetzt, die Zahl der Tiger in der freien Wildbahn weltweit bis zum Jahr 2022 auf etwa 6.000 Tiere zu verdoppeln. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, müssen die Tiger, ihre Beute und Lebensräume effektiv geschützt, aber vor allem auch der illegale Handel mit ihren Körperteilen massiv reduziert werden. Die Amur-Region zählt dabei zu den Gebieten mit hohen Erfolgschancen, insbesondere aufgrund der starken Identifikation der russischen Bevölkerung und zunehmender Unterstützung durch den russischen Staat. Bis zum Jahr 2020 soll ein Viertel des Tigerlebensraumes in der Amur-Region unter Schutz stehen und wieder etwa 600 Amur-Tiger die Wälder in Russlands Fernem Osten und im benachbarten China durchstreifen. Auf dem Weg dahin kann der WWF in den letzten Jahren schon gute Erfolge verbuchen.
Zur Bekämpfung der Wilderei werden vom WWF rund 150 staatliche Wildhüter und Jagdinspektoren in den Provinzen Primorje und Chabarowsk zum Schutz der Tiger und anderer Arten unterstützt mit dem Erfolg, dass die Wilderei auf Tiger und dessen Beutetiere zurückging. Neben der Stärkung im Feld konnte auch die Gesetzeslage verbessert werden. Nach zehn Jahren intensiver Lobbyarbeit des WWF verabschiedete die russische Regierung im Jahr 2013 endlich ein Gesetz, dass den Besitz und Transport „wertvoller geschützter Arten" einschließlich des Amur-Tigers generell als Straftat wertet statt wie zuvor als Ordnungswidrigkeit, welche lediglich mit geringen Geldbußen geahndet wurde. Zudem arbeiten hochrangige chinesische und russische Behörden durch das Engagement des WWF mittlerweile zum Schutz des Amur-Tigers grenzüberschreitend zusammen.
Zum Schutz des Tigerlebensraumes engagiert sich der WWF für mehr und größere Schutzgebiete sowie eine Vernetzung der Lebensräume durch Korridore und ein gutes Management der Schutzgebiete. Dazu ist der WWF durch Umweltgutachten, wissenschaftliche Begleitung und Öffentlichkeitsarbeit an der Planung und der Ausweisung vieler Schutzgebiete beteiligt. In der Amur-Region stehen mittlerweile 7,4 Millionen Hektar temperierter Mischwald unter Schutz, eine Fläche größer als Bayern. Weitere zwei Millionen Hektar sollen bis 2020 dazukommen. Daneben pachtet der WWF gemeinsam mit privaten Unternehmern so genannte „Nuss-Sammelzonen“ für bis zu 49 Jahre. In diesen Zonen ist die Ernte von Waldprodukten wie Farne, Beeren, Pilze und Kiefernnüsse erlaubt, ebenso wie die Jagd. Der industrielle Holzeinschlag ist hingegen verboten. Seit 2008 konnten bereits 663.000 Hektar gepachtet werden. Der WWF fördert auch die Entwicklung nachhaltiger Einkommensquellen wie z.B. die Vermarktung von Nichtholz-Waldprodukten wie Nüsse als Alternative zu illegalen Aktivitäten, Übernutzung und Kahlschlag sowie die naturschonende Forstwirtschaft. Anfang 2015 waren bereits 6.6 Millionen Hektar Wald im russischen Teil der Amur-Region FSC-zertifiziert. Bis Ende 2017 sollen weitere zwei Millionen Hektar FSC-Wald dazukommen. Zur Erhöhung der Beutetierbestände in China unterstützt der WWF seit 2011 die Auswilderung von Hirschen aus Gatteraufzucht. Diese vermehren sich inzwischen in Freiheit. In Russland arbeitet der WWF mit Jagdkonzessionen zusammen. Die Modell-Jagdkonzessionen sollen Winterfütterungen von Rehen, Hirschen und Wildschweinen durchführen, um damit die Sterblichkeitsrate der Tiere bei hoher Schneelage zu verringern. Zahleichen Tierarten in der Amur-Region kommt außerdem der Schutzstatus von zwei der wichtigsten Futterbäumen zu Gute. Im November 2010 konnte der WWF erreichen, dass die über Jahrzehnte forstlich übernutzte Korea-Kiefer in Russland unter Schutz gestellt wurde. Für die Mongolische Eiche gelten seit Juni 2013 in Russland Exporteinschränkungen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES zu ihrem Schutz vor Übernutzung. In zerstörten Waldflächen werden die verschwundenen Korea-Kiefern wieder angepflanzt. So können die Beutetiere des Amur-Tigers wieder mehr fettreiche Samen und Eicheln finden und die Tiger letztlich mehr Beutetiere.
Zur Überwachung der Tigerzahlen in der Amur-Region werden regelmäßig Spuren gesucht und Kamerafallen eingesetzt. Der WWF beteiligt sich daran finanziell und konzeptionell. Während jeden Winter Stichprobenerhebungen durchgeführt werden, findet alle zehn Jahre eine großflächige Zählung, auch Zensus genannt, statt. Dabei schwärmen auf einen Schlag ca. 2000 Biologen, Wildhüter und Umweltschützer in die Wälder aus, um Tiger zu zählen und nachzuweisen. Derzeit ist die Tigerpopulation in der Amur-Region auch dank des Engagements des WWF stabil und wächst langsam, aber sicher an.